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Aus: Ausgabe vom 20.08.2024, Seite 4 / Inland
Law and Order BRD

Faesers Eigenlob

Jahresbericht 2023 der Bundespolizei vorgelegt. Innenministerin feiert vermeintliche Erfolge beim Kampf gegen Geflüchtete
Von Kristian Stemmler
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Erfolge feiern bei einer spritzigen Apfelschorle: Dieter Romann und Nancy Faeser (19.8.2024)

Am Montag konnte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mal wieder ausführlich ihrem Lieblingsthema widmen: der »irregulären Migration«. Bei der Vorstellung des Jahresberichts 2023 der Bundespolizei in Rostock strich sie die vermeintlichen Erfolge der Behörde in der Abwehr und der »Rückführung« von Geflüchteten hervor. »Die aktuellen Zahlen zeigen, dass unsere Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration wirken«, erklärte Faeser bei einer Pressekonferenz mit Dieter Romann, Präsident der Bundespolizei. Die Zahl der gestellten Asylanträge läge aktuell um ein Fünftel unter, die der »Rückführungen« ein Fünftel über der des Vorjahres.

Auch 2023 habe die »irreguläre Migration« den Alltag der Bundespolizei bestimmt, so die Ministerin. Im Bereich der »unerlaubten Einreise und der Schleuserkriminalität« seien Höchstwerte zu verzeichnen gewesen. Daher habe man »konsequent gegensteuern« müssen, um »das menschenverachtende Geschäft der Schleuser entschieden zu bekämpfen«. Sie habe im Oktober 2023 neben den bestehenden Binnengrenzkontrollen zu Österreich solche Kontrollen auch für die Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz angeordnet. »Das war ein richtiger Schritt«, so Faeser. Man werde die Kontrollen so lange wie nötig aufrechterhalten. Als »positiven Trend« bezeichnete sie den Anstieg der Abschiebungen von rund 15.000 im Jahr 2021 auf 18.000 im Folgejahr und rund 21.200 im Jahr 2023.

»Wir haben für neue Klarheit in der Migrationspolitik gesorgt«, lobte die Ministerin sich selbst. So sei das Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Rückführungen in Kraft, Asylverfahren würden beschleunigt. Zugleich werde intensiv daran gearbeitet, das sogenannte Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) »schnellstmöglich umzusetzen«. Dies sei »der Schlüssel zur langfristigen Bekämpfung der irregulären Migration« sowie zu einer fairen Verteilung von Asylsuchenden in Europa. »Die haben wir nicht, Deutschland übernimmt einen riesigen Anteil«, betonte Faeser.

Was sie »persönlich sehr schmerzt«, sagte Faeser, sei die »erschütternde Bilanz« im Bereich Gewalt gegen Polizeibeamte. Fast 3.000 Angriffe auf Einsatzkräfte der Bundespolizei seien 2023 verzeichnet worden. »Das verurteile ich sehr scharf, Gewalt ist die Grenze jeder demokratischen Auseinandersetzung«, erklärte die SPD-Politikerin. Dass häufig Polizeibeamte unverhältnismäßig Gewalt ausüben, etwa gegen Demonstranten, erwähnte sie nicht.

Wie Faeser ließ es auch Romann nicht an Pathos fehlen. Seine Beamten würden »24/7 den Rücken für unser Land hinhalten«. Auch der Behördenchef hob die »Erfolge« in der Bekämpfung der »irregulären Migration« hervor, scheute auch nicht davor zurück, Vorlagen für rechte Debatten zu liefern. Er verwies auf einen Höchstwert an Gewaltdelikten im Bereich der Bundespolizei 2023, nämlich 853, bei denen in 555 Fällen ein Messer eingesetzt wurde. Bei den Messerangriffen sei der Anteil migrantischer Täter sechsmal so hoch gewesen wie von Deutschen, so Romann.

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