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Aus: Ausgabe vom 20.08.2024, Seite 15 / Natur & Wissenschaft
Mpox

Begünstigt durch Elend

Im Kongo breitet sich der Erreger der Pockenerkrankung Mpox aus
Von Daniel Bratanovic
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Als die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am vergangenen Mittwoch eine »gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite« ausrief, hatte das zwar keinerlei unmittelbare Folgen, sorgte aber erwartungsgemäß für erhöhte Aufmerksamkeit. Die WHO traf die Entscheidung angesichts einer steigenden Anzahl von Mpox-Erregern in einigen afrikanischen Ländern. Es drohe eine weitere Ausbreitung auch über die bisherigen Epidemiegebiete hinaus.

Mpox, früher als Affenpocken (Monkeypox) bezeichnet, ist eine Erkrankung, die vom Orthopoxvirus simiae ausgelöst wird. Das Virus ist mit dem 1979 für ausgerottet erklärten Pockenvirus verwandt und verursacht ähnliche Symptome: Fieber, Schmerzen und geschwollene Lymphknoten, daraufhin die auch bei den Pocken typischen Hautveränderungen vor allem an den Extremitäten und im Gesicht.

Mpox besteht in zwei Varianten (Kladen). Klade II verbreitete sich zuletzt im Sommer 2022 von Westafrika aus weltweit, Klade I kursiert aktuell im Kongobecken. Die Zahl der mit der ersten Variante Infizierten nahm zuletzt erheblich zu, vor allem im Kongo, aber auch in den Nachbarländern Burundi, Kenia, Ruanda und Uganda. Die WHO spricht von mehr als 15.600 Infizierten und 537 Todesfällen. Da bislang nicht systematisch getestet wird, vermuten Experten eine hohe Dunkelziffer. Klade I ist, wie die Virologin Marion Koopmans von der Universität Rotterdam sagt, »mit einer schwereren Erkrankung verbunden als Klade II«. Diese Befürchtung gelte auch für eine im vergangenen Jahr in der Region Kivu neu entdeckte Subvariante – Klade Ib.

Bei dem Krankheitserreger handelt es sich um ein DNA-Virus, weshalb sich sein Genom langsamer verändert als bei RNA-Viren wie etwa dem Coronavirus SARS-CoV-2, wenngleich auch beim aktuellen Mpox-Erreger schon Veränderungen beobachtet wurden. Wie auch Covid ist Mpox eine zoonotische Krankheit, was bedeutet, sie wird von Tieren auf Menschen übertragen. Die ursprünglichen Wirte sind aber, anders als der alte Name »Affenpocken« nahelegt, nicht Primaten, sondern vermutlich Nagetiere oder andere Kleinsäuger.

Zwar kann eine Infektion auch von Mensch zu Mensch erfolgen, dennoch bleibt das pandemische Potential eher gering. Mpox ist nicht wie die Coronaviren durch Aerosole übertragbar, sondern nur durch direkten Kontakt mit infizierten Personen, Tieren und kontaminierten Gegenständen. Vor allem Körperflüssigkeiten und der blasenartige Ausschlag – die »Pocken« – enthalten Virenpartikel, die längere Zeit infektiös bleiben. »Die bislang bekannten Fälle von Infektionen mit Klade Ib, fast ausschließlich bei Erwachsenen, scheinen vor allem sexuell übertragen worden zu sein«, sagt Christina Frank vom Robert-Koch-Institut.

Weniger Beachtung als die Frage nach einer Verbreitung der Viruserkrankung auch in hiesigen Breiten fand einmal mehr der gesellschaftliche Kontext ihrer Übertragungsfähigkeit. Der bei weitem größte Anteil der in diesem Jahr erfassten Mpox-Fälle liegt im Kongo. Im Fokus stehen dabei die Flüchtlingslager im Osten des Landes. Rund 70 Prozent der neu registrierten Fälle seien in überfüllten Vertriebenenlagern in der Region Goma aufgetreten, sagt ein Gesundheitsberater der Hilfsorganisation Medair. Die dortige Enge wie mangelhafte hygienische und medizinische Ausstattung begünstigen die Übertragung außerordentlich. Etwa 5,5 Millionen Menschen sind im Osten der Demokratischen Republik Kongo, wo gleich mehrere Rebellengruppen um Macht und Bodenschätze kämpfen, auf der Flucht vor Gewalt.

Die humanitäre Lage erschwert nicht nur die Möglichkeit zur Diagnose von Krankheitsfällen – völlig unklar ist, wie viele Menschen schon infiziert sein könnten. Der herrschende Krieg, der illegale Bergbau, die lokale Prostitution, die Flüchtlingskrise und generell die grassierende Armut erschweren es, den Erreger wirksam einzudämmen. Eine angemessene Versorgung mit längst vorhandenen Impfstoffen konnte für diese Weltgegend noch immer nicht sichergestellt werden.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Peter S. aus Berlin (20. August 2024 um 14:57 Uhr)
    Es wäre besser eine Übertragung durch Aerosole nicht auszuschließen. https://www.thelancet.com/journals/lanmic/article/PIIS2666-5247(23)00059-9/fulltext
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (20. August 2024 um 01:15 Uhr)
    Die humanitäre Lage, z.B. in der DR Kongo, interessiert den Wertewesten nicht, solange genug Coltan und Kobalt von dort kommen. Impfstoffe? War bei Covid-19 doch auch nix, Kongo Müller lasst grüßen!

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