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Aus: Ausgabe vom 26.08.2024, Seite 8 / Ansichten

EU-Verächter des Tages: Péter Szijjártó

Von Arnold Schölzel
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Der Zoff zwischen Budapest und Brüssel steigert sich. Am Mittwoch warf die ungarische Polizei auf Grund eines Regierungsdekrets etwa 3.000 ungarischsprachige Roma aus der Westukraine aus ihren bis dahin staatlich finanzierten Unterkünften. Der Kanzleichef von Ministerpräsident Viktor Orbán, Gergely Gulyás, sprach von »Missbrauch«, die Leute hätten längst Arbeit finden können. Bei der Gelegenheit attackierte er gleich noch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wonach Ungarn höchstrichterliche Entscheidungen zum Asylsystem nicht umsetze. Budapest soll 200 Millionen Euro sowie bei Verzug täglich eine Million Euro zahlen. Gulyás verkündete, das werde seine Regierung nicht tun, sondern: »Wenn Brüssel die Migranten haben will, dann soll es sie bekommen. Wir werden ihnen One-Way-Tickets ausstellen.«

Die Kommission schwieg. Auch am Sonntag, obwohl der ungarische Außenminister Péter Szijjártó am Samstag nachgelegt hatte. Er sagte in Budapest: »Die Tatsache, dass die Europäische Kommission erklärt hat, sie sei nicht bereit, bei der Sicherung der Energieversorgung Ungarns und der Slowakei zu helfen, deutet darauf hin, dass der Befehl aus Brüssel nach Kiew geschickt wurde, um (…) Probleme bei der Energieversorgung Ungarns und der Slowakei zu verursachen.« Kalte Füße befürchten die Orbán-Leute allerdings nicht, laut Szijjártó ist die langfristige Ölversorgung Ungarns gesichert. Vor allem aber, so die FAZ am Freitag, haben Ungarn und die Slowakei »ein mächtiges Druckmittel«: Halbjährlich muss über die Verlängerung der Russland-Sanktionen in der EU im Konsens abgestimmt werden. Bei einem Veto beide Länder könnte u. a. die Militärhilfe für Kiew nicht wie vorgesehen aus den Zinserträgen des in der EU beschlagnahmten russischen Vermögens gezahlt werden. Der Zoff kann noch wilder werden.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (25. August 2024 um 21:33 Uhr)
    Was mich an den im Artikel genannten »Streitigkeiten« stört, ist, dass Brüssel die Interessen von Nicht-EU-Bürgern vertritt und in der Energieversorgung nicht die der EU-Mitglieder Ungarn und der Slowakei, sondern die eines Nicht-EU-Landes, nämlich der Ukraine. Wenn ich ehrlich bin, vertritt Deutschland ebenfalls nicht die Interessen seiner Bürger, sondern eher die Vorgaben aus Brüssel. Seit wann ist das zur Norm geworden? In was für einer Welt leben wir, und wohin wird das führen?

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