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Aus: Ausgabe vom 21.08.2024, Seite 2 / Ausland
US-Wahlkampf

Loben und loben lassen

Parteitag der Demokraten: Biden würdigt sich selbst. Walz als Vizekandidat nominiert
Von Felix Bartels
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Ergriffen von sich selbst: POTUS Biden

Auch eine lahme Ente kann quaken. Der Auftritt des amtierenden Präsidenten der USA auf dem Parteitag der Demokraten in Chicago war danach. Für seine Rede am Montag (Ortszeit), dem ersten der vier Tage, brachte Joe Biden nichts mit außer einem Sack voll Pathos. Er, der große Diener des Volks, vergessen sein störrischer Egoismus, verschwiegen sein schwieriges Verhältnis zur designierten Nachfolgerin.

»Amerika, ich habe mein Bestes für dich gegeben«, rief Biden unter dem Jubel der Delegierten. »Es war die Ehre meines Lebens, als euer Präsident zu dienen. Ich liebe diese Aufgabe, aber noch mehr liebe ich mein Land.« Sprach der Mann, der vor wenigen Wochen noch sich über das Amt und das Amt über das Land gestellt hatte. Die First Lady sekundierte, lobte an ihrem Mann, dass er im Namen einer Sache handle, die größer sei als er selbst. Als Nachweis führte sie seine Entscheidung an, nicht erneut für das Amt zu kandidieren. Was richtig und falsch zugleich ist. Falsch, denn Biden musste mehr oder weniger gezwungen werden, auf die Bewerbung für die zweite Amtsperiode zu verzichten. Richtig, weil darin die trostlose Wahrheit zum Ausdruck kommt, dass der größte Dienst, den Biden seinem Land erweisen kann, darin besteht, nicht noch vier weitere Jahre zu regieren.

Zu Kamala Harris fand Biden warme Worte, was im Zusammenhang mit dem Wahlkampf natürlich nicht überrascht. Etwas weniger plump wäre es allerdings schon gegangen. Biden bezeichnete seine Vizepräsidentin, mit der er die gesamte Amtszeit hindurch ein erkennbar kühles Verhältnis hatte, als enge Freundin.

Weniger irrelevant als all das, was im und um den alten Mann vor sich ging, war die Bestätigung von Tim Walz als »Running Mate«. Der Gouverneur des Bundesstaats Minnesota wird damit im Fall eines Wahlsiegs von Harris das Amt des Vizepräsidenten übernehmen. Während der Kandidat der Republikaner Donald Trump mit J. D. Vance einen Vize designierte, der kaum kontrastiert, scheint die von San Francisco geprägte Harris ihrem liberal-urbanen Image ein Gegengewicht verpassen zu wollen. Als Mann des mittleren Westens soll Walz die eher ländlichen, eher konservativen Bevölkerungsteile abholen.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (22. August 2024 um 10:39 Uhr)
    Auf verlorenem Posten: Joe Biden, der Mann, der das Oval Office betrat, als wäre es ein gemütlicher Spaziergang durch den Park – allerdings einen, bei dem der Weg steil bergauf führt und der Wind unerbittlich ins Gesicht peitscht. Von Anfang an glich seine Präsidentschaft dem Versuch, ein altes, rostiges Fahrrad durch den Grand Canyon zu fahren. Die Welt hat sich verändert, die Geopolitik dreht sich schneller als eine Drehtür in einem Einkaufszentrum, und doch stand da Biden, der große Versöhner, der Mann der Mitte – mitten in einem Spiel, das längst über seinen Kopf gewachsen und darüber hinweg entschieden wurde. Es scheint fast, als hätte das internationale Parkett eine besonders rutschige Stelle genau für ihn reserviert. China baut weiterhin seine Wirtschaftsmacht aus, Russland drängte militärisch in die Ukraine ein, und im Nahen Osten brodelt es wie in einem Schnellkochtopf ohne Deckel. Und Biden? Der wackelt auf seinem Stuhl und balanciert die USA vorsichtig zwischen Allianzen und Feindschaften, wie ein Seiltänzer, der sein Netz vergessen hat. War es dann wirklich ein Wunder, dass sein großer Abschied, dieser pathosgeladene Auftritt beim Parteitag, eher wie das Quaken einer lahmen Ente klang? Wenn man ehrlich ist, hatte er von Anfang an keine echte Chance. Als geopolitischer Boxsack für aufstrebende Mächte, die die Regeln neu schreiben, während er versuchte, das alte Drehbuch abzuarbeiten, war er immer auf einem verlorenen Posten. Aber wie er selbst sagte, er habe »sein Bestes« gegeben. Tatsächlich hat er sich stets bemüht, aber in einer Welt, in der »Bestes« oft nur »Nicht ganz so schlimm wie befürchtet« bedeutet, könnte man ihm vielleicht sogar Recht geben.
  • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (21. August 2024 um 12:44 Uhr)
    Joe Biden sei es gegönnt, sich ein (vor-)letztes Mal so darzustellen, wie er in den Geschichtsbüchern erscheinen möchte. Ansonsten sollte man den Blick auf das Bevorstehende richten. - Kamala Harris und ihr möglicher Vize mögen nicht jedermanns Fall sein. In den USA gibt es ohnehin kaum einen Sachverhalt, zu dem 100 Prozent aller Bürger die gleiche Meinung haben. Aber immerhin scheint sie einem D. Trump eher als zuletzt Biden gewachsen zu sein. – W. Putin würde dagegen eher einen »Präsidenten Trump« vorziehen, der, wie man hört, Putin-Fan ist!
  • Leserbrief von Riggi Schwarz aus Büchenbach (21. August 2024 um 10:18 Uhr)
    Wo hat Kamala Harris nur dieses herzlich erfrischende, aber doch sehr künstliche Lachen gelernt?
    Gibt´s Probleme werden diese einfach hinweg gegrinst, alles easy, alles wieder gut!

    Diese amerikanische Erfolgsstory über eine Stellvertreterin, die sich gerne zur "America´s First Lady" mausern möchte, die hat was; diese Story ist jetzt schon reif für einen "Schinken" aus Hollywood.

    Donald Trump dürfte längs schon seine Kinnladen, über solch eine Dreistigkeit von Kamala Harris, runter gefallen sein.

    Das "America first", das haben beide drauf, nur lächelt Frau Harris eben, wie ich finde, doch etwas femininer!

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