Kishon, Schnog, Frank
Von Jegor JublimovNeue Varianten von Corona und Affenpocken sind da – aber schon vor Jahren sagte Ephraim Kishon: »Es gibt vorzügliche Medikamente, für die man noch keine passende Krankheit gefunden hat.« Endlich ist es soweit.
Am 23. August vor 100 Jahren wurde der spätere israelische Satiriker als Ferenc Hoffmann in Budapest als Sohn eines jüdischen Bankdirektors geboren. Obwohl er mit sechzehn Jahren einen Wettbewerb als Novellenautor gewann, durfte er unter dem faschistischen Horthy-Regime nicht studieren und wurde nach einer Handwerkslehre in ein Arbeitslager deportiert. Ein Großteil der Verwandten überlebten die antisemitischen »Säuberungen« nicht. Zwar konnte er nach dem Krieg Kunstgeschichte studieren, verließ Ungarn aber in Opposition gegen die stalinistische neue Ordnung. In Tel Aviv wurde er unter dem Namen Ephraim Kishon ab 1952 ein gern gelesener Kolumnist, dessen heiter-ironische Texte in Buchform erschienen und auch in der BRD viele Leser fanden. Aufgrund seiner konservativen Einstellung, die sich nicht nur in der Abneigung gegen den Sozialismus, sondern auch in der Ablehnung moderner Kunst äußerte, erschienen seine Texte erst 1983 und 1986 in der DDR. Damals bemerkte Matthias Biskupek im Eulenspiegel, dass er vieles aus den Kabaretts der DDR kannte und schloss, dass Kishon wohl hier gewesen sei, um ordentlich abzukupfern. Kishon starb 2005 an seinem Alterssitz im schweizerischen Appenzell.
An Kishons 40. Geburtstag verließ uns ein Satiriker, der politisch auf der anderen Seite stand und dessen Texte kämpferisch klingen, sozialkritisch, aber erfrischend ironisch. Noch immer ist zu hoffen, dass sich ein Verlag aufrafft, ein Buch über den Kabarettisten, Hörspielpionier, Schauspieler und Redakteur Karl Schnog zusammenzustellen. Der 1897 geborene Kölner gehörte mit Erich Weinert, Walter Mehring, Kurt Hiller und Kurt Tucholsky zu denen, die sich in der Weimarer Republik aus teils unterschiedlichen linken Positionen für die Unterprivilegierten einsetzten. Nach seinem Kriegsdienst engagierte sich Schnog in einem Arbeiter- und Soldatenrat, trat in Berlin an Kleinkunstbühnen auf und schrieb für linke Zeitschriften. Als Kommunist und Jude von den Nazis verfolgt, floh er über die Schweiz nach Luxemburg, wo er 1940 der Gestapo in die Hände fiel und bis 1945 in drei Konzentrationslagern gequält wurde. Nach dem Krieg arbeitete er als Redakteur im Osten u. a. beim Berliner Rundfunk und veröffentlichte Bücher und Aufsätze. An den Folgen der erlittenen Nazihaft starb Schnog mit nur 67 Jahren.
Dieser Tage kann Hans-Joachim Frank zwei Jubiläen begehen. Am vergangenen Sonntag feierte er in Babelsberg das 35jährige Bestehen des alternativen »Theaters 89«, und am Tag darauf wurde der Theatergründer 70. Der Thüringer debütierte als Kind am Meininger Theater und wurde ab 1974 mit dem Berliner Ensemble, wo er u. a. den Pawel in Brechts »Die Mutter« spielte, weithin bekannt. Film und Fernsehrollen folgten, bis er sich 1989 ganz seinem Kind »Theater 89« als Regisseur und künstlerischer Leiter verschrieb. Nach dem Abschied von Berlin tourt seine Theatertruppe durch Brandenburger Spielstätten, und aktuell in »Der Biberpelz« kann man Frank auch als Schauspieler wiederbegegnen.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (21. August 2024 um 12:03 Uhr)Man könnte fast meinen, Ephraim Kishon habe die Satire neu erfunden – und das vielleicht auch tatsächlich mit einem ironischen Augenzwinkern selbst geglaubt. Schließlich ist Humor die beste Waffe gegen die Eitelkeiten dieser Welt. Es ist also nur gerecht, dass Kishon, der einst als Ferenc Hoffmann das Licht der Welt erblickte, uns auch nach seinem Tod weiterhin erhellt. Sein Erbe ist ein Lachen, das nicht verklingt, sondern uns immer wieder daran erinnert, dass das Leben zu kostbar ist, um es ernst zu nehmen. Kishon verstand es meisterhaft, die menschlichen Schwächen zu entlarven – und das ohne jemals den moralischen Zeigefinger zu erheben. Vielmehr verpackte er seine Gesellschaftskritik in pointierte Anekdoten, die gleichzeitig zum Schmunzeln und zum Nachdenken anregten.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz S. (21. August 2024 um 11:01 Uhr)»Zwar konnte er nach dem Krieg Kunstgeschichte studieren, verließ Ungarn aber in Opposition gegen die stalinistische neue Ordnung«. Weil hier der in der antikommunistischen Welt sehr beliebte Begriff »stalinistisch« vorkommt: »Gorbatschow hat den Anti-Stalinismus treffend gekennzeichnet – und damit unfreiwillig auch den Hauptinhalt seines eigenen Wirkens –, als er in einem Interview für die KPF-Zeitung ›l’Humanité‹ am 4. Februar 1986 auf die Frage nach dem ›Stalinismus‹ in der Sowjetunion sagte: ›Stalinismus ist ein Begriff, den sich die Gegner des Kommunismus ausgedacht haben und der umfassend dafür genutzt wird, die Sowjetunion und den Sozialismus insgesamt zu verunglimpfen.‹ (Niemand kann also sagen, Gorbatschow habe nicht gewusst, was er mit seiner Anti-Stalin-Kampagne getan hat!)«. (Aus Kurt Gossweiler: »Die Überwindung des Anti-Stalinismus – Eine wichtige Voraussetzung für die Wiederherstellung der kommunistischen Bewegung als einer einheitlichen marxistisch-leninistischen Bewegung, 1. Mai 1994«). Dazu wäre zu sagen: Anfang 1986, also in der Anfangsphase seines »Wirkens«, als seine Macht im ZK noch nicht gefestigt war, musste sich Gorbatschow noch als Verteidiger des Leninismus ausgeben.
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