Australien: Gasförderung am Riff
Von Thomas BergerEs ist eine Nachricht von besonderer Brisanz, die in Australien dieser Tage ihre Runde macht: Die Environment Protection Authority (EPA) im Bundesstaat Western Australia hält die ökologischen Risiken einer Erdgasförderung im Browse Basin nicht für vertretbar, dürfte den entsprechenden Antrag also ablehnen. Rund 425 Kilometer vor der Nordwestküste bei Broome liegen die größten unerschlossenen maritimen Erdgasvorkommen des Landes. Seit 2018 läuft der Prüfungsprozess durch die Behörden. Was durch eine Anfrage von WA Today an die EPA vor einigen Tagen publik wurde, ist zwar noch kein abschließendes Gutachten der einem deutschen Landesumweltamt vergleichbaren Behörde. Das soll erst im kommenden Jahr vorliegen. Gleichwohl ist die auf vorläufigen Bewertungen fußende Zwischeneinschätzung ein Schlag für die Antragsteller vom Konzern Woodside Energy. Und Anlass zur Hoffnung für Umweltgruppen, die seit Anbeginn gegen das Großprojekt in der ökologisch besonders sensiblen Meeresregion kämpfen.
Die EPA hatte sich nicht direkt zum Auskunftsersuchen von WA Today geäußert, bekannt wurden allerdings Zitate aus einem Schreiben, das bereits im Februar an Woodside verschickt worden war. Darin war das Vorhaben von der EPA als »inakzeptabel« eingestuft worden. Zur Begründung verwies die Behörde in dem Schreiben damals auf zahlreiche Risiken, die von der breiten Front der Kritiker immer wieder ins Feld geführt worden waren. Die EPA beließ es ansonsten bei einer knappen Mitteilung des Vizechefs Lee McIntosh: »Es ist nicht angemessen, irgendwelche Resultate zu kommentieren, bevor der Bewertungs- und Berufungsprozess abgeschlossen ist.«
Woodside wäre im Falle einer Zustimmung der Behörden Betreiber der Förderanlagen. Der Konzern hält einen Anteil von 30,6 Prozent an dem Konsortium, das das riesige Gasfeld ausbeuten will. BP ist mit 44,33 Prozent größter Anteilseigner, dazu kommen Australia LNG mit 14,4 Prozent und Petrochina mit 10,67 Prozent. Geplant ist ein Förderzeitraum von 50 Jahren. Ein Zeitraum, in dem sich die Weltgemeinschaft im Kampf gegen den Klimawandel von der Nutzung fossiler Energieträger verabschieden will, so die Zielstellung globaler Abkommen und entsprechender Selbstverpflichtungen.
Auch die australische Bundesregierung unter Premier Antony Albanese von der sozialdemokratischen Labor Party hat sich nach einem Jahrzehnt konservativer Herrschaft, während derer die Herausforderung weitgehend ignoriert oder geleugnet worden war, grundsätzlich zur Einhaltung dieses Ziels verpflichtet. Das rohstoffreiche Australien ist mit seiner auf Extraktivismus ausgerichteten Wirtschaft einer der größten Klimasünder unter den Industrienationen. Allerdings steht die Arbeiterpartei, die auch regional regiert, prinzipiell hinter dem umstrittenen Gasprojekt. Und der konservative Oppositionsführer Peter Dutton kündigte nach Bekanntwerden des EPA-Zwischenbescheids umgehend an, im Falle eines erneuten Machtwechsels Prüfkriterien abzuschwächen und Fristen zu verkürzen. The North West Star zitierte ihn mit dem Vorwurf, Albanese und Umweltministerin Tanya Plibersek hätten nur die Großstädter in Sydney und Melbourne im Blick, »die potentielle Grünen-Wähler sind«, statt sich für Arbeitsplätze im ländlichen Western Australia einzusetzen.
Als die Pläne zur Ausbeutung im Browse Basin 2020 für acht Wochen öffentlich ausgelegt wurden, gab es stolze 19.000 Einwendungen, mit denen sich die EPA seitdem beschäftigen muss. Eine Förderung der Erdgasvorkommen, deren Wert auf 30 bis 50 Milliarden Australische Dollar geschätzt wird, würde rund um das Scott-Riff mit seinen drei Miniatollen ein fragiles Ökosystem mit 1.500 oft seltenen Spezies gefährden, darunter Schildkröten und Zwerg-Blauwale. Neben den ökologischen Risiken, die mit einer teilweise nur drei Kilometer vom Riffgürtel entfernten Förderung verbunden wären, würde auch der für Broome sehr wichtige Tourismus leiden, betonte die Organisation Environs Kimberley, die eine »Helikopterhölle« auf die Stadt zukommen sieht. Greenpeace Australia Pacific begrüßte die ablehnende Zwischenbewertung der EPA ausdrücklich, will aber dennoch eine Petition gegen das Vorhaben starten und lokale Widerstandsaktionen organisieren.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
Ähnliche:
- 15.04.2024
Salzwerk in Feuchtgebiet
- 11.03.2024
Auf Einkaufstour in Australien
- 26.08.2023
Nervöse Rohstoffbranche
Regio:
Mehr aus: Kapital & Arbeit
-
Indien vor Großstreiks an Häfen
vom 20.08.2024