Tusk verordnet Maulkorb
Von Reinhard LauterbachDas offizielle Polen hat am Wochenende im Ton eine Schippe draufgelegt, um vom Verdacht abzulenken, das Land habe etwas mit der Zerstörung der Ostseepipelines Nord Stream 1 und 2 im Herbst 2022 zu tun gehabt. Entsprechende Vorwürfe des früheren BND-Chefs August Hannig seien »aus den Fingern gesogen«, sagte der Leiter der Außenpolitischen Abteilung der polnischen Präsidialverwaltung, Mieszko Pawlak, der Nachrichtenagentur PAP. Der Vizemarschall des polnischen Sejm, Piotr Zgorzelski von der mitregierenden Bauernpartei PSL, sagte, bei den Vorwürfen handle es sich um »durchschaubare Spekulationen« von seiten eines Mannes, der nach dem Ausscheiden aus dem deutschen Staatsdienst in den Aufsichtsrat einer russisch kontrollierten Bank in Lettland gewechselt sei. Die Welt hatte Hannling mit der Aussage zitiert, derartige Anschlagsvorbereitungen seien ohne politische Rückendeckung nicht möglich. Er hatte eine geheime Vereinbarung zwischen Wolodimir Selenskij und Andrzej Duda vermutet.
Polens Ministerpräsident Donald Tusk versuchte gleich, die Diskussion mit einem Machtwort zu beenden. Alle einstigen Förderer von Nord Stream sollten jetzt einfach still sitzen und sich entschuldigen, schrieb er am Wochenende auf der Plattform X. Der heutige polnische Außenminister Radosław Sikorski hatte kurz nach den Anschlägen auf derselben Plattform ein Bild des austretenden Gases mit dem Kommentar »Thank you, USA« veröffentlicht. Damals war er allerdings noch kein Minister gewesen.
Russland hat unterdessen eine Untätigkeitsbeschwerde gegen die deutschen Strafverfolgungsbehörden an die Adresse der Bundesregierung geschickt. Indem sie den nach ihrer eigenen Auffassung Hauptverdächtigen habe untertauchen lassen, habe die Bundesanwaltschaft gegen eine internationale Konvention verstoßen, die die Zusammenarbeit bei der Terrorbekämpfung regle, zitierte die russische Agentur RIA Nowosti am Montag einen Abteilungsleiter im russischen Außenministerium. Der Agentur Reuters sagte ein Vertreter der polnischen Staatsanwaltschaft, der Verdächtige habe über die Grenze zur Ukraine entkommen können, weil es die antragstellende Seite – also die BRD – versäumt habe, den Mann in die Schengen-Fahndungsliste einzutragen.
Im direkten Kriegsgebiet rücken russische Truppen im Donbass offenbar weiter relativ zügig voran. Über das Wochenende fiel die Ortschaft Nju-Jork (sie wurde 2015 umbenannt, weil der vorherige Name zu russisch klang) in ihre Hand. Die Bewohner der nächsten größeren Stadt, Pokrowsk, wurden von den ukrainischen Seiten aufgefordert, ihre Wohnungen innerhalb einer Woche zu verlassen. Wer bleibe, behindere die Arbeit der Truppen, schrieb die Abgeordnete Marjana Besugla auf Facebook. Insbesondere Kinder sollen offenbar auch zwangsweise evakuiert werden. Der Hintergrund ist, dass die ältere Generation nach Berichten ukrainischer Soldaten aus dem Donbass prorussisch eingestellt ist, so dass auf diesen Personenkreis wohl kein größerer Wert gelegt wird.
Ukrainische Truppen zerstörten unterdessen im russischen Grenzgebiet im Bezirk Kursk die dritte und letzte Brücke über den Sejm. Der Fluss verläuft mehr oder minder parallel zur Grenze. Ziel Kiews ist es nach eigenen Angeben, im Gebiet Kursk eine Pufferzone zu schaffen. Über den eigentlichen Verlauf der Kämpfe dort ist weiterhin wenig bekannt. Die Ukraine spricht davon, dass ihre Truppen sich inzwischen im Kursker Gebiet eingrüben. Russland berichtet über schwere Verluste an Menschen und Material, die es der Ukraine zugefügt habe.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (19. August 2024 um 23:30 Uhr)Bezieht der polnische Ministerpräsident seine Arbeitskleidung nicht von Engelbert Strauss? Oder näht der seine Embleme nur auf khaki, nicht auf blaue Stoffe? War der Hanning auch am versuchten Plutoniumschmuggel aus Russland beteiligt? Qualitative Äquivalenz zu geheimen Vereinbarungen bezüglich Nord Stream herrscht jedenfalls.
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