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Aus: Ausgabe vom 21.08.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

Juristen und Bürgerrechtler fordern Ende von Maja T.s grundrechtsverletzender Haft in Ungarn

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Solidaritätsdemonstration für politische Gefangene (München, 13.3.2024)

Das Komitee für Grundrechte und Demokratie und die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen forderten am Dienstag die sofortige Beendigung der grundrechtsverletzenden Haft und die Aufklärung der rechtswidrigen Auslieferung im Fall Maja T.

Ende Juli entschied die Staatsanwaltschaft Budapest, die deutsche Staatsbürger*in Maja T. in Untersuchungshaft zu belassen, und erteilte möglichen Alternativen wie Kaution, Meldeauflagen oder Hausarrest eine Absage. Die Fortsetzung der Inhaftierung unter menschenrechtswidrigen Bedingungen ist der letzte Schritt in einer Reihe von schweren Rechtsverletzungen.

Am 27. Juni 2024 hatte das Kammergericht Berlin auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Berlin einer Auslieferung nach Ungarn zugestimmt, obwohl zu diesem Zeitpunkt der menschenunwürdige Umgang der ungarischen Justiz mit antifaschistischen Inhaftierten – prominent am Beispiel der mittlerweile in das Europäische Parlament gewählten italienischen Staatsbürgerin Ilaria S. – ebenso bekannt war, wie die katastrophalen Haftbedingungen in dem zunehmend autoritär regierten Land.

In einer Nacht- und Nebenaktion vollzogen deutsche Behörden die Überstellung nach Österreich. Damit schnitten sie die nicht erschöpften Rechtsschutzmöglichkeiten von Maja T. ab. Der am Morgen des 28. Juni über Majas Anwälte gestellte Antrag an das Bundesverfassungsgericht wurde noch am selben Vormittag von dem Gericht entschieden: Das Bundesverfassungsgericht untersagte eine Überstellung an Ungarn. Die deutschen Behörden hatten zu diesem Zeitpunkt aber schon rechtswidrig Tatsachen geschaffen.

Über die von der Staatsanwaltschaft Budapest aufrecht erhaltene Haft ist inzwischen bekannt, dass sich Maja T. seit dem 28. Juni in einer rund um die Uhr videoüberwachten Einzelzelle befindet. Eine Überwachung schützt aber nicht notwendig vor queerfeindlichen Übergriffen durch das Gefängnispersonal. Maja berichtet von gewalttätigen Übergriffen auf Mitgefangene, von Ungeziefer und verschimmeltem Essen. Majas Anwalt Sven Richwin hat – anders als sein in Ungarn mit dem Fall betrauter Kollege – noch immer keinen Zugang zu seiner Mandant*in.

Die deutschen Behörden hatten der Auslieferung nach Ungarn nach eigenen Angaben nur deshalb zugestimmt, weil das ungarische Justizministerium menschenrechtskonforme Haftbedingungen zugesichert hatte. Nach bisherigen Berichten liegen jedoch konkrete Hinweise auf Grund- und Menschenrechtsverletzungen vor. (…)

Die deutschen Behörden sind angehalten, alles zu tun, um eine menschenwürdige Behandlung zu gewährleisten. Die deutsche Botschaft in Budapest muss sich aktiv für Alternativen zur Haft einsetzen und die Haftbedingungen bis zur Freisetzung von Maja regelmäßig kontrollieren, Grund- und Menschenrechtsverletzungen anprangern und sich für eine Verbesserung der Haftbedingungen einsetzen.

»Das sofortige Ende der menschenrechtswidrigen Haft ist besonders dringlich – auch vor dem Hintergrund, dass die Dauer der Untersuchungshaft nicht abzusehen ist«, sagt Dr. Britta Rabe vom Grundrechtekomitee.

»Die Behinderung der Aufklärung von Verantwortlichkeiten bei dieser rechtswidrigen Auslieferung durch das Land Sachsen ist ein Skandal für sich, der das Vertrauen in rechtsstaatliche behördliche Verfahren empfindlich angreift«, kritisiert Rechtsanwalt Dr. Andreas Engelmann von der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen. (…)

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Thorsten N. aus Nürnberg (21. August 2024 um 08:21 Uhr)
    Sehr geehrte Redaktion, warum wird im Artikel wie auch schon im thematisch selben vom 19.8. das weibliche Pronomen für die »nichtbinäre Person« (Leitmedien wie Süddeutsche etc.) verwendet? Dies wird doch erstens der, so es diese ist, Selbstzuschreibung des Individuums nicht gerecht und ist zweitens auch faktisch nicht korrekt - die »Person« steht auf den Fahndungsaufrufen noch als »Simon T.« und hat auch auf den Fotos des 22jährigen wenig Feminines. Ich denke, dass weder das Drücken auf die Tränendrüsen, dass hier ein »armes Mädchen« (oder was soll diese Darstellung ausdrücken?) von faschistischen maguyarischen Barbaren gequält würde, noch die positive Darstellung des Subjektes der Sache dient. Ich schätze die jW u.a. ihrer sauberen journalistischen Arbeit wegen. Behaltet dies bei, auch wenn es grad mal nicht opportun erscheint. Marxistische Grüße!
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (21. August 2024 um 12:35 Uhr)
      Lieber Thorsten N., es geht im Text um die politische Sauerei, dass Linke ständig härter angefasst werden als Rechte, obwohl die Werte der bürgerlich-parlamentarischen Demokratie viel stärker von rechts unter Beschuss stehen. Es macht da wenig Sinn, vom eigentlichen Thema weg auf ein anderes zu wechseln. Es kommt darauf an, die Welt zu verändern und nicht nur darum, sie in all ihrem Facettenreichtum treffend zu beschreiben. Die Gefahr ist dabei immer, sich in endlosen Disputen festzufahren, bis keine Kraft mehr da ist für die notwendigen Taten.

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