»Schluss machen mit dem Investitionsbremsenfetisch«
Interview: Steve HollaskyEin Plakatspruch der Wahlkampagne Ihrer Partei lautet »In aller Freundschaft alle Kliniken retten«. Doch »Freundschaft« allein wird nicht reichen. Wie will die Partei Die Linke Krankenhäuser vor Verkauf und Schließung bewahren?
Sachsen hat 76 Krankenhäuser – 1990 waren es 125. Wir haben im Osten schon eine Strukturreform hinter uns und dürfen keinen Standort mehr verlieren. Erst in zweiter Linie geht es darum, welches Krankenhaus welche Leistung anbietet. In jedem Fall muss mindestens eine Ganztagspoliklinik mit Notfallversorgung und stationären Betten vor Ort sein. Außerdem muss der Freistaat endlich die Krankenhausinvestitionen absichern. Bisher stellt er dafür Jahr für Jahr weniger als die Hälfte des benötigten Geldes bereit. Ohne sichere öffentliche Finanzierung bricht aber die Versorgung zusammen!
Was wir wollen, das sind bedarfsgerechte Budgets, die jährlich zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen vereinbart werden. Ein Krankenhaus soll kostendeckend wirtschaften, gute Arbeitsbedingungen bieten und bestmöglich versorgen, aber nicht privaten Eigentümern Dividenden einbringen oder Haushaltslöcher in den öffentlichen Kassen stopfen.
Genau diese öffentlichen Kassen werden geplündert, Kürzungen in den Haushalten der sächsischen Kommunen stehen an. Was will die Linkspartei in Sachsen dagegen tun?
Große Einkommen, Vermögen und Erbschaften müssen gerecht besteuert werden. Sonst lässt sich kein Gemeinwesen finanzieren. Die kommunalen Spitzenverbände beklagen seit Jahren, dass der Freistaat seine Kommunen finanziell austrocknet und sie um die Erfüllung ihrer Pflichtaufgaben kämpfen müssen.
Gleichzeitig akzeptieren sie in unschöner Regelmäßigkeit immer neue unzureichende Hilfspakete und danken brav der Staatsregierung. Das geht so nicht. Wir wollen mehr Freiheit für die Kommunen und Schluss machen mit dem Investitionsbremsenfetisch. Mehr Pauschalen sind notwendig, um Entscheidungen vor Ort zu ermöglichen. Vor Jahren hat selbst Michael Kretschmer (CDU-Ministerpräsident, jW) zaghaft diesen Weg eingeschlagen: Von 2018 bis 2020 flossen immerhin bis zu 70.000 Euro jährlich ohne Zweckbindung an jede Kommune.
»Heimat ohne Hass« steht auf einem anderen Wahlplakat geschrieben. Die rechte AfD könnte auf mehr als 30 Prozent der Stimmen kommen. Wie stoppt man deren Siegeszug?
Jedenfalls nicht, indem man AfD-Forderungen übernimmt und Stimmung für vermeintlich einfache Lösungen macht, die niemals welche sein werden. Menschenfeindliche Einstellungen müssen wir konsequent ächten. Alle Menschen sind gleichermaßen wertvoll! Da lassen wir als humanistische Partei keinen Zweifel zu. Gleichzeitig gibt es reale Probleme, die gelöst werden müssen, das erwarten die Leute zu Recht. Wir müssen aber deutlich machen, dass das Hoffen auf Parteien wie die AfD vergebens ist.
Wieso?
Die wollen keine Probleme lösen, sondern von Problemen profitieren. Sie machen konsequent Politik gegen die Mehrheit: So hat die AfD im Landtag vorgeschlagen, dass sich Leute mit privater Altersvorsorge aus der gesetzlichen Rentenkasse heraushalten dürfen.
Nach aktuellen Umfragen könnte Ihre Partei Die Linke ganz knapp in den Landtag kommen, wenn auch weit entfernt von parlamentarischen Mehrheiten. Wie setzt man da Forderungen durch?
Die Linke wird wieder ins Parlament einziehen – je mehr demokratischen Parteien das gelingt, desto weiter weg bleibt die AfD von der Macht. Wir bleiben als soziale Stimme unverzichtbar. Wir schauen der Regierung auf die Finger und machen Druck für gerechte Lösungen, etwa für kostenloses Mittagessen von der Kita bis zum Schulabschluss. Und vielleicht lässt die CDU eines Tages von der Unkultur ab, alle Vorschläge der Opposition aus Prinzip abzulehnen, so vernünftig sie auch sein mögen.
Susanne Schaper ist gelernte Krankenschwester und Kovorsitzende des sächsischen Landesverbands der Partei Die Linke
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