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Aus: Ausgabe vom 24.08.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Land des wachsenden Pfeffers

Zu jW vom 21.8.: »Übergangsdesaster«

Will Herr Merz demnächst Tenno oder Nachfolger von Kishida werden? Die mir zugänglichen Informationen (so von Februar bis April 2024) besagen, Japan sei die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt. Immer nur lächeln tut und immer vergnügt ist der Herr ja. Wenn er sich dahin verzöge, wo der Pfeffer wächst, wäre mir das nur recht. Er müsste ja nicht alleine gehen. Scherz beiseite: Der ideelle Gesamtkapitalist hat es heutzutage nicht leicht. Warum hat die Evolution dem Menschen nur zwei so kurze und ungelenke Beine geschenkt? Wie konnte es geschehen, dass er sich an die Spitze der Nahrungskette setzen konnte? Bein- und intelligenzmäßig ist ihm der Oktopus weit überlegen. Mit acht saugnapfgerüsteten Beinen kann er einen weit besseren Spagat ausführen als der Merz oder der Nouripour mit ihren je zwei Käsemauken. Das Bein-Defizit-Syndrom tritt seit geraumer Zeit weltweit auf. Man muss aber auch die Kausalität historisch-materialistisch überprüfen: zuwenig Beine oder zu viele Fraktionen? Gab es früher weniger Kapitalfraktionen, z. B. nur eine oder zwei? Ist Marxens tendenzieller Fall der Profitrate schuld an der Zunahme der im Zaum zu haltenden (zu »integrierenden«) Kapitalfraktionen?

Heinrich Hopfmüller, Stadum

Hoffen wir das beste

Zu jW vom 21.8.: »FDP-Traum wird wahr«

Boris Pistorius – Spitzname »Bumm-Bumm-Boris« –, in verlauteten Umfragen beliebter Bundesminister für Verteidigung und Abschreckung, nimmt seinen Auftrag ernst. Und so verteidigt Pistorius die Washingtoner Entscheidung zur Stationierung weitreichender US-Raketen in Deutschland auch in der geschützten Bucht von Honolulu auf Hawaii, dem Paradies für Wellenreiter und Hulatänzer, Pearl Harbor in der Nähe. Hier leitet die U. S. Navy das multinationale Manöver »Rimpac 24« für Nationen mit Interesse am Indopazifik und Sorgen wegen China. Das deutsche Militär ist wieder dabei. Umgeben von frischer Meeresluft und gesundem Korpsgeist, in sicherem Abstand zum bösen Russen und Ampelalltag daheim, sagt ein gutgelaunter Pistorius, dass nun nichts mehr gegen eine offene Aussprache der beschlossenen Raketenstationierung im Parlament spricht. Hoffentlich fällt auch der böse Russe in einen Zustand gehöriger Abschreckung und wird, wenn es darauf ankommt, Raketen mit konventionellen und atomaren Sprengköpfen sorgfältig auseinanderhalten, so wie Pistorius dieses Vorhaben jetzt sorgfältig auseinanderhält vom, wie er sagt, unvergleichbaren NATO-Doppelbeschluss damals. Bis dahin, und darüber hinaus, uns viel Glück!

Joachim Fröhlich, Kirchseeon

Kleine Fische

Zu jW vom 21.8.: »Schreibkraft mitschuldig«

Mir fällt nur ein Satz ein: Die Kleinen hängt man, die Großen, die Protagonisten des Faschismus, ließ man nicht nur laufen, sie hob man in die höchsten Spitzen des altbundesdeutschen Staates, in Politik, Justiz, Militär, Geheimdienste u. v. a. Die Globkes, Gehlens, Lübkes, Kiesingers, die (Wehr-)Wirtschaftsführer, die mit dem Krieg Milliarden verdienten und das Hitlerregime ermöglichten und bis zur letzten Stunde stützten. Fast 80 Jahre hat es gedauert, bis das Wirken von Ministerien und Organisationen in der Zeit des Faschismus aufgearbeitet wurde, so manche tun sich immer noch schwer damit. Jetzt hat man wieder einmal den Schützen Arsch im letzten Glied verurteilt.

Reinhard Sandrock, Dresden

Weiterhin Defizit

Zu jW vom 21.8.: »Schreibkraft mitschuldig«

Die Verurteilung der ehemaligen KZ–Sekretärin war ebenso wichtig wie notwendig, vor allem die in diesem Zusammenhang getroffene Schuldfeststellung. Es ist bedauerlich, dass sich die bereits vor Jahrzehnten von namhaften Juristen vertretene Rechtsauffassung, dass jeder, der als »Rädchen im Getriebe« in einem Konzentrationslager die Mordmaschinerie unterstützte, der Beihilfe zur Tötung schuldig ist, erst 2011 bei der Verurteilung von John Demjanjuk durchsetzte. So entgingen viele Täter in der »zweiten Reihe« ihrer Verurteilung. Die jetzt noch gegen einzelne, fast 100jährige, durchgeführten Verfahren vermögen nicht, das Defizit bei der Strafverfolgung von Nazigewaltverbrechern in der Bundesrepublik zu beseitigen. Die Justiz hat hier auf breiter Ebene versagt.

Ralph Dobrawa, Gotha

Ersoffen im Automeer

Zu jW vom 21.8.: »FDP-Traum wird wahr«

Autolobbyismus hat zwei Zugänge. Nicht nur das kostenfreie Parken in Innenstädten anbieten, Alternativen gleichsam unattraktiver machen. Die Strategie der Lobby mit ihren Gesetzesschreiberlingen der FDP geht auf. Chapeau für soviel Engagement. Wenn ich in dreißig Jahren am kataklysmischen Hochwasser ersaufe und Rettungsversuche an all den herumschwimmenden Autowrackmassen scheitern, werde ich in den letzten Sekunden die Lindners und Kubickis herzlichst verfluchen, auf dass ihre Yachten Besuche der organisierten Orcas erhalten.

Christian Lühr, Trier

Dafür reicht’s

Zu jW vom 19.8.: »Späte Selbstkritik«

Bezeichnend ist, dass sich Herr Schirdewan direkt nach der Klatsche als EU-Wahl-Spitzenkandidat zum Fraktionschef in Brüssel wiederwählen ließ – obwohl er seinen Rückzug auf nationaler Ebene etwa zeitgleich schon andeutete. Der satirisch gemeinte Slogan »Für Europa reicht’s« von Martin Sonneborns Satire-PARTEI ist im Falle Schirdewan offenbar todernst gemeint. Erinnert an abgewählte und gescheiterte Westfunktionäre, die ab 1990 in den Osten geschickt wurden, um als Anschlussverwendung auf neue Opfer losgelassen zu werden.

Hans Wiepert, Berlin

Die jetzt noch gegen einzelne, fast 100jährigen, durchgeführten Verfahren vermögen nicht, das Defizit bei der Strafverfolgung von Nazigewaltverbrechern in der Bundesrepublik zu beseitigen.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!