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Aus: Ausgabe vom 21.08.2024, Seite 8 / Ansichten

Kostspielige Geopolitik

Subventionen für TSMC-Werk in Dresden
Von Sebastian Edinger
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Innovation: Tieflöffelbagger werden seit einigen Jahrzehnten verwendet – auch auf der Baustelle für das neue Chipzentrum in Dresden wird einer gebraucht

»Prioritäten setzen« lautet das Credo der Bundesregierung, wenn es darum geht, einen schuldenbremsenkonformen Haushalt aufzustellen. Eine dieser Prioritäten liegt auf den Milliardensubventionen für ausländische Halbleiterproduzenten, die nach Ostdeutschland expandieren wollen. In Dresden erfolgte am Dienstag unter Beteiligung von Kanzler Scholz die Grundsteinlegung für eine neue Fabrik, in der der taiwanesische Konzern TSMC ab 2027 gemeinsam mit Infineon, Bosch und der niederländischen NXP-Gruppe Chips herstellen lassen will. Die Hälfte der Kosten übernimmt der Steuerzahler, nach aktuellem Finanzplan fünf Milliarden Euro.

Dabei wird es nicht bleiben: TSMC hat schon kommuniziert, dass die Gesamtkosten die ursprünglich veranschlagten zehn Milliarden übersteigen werden. Wie die Zuschüsse mitwachsen, zeigt das Beispiel Magdeburg, wo der US-Konzern Intel eine Produktionsstätte aufbauen will und die zugesagten Subventionen bereits von 6,8 auf 9,9 Milliarden gestiegen sind. Dabei ist fraglich, ob das Werk je in Betrieb geht: Anfang August hatte Intel angekündigt, weltweit 15 Prozent der Stellen zu streichen. Was das für die Investitionspläne in Sachsen-Anhalt bedeutet, wollte man nicht verraten.

Was erhofft sich die Ampel von den kostspieligen Finanzspritzen? Man wolle die Lieferketten der hiesigen Industrie stärken, heißt es. Allerdings werden die Chips, die Intel in Magdeburg produzieren will, vor allem für I-Phones und Laptops gebraucht. Und TMSC setzt in Dresden auf herkömmliche Halbleiter mit hohen Strukturbreiten. Die können deutsche Autofirmen zwar brauchen. Als Zukäufe aus China wären sie jedoch deutlich preiswerter und in höherer Qualität zu haben. Doch von der Volksrepublik, dem nach wie vor wichtigsten Handelspartner der BRD, will man ja unabhängiger werden.

Das ist der nächste Schlag für die deutsche Industrie, die nach dem Verzicht auf preiswerte Energie aus Russland auch auf preiswerte Technologie aus China verzichten soll. »Kriegstüchtig werden« lautet ein weiteres Ampelcredo. Da gilt es, nicht nur die Ukraine mit Waffen auszustatten und den Krieg in Europa zu eskalieren. Vielmehr muss auch die von USA forcierte Eskalation um Taiwan im Blick behalten werden. Wer Milliarden für ein taiwanesisches Unternehmen bereitstellt, um die wirtschaftlichen Verbindungen nach Beijing zu schwächen, darf auf Sonderlob aus Washington hoffen.

So wird im Bundeshaushalt nicht bei den üppigen Zuschüssen für Halbleiterinvestoren gekürzt, sondern beim Bürgergeld. Zugleich ist sich die Ampel nicht zu schade, auch noch die Schaffung von Arbeitsplätzen als Argument für die Milliardenförderung ins Feld zu führen. Dabei würde nach aktuellen Plänen jeder einzelne Arbeitsplatz im TMSC-Werk den Steuerzahler 2,5 Millionen Euro kosten. Würde das Geld in aktive Arbeitsmarktpolitik und Qualifizierung fließen, wären die positiven Arbeitsmarkteffekte um ein Vielfaches größer.

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