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Aus: Ausgabe vom 27.08.2024, Seite 2 / Ausland
Ukraine-Krieg

Kiew wieder ohne Strom

Großangriff Russlands auf ukrainische Energieinfrastruktur
Von Reinhard Lauterbach
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Rauch über der ukrainischen Hauptstadt: Ziel der Angriffswelle vom Montag war unter anderem ein Wasserkraftwerk

Russland hat am Montag morgen den seit Tagen befürchteten Großangriff auf die Reste der ukrainischen Energieinfrastruktur geführt. Wie Präsident Wolodimir Selenskij am Vormittag in einer Sonderansprache bekanntgab, wurden je 100 Raketen und Kampfdrohnen verschiedener Typen abgefeuert. Nach russischen Angaben waren elf strategische Langstreckenbomber gleichzeitig in der Luft, außerdem feuerten fünf Schiffe der Schwarzmeerflotte Marschflugkörper ab. Von den einfliegenden Geschossen seien jeweils 15 abgeschossen worden, so Selenskij. Das ist eine Abschussquote, die weit unter dem langfristigen Durchschnitt liegt, und zeugt – wenn die Zahlen Bestand haben – davon, dass die ukrainische Luftabwehr einem Großangriff schlecht gewachsen ist.

Die Ziele des russischen Angriffs lagen vor allem in Kiew und in den Gebieten westlich des Dnipro bis zur selten angegriffenen Bezirkshauptstadt Luzk nordöstlich von Lwiw. In Kiew fiel großflächig der Strom und teilweise auch das fließende Wasser aus. Die Bewohner suchten U-Bahn-Stationen auf, um sich zu schützen. Erstmals wurde auch das Wasserkraftwerk von Wischgorod am Dnipro oberhalb der Hauptstadt angegriffen. Amateurvideos zeigten ein Feuer in einem Objekt auf der Staumauer; diese wurde aber offenbar nicht beschädigt. Wegen der Stromausfälle stellte das Kiewer Staatsfernsehen seinen Sendebetrieb ein, nachdem mitten in der Sendung die Studiobeleuchtung ausgefallen war. Züge blieben auf freier Strecke stehen und mussten mit Dieselloks zum nächsten Bahnhof geschleppt werden.

An der Front hat sich die Intensität der Kämpfe im russischen Grenzbezirk Kursk offenbar erhöht. Russland hat inzwischen Eliteeinheiten wie die Marineinfanterie der Schwarzmeer- und der Pazifikflotte in die Region verlegt und setzt nicht mehr nur zusammengewürfelte Wehrpflichtige ein. Das zeigt, dass die russische Führung den ukrainischen Angriff inzwischen auch militärisch ernst nimmt. Der ukrainische Präsidentenberater Michailo Podoljak sagte der polnischen Tageszeitung Rzeczpospolita, sein Land kämpfe darum, den Mythos von der Unbesiegbarkeit Russlands zu zerstören. Diese Botschaft sei insbesondere auch an die westlichen Partner gerichtet. Ihnen warf Podoljak vor, immer noch irgend welche »roten Linien« zu fürchten und deshalb die ukrainische Kriegführung zu behindern.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Rainer Erich K. aus Potsdam (27. August 2024 um 07:33 Uhr)
    Nach dem Angriff des Kiewer Regimes auf das Gebiet Kursk in Russland, war es nur eine Frage der Zeit, bis Russland massive Vergeltung übt. Im Gegensatz zur ukrainischen Kriegsführung im Donbass und im Gebiet Kursk, greift Russland keine Zivilisten an, auch wenn die westliche Propaganda etwas anderes behauptet. Die Ziele sind sorgfältig ausgewählt und versorgen allesamt den militärisch-industriellen Komplex der Ukraine. Kollateralschäden, um mal einen im Westen geprägten Begriff zu verwenden, natürlich nicht ausgeschlossen.
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (26. August 2024 um 23:17 Uhr)
    Gab es in der Ukraine keinen Geografie- und Mathematikunterricht? Zitat: »Der ukrainische Präsidentenberater Michailo Podoljak erklärte in einem Interview mit der polnischen Tageszeitung Rzeczpospolita, dass sein Land darum kämpfe, den Mythos von der Unbesiegbarkeit Russlands zu zerstören. Diese Botschaft richte sich insbesondere an die westlichen Partner« – vermutlich auch an jene, die nicht ausreichend informiert sind. Weiß Podoljak nicht, wie groß Russland ist und wie wenig Territorium die Ukraine im Vergleich dazu vorübergehend kontrolliert? So gut wie nichts! Es wäre angebracht, sowohl dem Wertewesten als auch der Ukraine eine Geschichtslektion zu erteilen: Wie die einst stärksten Armeen der Welt – die Truppen Napoleons und die Wehrmacht – in Russland kläglich scheiterten. Russland spielt mit der Ukraine, trotz westlicher Unterstützung, nach Belieben Katz und Maus!
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in H.-J. R. aus Berlin (27. August 2024 um 16:43 Uhr)
      Herr Hidy! Katz-und-Maus-Spiel würde ich diese Auseinandersetzung nicht nennen. Wäre es so, hätte Russland 2022 in wenigen Tagen oder Wochen die für das Land bestehende Gefahr siegreich absolviert bzw. es wäre dem russischen Bären gar nicht eingefallen, den Angriff als Spiel auszuführen. Was hier abläuft, bezeichne ich als ein todbringendes Spiel des Westens mit dem Feuer, bei dem die Ukraine die Rolle der zum Zündeln sich hergebenden Streichhölzer, wie die BRD oder u. a. auch Israel, sich selbst abbrennend (!), für einen Weltbrand darstellt.
      • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (29. August 2024 um 10:42 Uhr)
        Ihre Sichtweise auf die Ereignisse in der Ukraine ist ebenfalls berechtigt. Ich empfand von Anfang an, dass die militärische Überlegenheit Russlands sehr hoch war, wie man am Einmarsch und den großen territorialen Gewinnen sehen konnte. Die Russen hätten auch Kiew einnehmen können, doch dann kamen Friedensgespräche ins Spiel und eine »Fast-Vereinbarung«. Die Russen, die Kiew und das Brudervolk nicht zerstören wollten, hielten inne. Dann kam Boris Johnson, woraufhin Butscha als Vorwand diente. In der Folge musste die gesamte russische Strategie umgestellt bzw. neu ausgerichtet werden. Trotzdem hat Russland den Krieg nicht erklärt, sondern führt eine »Spezialoperation« durch, um seine Ziele zu erreichen, ähnlich die USA-Methoden weltweit. Beispiele: Die EU konnte im Jahr 2023 nicht die versprochene Million Munition für die Ukraine bereitstellen. Russland hingegen produzierte in selben Jahr drei Millionen Munition und kaufte zudem noch einiges aus Nordkorea. Der Ukraine gehen aufgrund enormer Verluste die Soldaten aus, während Russland über besser und zahlreicher ausgebildete Soldaten für ihre Kriegsgeräte verfügt. So sehe ich den Kriegsverlauf, und zugespitzt nenne ich das Geschehen ein »Katz-und-Maus-Spiel«.

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