Görlitz am Rande: Polnische Kulissen
Von Bernhard SpringLieber Freund, es ist schon sehr seltsam: Görlitz, die östlichste Stadt Deutschlands – die geteilte Stadt mit ihrer bedeutungsvollen, schweren, traumatischen Geschichte –, ausgerechnet diese Stadt wirbt damit, oberflächlich, künstlich, fantastisch zu sein, kurz: Görliwood.
Rote Sterne, die an den Walk of Fame erinnern, markieren die Drehorte zu Filmen wie »Goethe!«, »Der Vorleser« und »Werk ohne Autor«. Hinweistafeln erklären, welcher Hollywoodstar in welchem Hotel geschlafen hat. Und natürlich gibt es Führungen, teils durch die Stadt, teils in die Häuser, die sonst verschlossen sind.
Das alles ist sehr erfrischend. Besucher können sich Schlesien und der Lausitz genauso unvoreingenommen widmen wie der »Schule der magischen Tiere«, weil sich Geschichte und Geschichten in Görlitz vermischen. Das dämmt Nostalgie und Revanchismus ein – es bleibt ein interessanter, aber ungefährlicher Ausflug in die Vergangenheit.
Görliwood macht aber auch traurig, denn die Stadt wartet eben nicht nur deshalb mit so vielen Filmkulissen auf, weil sie im Weltkrieg nicht zerstört wurde. Die Gebäude können beliebig genutzt werden, weil grassierender Leerstand herrscht. So etwa im alten Warenhaus im Zentrum der Stadt. Schönster Jugendstil, imposante Freitreppe – Cineasten vertraut aus dem »Grand Budapest Hotel« – und Mahnmal einer Bummel- und Shoppingkultur, die es hier nicht mehr gibt.
Die Vermischung von Wahrheit und Trug, Realität und Fiktion ist zum Teil atemberaubend, besonders am anderen Ufer der Altstadtbrücke, im polnischen Teil der Stadt. Ein gutes Dutzend Kaufmannshäuser ist dort nach altem Vorbild wiederaufgebaut worden. Der Postplatz, den die Häuser umrahmen, gibt ein schönes Fotomotiv ab. Doch beim genaueren Hinschauen fällt auf, dass gar keine Zufahrt an das Carré führt. Und an den Fensterscheiben kleben noch die Lieferscheine. Kurz: All diese Häuser sind komplett unbewohnt. Sehr skurril – und auch erschütternd. Was geht hier vor? Was ist wirklich real?
Es gibt angenehmere, aber auch langweiligere Fragen, die man sich im Urlaub stellen kann.
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