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Aus: Ausgabe vom 20.08.2024, Seite 6 / Ausland
Italien

Neue Streiks in Italien

Beschäftigte im Transportwesen kündigen Arbeitsniederlegungen an
Von Gerhard Feldbauer
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Nicht zu übersehen und überhören wollen sie sein, die Streikenden (Rom, 24.6.2024)

Im Kampf gegen die dramatisch wachsende Verelendung steht Italien eine neue Streikwelle bevor. So wollen Beschäftigte im Transportwesen am 20. September landesweit die Arbeit niederlegen. Aufgerufen dazu hat die Basisgewerkschaft Unione Sindacale di Base (USB). Das werde jedoch erst der Beginn einer Kampfansage gegen »die Unterdrückungs-, Ausbeutungs- und Kriegspolitik der Meloni-Regierung« sein, die noch immer »vom Faschismus durchdrungen ist«, schreibt das kommunistische Magazin Contropiano, denn die Arbeiterverbände arbeiteten bereits auf weitere Ausstände hin.

Wie prekär die Lebens- und Arbeitssituation vieler Italiener ist, hat auch das staatliche Statistikamt Istat in seinem jüngsten Bericht dargelegt. Der Bericht zeige das »gnadenlose Bild des Bel Paese, das von Prekarität, von Ungleichheiten geprägt ist«, so Collettiva, ein dem nationalen Gewerkschaftsbund CGIL nahestehendes Portal, in einem aktuellen Newsletter. Demnach lebten im vergangenen Jahr 9,8 Prozent der alleinstehenden Italiener und 8,5 Prozent der italienischen Familien in absoluter Armut. Das ist ein leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr und ein Anstieg von 2,3 bzw. 2,9 Prozent im Vergleich zum Jahr 2014. Die Zahlen verweisen darauf, dass fast ein Zehntel der italienischen Bevölkerung nicht genug hat, um sich ein Leben in Würde zu leisten – eine so hohe Anzahl wie nie zuvor.

Collettiva verweist darauf, dass auch ein sehr hoher Anteil der Erwerbstätigen arm trotz Arbeit ist. Zum Gesamtbild gehöre dazu, dass in privaten Unternehmen seit Jahren bei der Hälfte der über sieben Millionen Beschäftigten die Tarifverträge ausgelaufen sind und die Löhne nicht erhöht wurden. Hunderttausende seien – oft gezwungenermaßen – nur teilzeitbeschäftigt. Der Anteil der Frauen liege hier viermal höher als bei Männern, nämlich bei 31,4 gegenüber 7,4 Prozent. Die Folge: In den vergangenen zehn Jahren ist die Kaufkraft gemessen an den Bruttolöhnen um 4,5 Prozent gesunken. Und besonders abhängig Beschäftigte sind von den Folgen der hohen Inflation betroffen.

Bedenklich sei auch, so Collettiva, dass von knapp über zehn Millionen jungen Menschen zwischen 18 und 34 Jahren drei Millionen das Land verlassen haben. Wie der Generalsekretär der CGIL, Maurizio Landini, einschätzte, ist dieser Zustand das Ergebnis der Beteiligung der Regierung an den kriegstreibenden Vorstößen des Westens, der EU und der NATO. Diese führten zu einer reaktionären Radikalisierung und sozialen, zivilen und demokratischen Rückschritten. Während immer mehr Geld für Waffen und Krieg ausgegeben werde, werde kein Geld zur Verfügung gestellt, um auf die Bedürfnisse der armen Menschen einzugehen.

Schon vor einem Jahr hatte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni die Arbeitslosenhilfe, das sogenannte Bürgereinkommen, abgeschafft, damit Unternehmer die Löhne weiter niedrig halten können. Beseitigt wurden auch weitere soziale Zuschüsse, beispielsweise bei den Mieten. Für viele wird es daher immer schwerer, sich die Miete beziehungsweise ein Dach über dem Kopf leisten zu können. Auftrieb gibt den Kämpfenden, dass die CGIL für ein von ihr geplantes Referendum »zum Schutz vor unrechtmäßigen Kündigungen, zur Überwindung von Prekarität, zur Sicherheit bei Vertragsarbeit und zur Vorbeugung von Unfällen am Arbeitsplatz« überraschend schnell die dazu erforderlichen Unterschriften von einer halben Million erreicht hat.

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