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Angefangen hat der Stefan

Von Gabriele Damtew
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Bloß weil der Stefan soviel Kraft hat, ist der Martin hingefallen – trotzdem: gelbe Karte für Dynamo Dresdens Stefan Kutschke im Derbie gegen Gastgeber Erzgebirge Aue (23.8.2024)

»Ich wünsche diesem Menschen nichts Gutes mehr«, brach es aus Dresdens Torjäger Stefan Kutschke im Tunnel heraus. Das Ende eines Sachsenderbys. Die letzten sechs Spielminuten hatte er schon nicht mehr auf dem Platz erleben dürfen, nach seinen letzten zwei Karten. Der mit obigem Fluch belegte Mensch, und als solcher ausdrücklich bezeichnet, war Martin Männel, seines Zeichens Torhüter von Erzgebirge Aue. Was war passiert? Im Fußball lässt sich minutiös aufdröseln, was im normalen Leben in der Hitze des Gefechts oft untergeht. Eine Augenzeugin berichtet.

Also, angefangen hat der Stefan. Er hat den Martin geschubst, als der nicht sofort den Ball zur Ecke rausgegeben hat, was den Stefan sehr geärgert hat, denn er war gerade reingekommen, um Tore zu schießen, immerhin lag Martins Mannschaft schon zwei-null vorne. Weil der Stefan soviel Kraft hat, ist Martin hingefallen. Das hat sicher wehgetan, aber Torhüter fallen gern hin, es ist sozusagen ihr Job. Es hat den Martin aber wohl eher innerlich verletzt, haben ja auch so viele im Stadion gesehen. Jedenfalls wollte der Stefan kurze Zeit später ein Tor schießen, kam aber nicht mehr ran, der Ball und der Martin waren schneller, aber der Martin hat es auch noch ganz schnell geschafft, den Stefan zu treten, was nur der Stefan gesehen (und gespürt) hat und die TV-Kamera, einen VAR gibt es in der dritten Liga zum Glück nicht, zum Glück auch für den Martin. Der Stefan ist deshalb ausgeflippt (also nicht wegen keinem VAR, sondern dem Tritt) und hat wieder deshalb vom Schiri Gelb gesehen, hätte er eigentlich vorher verdient gehabt, aber nicht wirklich jetzt. Martin hätte mindestens Gelb oder auch Rot kriegen müssen, der Schlingel. Hat aber, wie gesagt, niemand Wichtiges gesehen. Wo kein Richter, da kein Henker, hat meine Stiefoma immer gesagt, und die musste es wissen, denn sie war sozusagen im Widerstand. Ach so, und die Hände wollten sie sich auch nicht geben, so was haben wir schon im Kindergarten gelernt, und dann sind die beiden auch noch Kapitäne! Aber Leute, die Geschichte geht noch weiter, wer am Anfang aufmerksam war, weiß das. So gegen Schluss hat der Martin einen dankbaren Ball gehalten. Der Stefan hat zwei Meter dahinter gestanden, bereit zum Einschuss. Nun war der Stefan noch irgendwie wütend und tief verletzt, wieder innerlich, und hat den Martin angerempelt, als der den Ball zu einem Mitspieler werfen wollte. Da haben natürlich alle sofort geschrien im ausverkauften Stadion von Aue, aus verschiedenen Gründen, kann man sich ja denken. Der Schiri hat nicht geschrien, sondern dem Stefan Gelb-Rot gezeigt. Das war es für ihn gewesen, auch für das nächste Spiel. So war’s.

Danke! Aue führt mit makellosen neun Punkten die Tabelle an. Mensch des Spiels Marvin Stefaniak: ein Assist, ein Tor und hinten immer im Weg. Aues gutgelaunter Trainer, Pavel Dotchev, wollte nach dem 2:0 ein Glas Wein trinken. Es soll sehr gute bulgarische Rotweine geben. Die kriegt man hier selten zu kaufen, die Bulgaren trinken sie lieber selber.

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