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Aus: Ausgabe vom 30.08.2024, Seite 16 / Sport
Beim Fananwalt

Es­p­rit de Corps

Von René Lau
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Polizeibeamte sind schon eine besondere Spezies. Sie sind die Ordnungshüter. Sie sollen die Einhaltung der Gesetze überwachen und haben dabei das Monopol der Gewaltausübung. Dennoch ist für viele von uns der Polizist weder der gute alte »Schutzmann« noch der beliebte »Freund und Helfer«, sondern wird eher ambivalent betrachtet. Für die einen ist er immer noch eine Respektsperson, für andere eher notwendiges Übel, wenn nicht gar eine Art Asphaltrambo.

Als Strafverteidiger habe auch ich eine eher differenzierte Haltung zur Polizei. Zu oft habe auch ich sie vor oder im Stadion mir gegenüber respektlos erlebt. Von Polizeigewalt ganz abgesehen, die ich vielfach schon selbst erfahren habe oder beobachten konnte. Ganz speziell wird es, wenn Beamte als Zeugen vor Gericht auftreten. Stets haben sie im Verhältnis zu den »normalen Zeugen« einen Vertrauens- und Glaubensvorschuss bei Gericht und Staatsanwaltschaft. Schließlich sagen Beamte doch stets die Wahrheit und kennen meinen Mandanten, den Fußballfan, persönlich doch gar nicht. Warum sollte der Beamte ihm denn Böses wollen? Das sind natürlich falsche Annahmen. Jeder Polizeizeuge hat ein Interesse an seinem Fall. Schließlich war er es, der das Verfahren erst in Gang gesetzt hat oder selbst Tatzeuge ist.

Aber wehe, es sitzt einmal ein Kollege auf der Anklagebank. Dann hat man oft Erinnerungslücken, oder die Aussagen der Polizeizeugen sind Blaupausen der Aussagen ihrer Kollegen. Schließlich will man dem angeklagten Kollegen ja zur Seite stehen. Viele nennen es Korpsgeist, für den Beamten geht es um seine »Polizeifamilie«. Zu erleben war das zuletzt im Verfahren am Landgericht Augsburg, in dem ein Beamter des USK wegen eines abgegebenen Schusses im Zusammenhang mit dem Bundesligaspiel zwischen Augsburg und Mönchengladbach zum Auftakt der vorherigen Saison angeklagt war.

Wenn ein Staatsanwalt ob der abgesprochenen Aussagen der Beamten mehrfach laut auf den Tisch haut, mag das schon was heißen. Und wenn der Richter dann davon spricht, dass »mehr abgestimmte Aussagen fast nicht denkbar seien«, weiß ein jeder, was im Gerichtssaal los war.

Erst wenn Polizeizeugen keinen Bonus mehr genießen und ihre Aussagen so wie die anderer Zeugen bewertet werden, kann man auch als Fußballfan einen Gerichtssaal wieder mit mehr Vertrauen betreten. Und erst wenn auch vermehrt wegen »uneidlicher Falschaussage« gegen Polizeizeugen ermittelt wird, kommen diese vielleicht von ihrem Korpsgeist los.

»Sport frei!« vom Fananwalt.

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