Fusion nach Rettung
Von Fabian LinderSeit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vergangene Woche den Einstieg des Bundes bei der angeschlagenen Papenburger Meyer-Werft angekündigt hat, steht auch die zum Konzern gehörende Neptun-Werft in Rostock im Gespräch. Diese soll von den »Rettungsplänen« der Regierung aber unbehelligt bleiben.
Werft-Leiter Stephan Schmeets und der Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums von Mecklenburg-Vorpommern, Jochen Schulte (SPD), sollten die Belegschaft bei einer Versammlung der Rostocker Werft am Montag informieren, so der NDR. Nachdem die Meyer-Gruppe trotz einiger Großaufträge in Schieflage geraten ist, steht nun eine Fusion der Neptun-Werft mit dem Papenburger Stammbetrieb an.
Die Neptun-Werft soll zum Produktionsstandort für Konverterplattformen werden. Das sind Umspannwerke für Offshorewindenergie, die auf hoher See erzeugten Windstrom bündeln und über eine Kabelverbindung ans Festland bringen. Ein Joint Venture mit dem belgischen Offshorestahlbauer Smulders will voraussichtlich ab 2026 oder 2027 mit der Produktion beginnen. Ein 20 Hektar großes Geländes des Marinearsenals der Warnowwerft wurde zu diesem Zweck mit einer Laufzeit von 15 Jahren gepachtet. Doch die Neptun-Werft stellt derzeit auch zwei Betriebsstoffversorger für die Marine her. Diese würden unter Federführung der Bremer NVL-Gruppe dort gebaut, erprobt und in Betrieb genommen, hatte die Meyer-Gruppe im Juni 2023 mitgeteilt.
Bei der Meyer-Werft in Papenburg handele es sich um ein »industrielles Kronjuwel«, hatte Scholz den Beschäftigten in Papenburg vergangene Woche zugerufen. Der Bund und das Land Niedersachsen wollen einen Mehrheitsanteil an der Werft übernehmen, um deren Eigenkapital mit rund 400 Millionen Euro zu stärken. Zudem sind Bürgschaften für neue Kredite zur Schiffbaufinanzierung im Gespräch. Der Bundestag muss den Plänen noch zustimmen und die EU-Kommission das Vorhaben unterstützen. Die rund 18.000 direkt und indirekt von der Werft abhängigen Erwerbsstellen sollen laut Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) erhalten bleiben.
Hinter dem Kürzel NVL, kurz für Naval Vessels Lürssen, verbirgt sich die vormals als Lürssen Defence firmierende Rüstungssparte der Bremer Traditionswerft. Diese stellt verschiedene Schifftypen für den militärischen Bereich her und bestückt diese. Sie hält aktuell den Auftrag für vier neue Fregatten der Marine. Während sich Meyer auf den Bau spezialisiere, übernehme die NVL die »marinespezifischen Anteile (…), welche die Betreibbarkeit der Schiffe im logistischen System der Bundeswehr sicherstellen«, hatte Meyer im vergangenen Jahr mitgeteilt. Die Fusion von Neptun-Werft und dem Papenburger Stammwerk dürften eine engere Verzahnung der zivilen mit der militärisch nutzbaren Produktion bei der Meyer-Gruppe bedeuten. Die Werft produziert derzeit noch zehn Binnenkreuzfahrtschiffe sowie das Forschungsschiff »Meteor 4«, berichtete der NDR am Montag.
Die 173 Meter langen Marinetanker sollen die Betankung von Kriegsschiffen auf hoher See sicherstellen und »die Einsatzdauer von Marineschiffen im jeweiligen Operationsgebiet« erhöhen, teilte die Meyer-Gruppe im vergangenen Jahr mit. Mit dem Baubeginn der Versorgungsschiffe würden bisherige Tankschiffe erneuert, hatte das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr erklärt. »Wir sorgen damit für die Durchhaltefähigkeit maritimer Einsatzverbände durch militärische Kraftstoffversorgung auf hoher See (…) und leisten vor allem einen wesentlichen Beitrag zur Landes- und Bündnisverteidigung«, erklärte Behördenchefin Annette Lehnigk-Emden damals.
Das Land Mecklenburg-Vorpommern hatte eine Rettung der Papenburger Werft laut NDR abgelehnt. Der Bericht zitierte Landeswirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) mit den Worten, der Standort in Rostock sei »sehr gut ausgelastet« und spiele bei Plänen der Stammwerft in Papenburg »eine entscheidende Rolle«. Die geplante Produktion von Offshoreumspannanlagen sei demnach »ein wichtiges Zukunftsfeld für die Meyer-Gruppe«.
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