»Wir sitzen auf einem Pulverfass«
Interview: Milan NowakSie planen für den 31. August in Mainz einen Protest gegen die Modernisierung der US-Atomwaffen in Büchel. Was wird dort aktuell gelagert, und wie soll der Bestand ausgeweitet werden?
Auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel sind bis zu 23 Atombomben für den Abwurf durch Luftwaffenpiloten stationiert. Im Zuge eines Ausbaus des Fliegerhorstes und der Neuanschaffung von F-35-Bombern sollen sie in Kürze durch lenkbare B61-12-Bomben ersetzt werden. Diese neuen Bomben können zielgenau gesteuert werden, was die Hemmschwelle zu ihrem Einsatz senkt.
Die USA und die BRD haben die Stationierung von Marschflugkörpern und Hyperschallraketen angekündigt. Inwieweit sind Büchel und andere US-Militärstützpunkte in Rheinland-Pfalz davon betroffen?
Im Fliegerhorst Büchel, der derzeit aufwendig hochgerüstet wird, werden auch die »Taurus«-Marschflugkörper vorgehalten und programmiert. Vom europäischen Hauptquartier der US Air Force in Ramstein aus werden Luftschläge und Drohneneinsätze koordiniert. In Mainz-Kastel ist das 56th Artillery Command stationiert, in dem in Zukunft die Hyperschallraketen »Dark Eagle« geführt werden, die in acht Minuten Moskau erreichen können.
Außerdem ist in Wiesbaden-Erbenheim die NATO-Zentrale zur Koordinierung der Intervention in der Ukraine angesiedelt. Auch die angekündigten »Tomahawk«-Mittelstreckenraketen sollen von dort aus kommandiert werden.
Derartige militärische Anlagen dürften das Risiko eines Angriffs im Kriegsfall erhöhen. Ist Rheinland-Pfalz durch die Stationierung diverser US-Waffensysteme besonders gefährdet?
In einem Umkreis von 100 Kilometern rund um Mainz gibt es eine enorme Häufung potentieller Ziele im Falle einer militärischen Auseinandersetzung. Deutschland ist längst aktive Kriegspartei in der Ukraine. Damit ist unsere Region mit den Standorten Büchel, Ramstein, Kastel und der US-Kommandozentrale in Wiesbaden-Erbenheim besonders gefährdet. Wir sitzen auf einem Pulverfass, sozusagen. Getreu dem Motto von Karl Liebknecht – »Der Hauptfeind steht im eigenen Land« – darf man aber nicht vergessen, dass es deutsche Luftwaffenpiloten sind, die ihre todbringende Ladung von Büchel aus ins Ziel bringen sollen.
Was fordern Sie angesichts der Militarisierung und befürchteter Eskalation?
Abrüstung und Diplomatie sind das Gebot der Stunde. Wir halten es dabei mit dem Aufruf »Gewerkschaften gegen Aufrüstung und Krieg«, in welchem es treffend heißt, dass wir Friedensfähigkeit statt Kriegstüchtigkeit brauchen. Wir denken dabei nicht nur an Büchel, sondern auch an die Bomben auf Gaza und das Säbelrasseln gegen China. Geld für Bildung und Soziales anstatt für Atombomber und Offensivwaffen – das wäre ein Anfang.
In Mainz wollen Sie deshalb am 31. August ein Friedensfest ausrichten. Welche Aktivitäten sind geplant?
Die SDAJ, DKP, der Internationale Versöhnungsbund und viele weitere Bündnispartner laden ab zehn Uhr auf den Vorplatz der Gedenkkirche St. Christoph in Mainz ein. Sie wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Untermalt von einem musikalischen Rahmenprogramm, mit Speisen und Getränken wollen wir uns in Diskussionsrunden mit Menschen aus den Gewerkschaften, der Friedensbewegung und politischen Parteien darüber austauschen, wie wir dem deutschen Militarismus entgegentreten können.
Morgens startet von unserer Kundgebung aus eine Fahrraddemonstration nach Wiesbaden-Erbenheim. Es wird auch eine Brecht-Lesung gegen den Krieg geben sowie Auftritte von Liedermachern und Bands. Wer vorbeikommt, kann sich ebenfalls an Mitmachaktionen beteiligen. Für alle ist etwas dabei. Wir wollen damit ein Zeichen setzen – nach dem Motto: Krieg beginnt hier, stoppen wir ihn auch hier!
Luca Härtel (Name geändert) ist Mitglied des Bündnisses für den Aktionstag »Krieg beginnt hier – Büchel geht uns alle an!«
Aktionstag »Krieg beginnt hier – Büchel geht uns alle an!« am 31. August 2024 ab 10 Uhr an der Gedenkkirche St. Christoph in Mainz
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