Stunk um HHLA-MSC-Deal
Von Burkhard IlschnerIn Hamburg brennt die Luft – schuld ist nicht die heiße Sommersonne, sondern der geplante »HHLA-MSC-Deal«. Also die seit fast einem Jahr heftig diskutierte Fusion des lokalen Hafenlogistikers HHLA mit der weltgrößten Containerreederei MSC. Die Aktionswoche der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und zivilgesellschaftlicher Organisationen unter dem Motto »MSC-Deal stoppen« endet an diesem Sonnabend mit einer an den Landungsbrücken beginnenden Demonstration »am Rathaus vorbei zur HHLA-Zentrale in der Hafencity«. Laut aktueller Planung soll die Hamburgische Bürgerschaft am Mittwoch nächster Woche den die Fusion regelnden Vertrag final beschließen, das war vor sieben Wochen noch gescheitert.
Wenn es denn dazu kommt: Bislang sind die führenden Kräfte von SPD und Bündnis 90/Die Grünen angesichts ihrer Zweidrittelmehrheit in der Bürgerschaft davon ausgegangen, dass nichts die benötigten Beschlüsse würde verhindern können. Eine zugleich selbstbewusste und überhebliche Haltung. Aber nun wächst der Widerstand in unerwartetem Tempo. Punktuell zumindest.
Über die Gegenargumente der Hafenarbeiter und ihrer Gewerkschaft sowie der parlamentarischen Opposition, maßgeblich der Linkspartei und ihres Hafenexperten Norbert Hackbusch, hatte jW wiederholt berichtet. Neu indessen ist der zunehmende Unmut in der Sozialdemokratie. Einige namhafte Vertreter hatten bereits ihren Parteiaustritt verkündet. Ferner zirkuliert ein »Offener Brief an die sozialdemokratischen Abgeordneten in der Hamburgischen Bürgerschaft« vom »Forum Demokratische Linke für das 21. Jahrhundert Hamburg/Schleswig-Holstein« (DL21).
Mit teils harschen Worten erinnern die bislang vier Dutzend Unterzeichner an die mehr als 800jährige Geschichte des Hamburger Hafens als Ausgangspunkt vieler Kämpfe für sozialere Verhältnisse und gegen Kriege und Diktaturen. Und sie mahnen, es habe sich gezeigt, dass Privatisierungen öffentlicher Infrastruktur immer nur private Monopolmacht stärkten, nachhaltig die Staatskassen belasteten und die Lage von Beschäftigten wie der Gesamtbevölkerung verschlechterten. Es gehe um eine historische Entscheidung für die Stadt, schließt der Appell: »Wir fordern Euch auf, den Deal mit MSC abzulehnen.«
Auch der Landesverband der Grünen Jugend hat sich mittlerweile dazu durchgerungen, den MSC-Einstieg bei der HHLA abzulehnen. Dies werde die Hafenwirtschaft nicht funktionsfähiger machen, »sondern dient lediglich der Rentabilität eines einzelnen Konzerns«, zitierte dpa den Landessprecher Berkay Gür: »Der vermeintliche Erfolg eines einzelnen Unternehmens hat keinen Wert für den Wohlstand für die Stadtgesellschaft.«
Zeitgleich hat auch das Hamburger Arbeitsgericht dazu beigetragen, den Widerstand zu stärken. Am Donnerstag erklärte die Kammer die Kündigung der MSC-Tochter Medrepair gegen ihren Betriebsratsvorsitzenden Slawa Fur für unwirksam. »Die Strategie der Geschäftsführung, einen kritischen und engagierten Kollegen loswerden zu wollen, ist gescheitert«, kommentierte Verdi-Sekretär Lars Stubbe in einer Pressemitteilung. »Dieser Sieg zeigt, dass wir gemeinsam stark sind und etwas erreichen können.«
Am Freitag schließlich war im Hamburger Hafen wieder einmal Stillstand angesagt: Verdi hatte die HHLA-Beschäftigten aller Bereiche – nicht nur an den Terminals, auch technisches und kaufmännisches Personal – in einen eintägigen Streik gerufen. Die Gewerkschaft fordert einen Sozialtarifvertrag, über den seit vielen Monaten erfolglos verhandelt wird. Er soll die Belegschaft gerade mit Blick auf den befürchteten MSC-Einstieg vor den Folgen eines geplanten Konzernumbaus schützen. Die HHLA will die Umschlagprozesse automatisieren, also Stellen streichen. Zudem sollen die Hafenarbeiter, bislang angestellt bei HHLA-Tochterfirmen für einzelne Terminals, in eine neue Organisationseinheit »Umschlag« wechseln. Auch dies, so die Befürchtung, werde zur Vernichtung von Arbeitsplätzen führen – für die Verbleibenden indes würden sich ständig ihre Einsatzorte ändern und die Arbeitsbelastung deutlich ansteigen. Zudem gefährde das, so Verdi, die Jobsicherheit beim Gesamthafenbetrieb (GHB), der bislang als flexibler Personaldienstleister im Hafen hilft, die wechselnden Beanspruchungen abzupuffern.
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