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Aus: Ausgabe vom 24.08.2024, Seite 5 / Inland
Verkehrspolitik

DB Asphalt AG

Deutsche Bahn muss Cargo-Frachtsparte auf Geheiß Brüssels in zwei Jahren profitabel machen. Rezept: Höhere Preise, mehr Güter auf die Straße
Von Ralf Wurzbacher
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Waggons für allerlei Frachtgut von Güterzügen am Rangierbahnhof Hagen in Südwestfalen

Massenentlassungen, Unpünktlichkeitsrekorde, Schienenmautabzocke – die Deutsche Bahn (DB) liefert einmal mehr Hiobsbotschaften in Serie. Zur Wochenmitte gab es Nachschlag: Die Güterverkehrssparte DB Cargo darf ihre chronischen Verluste nicht länger durch die Holding ausgleichen lassen. So will es die Europäische Kommission, der sich der Staatskonzern mit einem folgenschweren Deal beugen musste.

Im Gegenzug für die Einstellung eines 2022 eingeleiteten Beihilfeverfahrens wird Schluss gemacht mit der »wettbewerbsschädlichen« Subventionspraxis und der fragliche Abführungsvertrag zum 1. September gekündigt. Ergo muss die Tochter künftig auf eigenen Beinen stehen und binnen zwei Jahren schwarze Zahlen schreiben. Wenn nicht, droht die Zerschlagung, wie bei den Franzosen. Dort musste sich die staatliche Eisenbahngesellschaft SNCF auf Druck Brüssels von großen Teilen ihrer Güterbahnen trennen.

Kommt es bei der DB genauso? Offiziell läuft das von Cargo-Chefin Sigrid Nikutta schon Anfang Juni aufgesetzte »Transformationsprogramm« unter der Parole »Rettung«. Zu den Planungen gehören die Streichung von 2.000 Arbeitsplätzen, vornehmlich in der Verwaltung, sowie die Auslagerung ganzer Geschäftsfelder an DB-eigene Gesellschaften. Offenbar hat die Managerin damit bei den EU-Wettbewerbshütern gepunktet.

Mit ihrem Eifer verdiente sie sich sogar die Zusage, dass ihre Abteilung als hundertprozentige Tochter im Konzernverbund verbleiben darf. Wie gnädig. Was aber, wenn die Rosskur nicht anschlägt wie gewünscht? Dann dürfte der Laden Ende 2026 zumindest besser verkäuflich sein als heute. Das wäre mindestens nach dem Geschmack von FDP und Bündnis 90/Die Grünen, der Union sowieso, mithin auch der SPD, säßen ihr nicht die Gewerkschaften im Nacken.

Am Mittwoch fragte die Süddeutsche Zeitung (SZ): »Was bleibt am Ende von dem Staatsbetrieb als großem Verkehrskonzern noch übrig?« Die Veräußerung der einzig wirklich profitablen Tochter Schenker steht kurz vor dem Abschluss. Wobei der Logistiker auf der Straße verkehrt und in DB-interner Konkurrenz zu Cargo steht – verrückt. Dazu fährt der Fernverkehr gewaltige Verluste ein, und der Regionalverkehr muss sich mit immer mehr Wettbewerbern messen.

Bleibt die Netzgesellschaft Infra-GO, die seit Jahresanfang »gemeinwohlorientiert« die maroden Schienen und Bahnhöfe bewirtschaftet. Wie berichtet, hat sie jüngst eine Erhöhung der Trassenpreise um im Schnitt 19,1 Prozent für 2026 bei der Bundesnetzagentur beantragt. Hintergrund ist das Vorhaben der Ampelregierung, das Eigenkapital der Bahn erheblich aufzustocken, wodurch qua Gesetz auch die »Schienenmaut« mitwachsen muss. Absehbar werden die Fahrpreise drastisch zulegen und das Bahn-Angebot weiter eingeschränkt – irre.

Dasselbe Szenario zeichnet sich beim DB-Güterverkehr ab, der allein im ersten Halbjahr ein Defizit von einer Viertelmilliarde Euro auftürmte. Größter Verlustbringer ist der sogenannte Einzelwagenverkehr, bei dem Züge mit jeweils wenigen Waggons aufwendig zusammengestellt werden müssen. Nicht ausgeschlossen, dass der Geschäftszweig komplett eingestellt wird.

Schon jetzt versuche die Unternehmensführung, »die Preise zu erhöhen und streicht zugleich zahlreiche Fahrten, die als unwirtschaftlich gelten«, schrieb am Donnerstag das Handelsblatt. »Das ist der Todesstoß für DB Cargo und ein Riesenschritt Richtung Privatisierung«, befand am Freitag der Journalist und Buchautor Arno Luik gegenüber jW. In der Konsequenz würden »noch mehr Güter von der Schiene auf die ohnehin schon verstopften Autobahnen« verlagert, so der profilierte Bahn-Kenner und weiter: »Ade, ökologische Verkehrswende!«

Die EU lasse DB Cargo »am langen Arm verhungern«, bemerkte gestern Carl Waßmuth vom Bündnis »Bahn für alle«. Zugleich werde der »extrem schädliche Güterverkehr auf der Straße EU-konform mit Milliarden Euro subventioniert«, sagte er jW. Dabei stehe außer Frage, dass Deutschland den Schienengüterverkehr im Land fördern könnte, wenn die Ampel wollte. »Der einfachste Weg wäre, die Bahn gemeinnützig zu machen«, so der Aktivist, »dann wäre die EU sofort machtlos«.

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