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Aus: Ausgabe vom 28.08.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Klimaschutzpolitik

Flutkatastrophe in Bangladesch

Nach politischem Erdbeben sind nun elf Distrikte aufgrund von Hochwasser überflutet
Von Thomas Berger
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Es geht ums nackte Überleben für Hunderttausende – Opferzahlen steigen im Tagestakt (Feni, Bangladesch, 25.8.2024)

Die Zahl der Todesopfer steigt: Laut Angaben des Katastrophenschutzministeriums von Bangladesch vom Montag (Ortszeit) sind mindestens 23 Personen in den Fluten der vergangenen Tage umgekommen. Behörden des südasiatischen Landes dürften auch in den Folgetagen die Opferzahlen nach oben korrigieren. So harren, wie die Zeitung The Daily Star unter Berufung auf die amtlichen Quellen schreibt, inzwischen mindestens 415.000 Menschen in den gut 3.600 eingerichteten Nothilfezentren aus. Und die Gesamtzahl der Betroffenen stieg zunächst auf 5,2 Millionen, nun sogar schon auf 5,5 Millionen. Mehr als eine Million Personen sollen mindestens temporär ihre Häuser verloren haben. Wieviel sich von dem, was an Gebäudesubtanz teilweise noch steht, reparieren und wiederaufbauen lässt, bleibt abzuwarten. Eine Schadensbilanz fehlt bislang.

In elf Distrikten stehen Gebiete aber noch großflächig unter Wasser. Besonders hart hat es auch die normalerweise etwa 250.000 Einwohner zählende Großstadt Feni im Südosten getroffen, die nur wenige Kilometer von der Grenze zum indischen Unionsstaat Tripura entfernt liegt. Im gesamten Distrikt Feni sind es allein 1,5 Millionen Menschen, die von den Wassermassen überrascht wurden. Unter anderem seien 75 Prozent der Mobilfunkmasten in der Region nach wie vor außer Betrieb, hieß es am Montag von der Kontrollbehörde BTRC. Betreiber wie Grameenphone, Banglalink, Summit, Robi und Edotco seien dabei, in allen elf Distrikten unterbrochene Verbindungen wiederherzustellen. Dies könne aber dauern. Hilfseinsätze werden damit zusätzlich erschwert. Seit Montag nacht rollen erste Züge wieder auf der vier Tage unterbrochenen Bahnstrecke Dhaka–Chittagong zwischen den beiden größten Metropolen.

Größere Überflutungen sind in Bangladesch während der Monsunzeit keine Seltenheit. Schließlich liegt die Fläche mit Ausnahme des Berglandes der Chittagong Hills im Schnitt kaum 20 Meter über dem Meeresspiegel, in den Küstengebieten sogar 86 Prozent keine fünf Meter. Der fortschreitende Klimawandel verstärkt die ohnehin vorhandenen Gefahren aber weiter. Besonders starke Niederschläge haben nun verschiedene Flüsse im ausgedehnten Deltabereich des Ganges-Brahmaputra-Systems über die Ufer treten lassen. Manche dieser Flussläufe sind gänzlich unreguliert, andere durchfließen ein Stück stromauf bergige Abschnitte, wo es Staustufen zu Stromerzeugung und Wasserrückhalt gibt. Manche dieser Stauseen haben nur ein sehr beschränktes Fassungsvermögen, so dass ein kontrolliertes Ableiten nicht mehr möglich ist, sondern die Mauern der Staudämme schlicht überspült werden. Andernorts sind es die geöffneten Schleusen, die ein Stück stromab alles unter Wasser setzen – so auch in Feni mit einem in Tripura gelegenen Damm. »Das ist alles indisches Wasser«, ereiferten sich Stadtbewohner in einem CNN-Bericht über angebliche Fehlentscheidungen auf indischer Seite zu Lasten der Bevölkerung im benachbarten Bangladesch.

Erst Ende Mai hatte der Zyklon »Remal« in neun küstennahen Distrikten gewütet und Gesamtschäden von 7,8 Milliarden US-Dollar verursacht – der bislang kostenträchtigste Tropensturm in der Landesgeschichte. 3,7 Millionen Menschen waren seinerzeit betroffen. In der aktuellen Krise kommt nun ein Faktor erschwerend hinzu: Bangladesch hat gerade einen Regierungssturz erlebt, als eine studentisch angeführte Massenbewegung die seit 15 Jahren regierende Premierministerin Sheikh Hasina zum Rücktritt zwang. Seit anderthalb Wochen ist zwar die Übergangsadministration unter Muhammad Yunus im Amt. Viele Ministerien und Behörden sind aber nach wie vor nur eingeschränkt arbeitsfähig: Leitende Posten sind noch vakant oder gerade erst neu besetzt, bei vielen Beschäftigten staatlicher Stellen herrscht weiter große Unsicherheit. Yunus hat Indien mit Blick auf das ebenfalls stark betroffene Tripura vorgeschlagen, Nothilfemaßnahmen grenzüberschreitend zu koordinieren.

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