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Aus: Ausgabe vom 31.08.2024, Seite 7 / Ausland
Südamerika

Keine Einigkeit über Venezuela

EU erzielt keinen Konsens zu Vorgehen nach Wahlen. Schwindender Rückhalt für Opposition
Von Julieta Daza, Caracas
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Vorerst keine Sanktionen und Anerkennung des Oppositionskandidaten von seiten der EU

Rund einen Monat nach den Präsidentschaftswahlen in Venezuela herrscht noch immer Aufregung über deren Ergebnis. Nach dem Treffen der EU-Außenminister am Donnerstag in Brüssel, bei dem auch die Lage in dem südamerikanischen Land zur Sprache kam, gibt es, obwohl Nicolás Maduro nicht als Staatschef akzeptiert wird, anscheinend auch keine Übereinkunft über die Anerkennung des rechten Oppositionskandidaten Edmundo González. Dabei war er sogar per Video zugeschaltet. »Diplomatische Quellen Spaniens« äußerten gegenüber der Agentur Efe, die Außenminister hätten die Möglichkeit weiterer Sanktionen erwogen, es sei aber »keine Einigung erreicht« worden. Nach der Wahl am 28. Juli hatte der Nationale Wahlrat (CNE) Maduro mit 51,95 Prozent der Stimmen zum wiedergewählten Präsidenten der Bolivarischen Republik ernannt. An zweiter Stelle stehe mit 43,18 Prozent der Stimmen González. Dieser war vor den Wahlen praktisch unbekannt und kommt von der rechten und US-hörigen Oligarchie.

Die ebenfalls US-hörige Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) setzte am Mittwoch eine weitere Sitzung zu Venezuela an. Diese war unter anderem von Argentinien, Chile, Ecuador, Peru, Uruguay und den Vereinigten Staaten einberufen worden. Dabei habe man laut Medienberichten, unter anderem der Los Angeles Times, über die »Praktiken des Staatsterrors« in Venezuela beraten. Daraufhin erinnerte das progressive Regionalbündnis ALBA-TCP, dem auch Kuba, Nicaragua und Bolivien angehören, am Donnerstag in einem Kommuniqué daran, dass Venezuela seit 2019 kein Mitglied der OAS mehr ist und dass diese somit keine Befugnis habe, sich mit Angelegenheiten der Bolivarischen Republik zu befassen. »Venezuela ist ein souveräner, freier und unabhängiger Staat (…) mit einem weltweit einzigartigen Modell der Volksdemokratie: der partizipativen Demokratie«, so die ALBA-TCP. Gefordert wird, den Willen des venezolanischen Volkes und die Institutionen des Landes zu respektieren. Die OAS solle sich »mit ihren eigenen Angelegenheiten und den sozialen, wirtschaftlichen und Regierungskrisen befassen, unter denen mehrere ihrer Mitgliedstaaten, insbesondere die Vereinigten Staaten, leiden«, so das Bündnis weiter.

Unterdessen scheint die soziale Lage im Lande stabil, doch auf politischer Ebene wird weiterhin stark mobilisiert. An einer Volksbefragung nahmen vergangenen Sonntag mehr als 4.000 organisierte Gemeinden teil. Ziel dieser »Consulta Popular« war es, dass jede von der »Volksmacht« organisierte »Kommune« für ein Projekt für die Gemeinde abstimmen sollte, das staatlich finanziert werden wird. Es handelt sich bereits um die zweite Volksbefragung dieser Art; die erste war im April abgehalten worden.

Auf den Straßen wiederum gab es allein am Mittwoch in der Hauptstadt Caracas sowohl eine Demonstration von Regierungssympathisanten als auch eine Kundgebung der Opposition – ein Bild, das es auch in weiteren Städten Venezuelas gab. Zum Abschluss der ersten Demonstration durch das Stadtzentrum vereidigte Maduro die am Dienstag neu ernannten Ministerinnen und Minister seines Kabinetts. Die gegnerische Seite hatte unter der Losung »Acta mata sentencia« (etwa »Wahlakten besiegen Gerichtsurteil«) zur Versammlung aufgerufen, und dort sprach die eigentliche Anführerin dieses Teils der rechten Opposition, María Corina Machado. »Das Urteil des Obersten Gerichtshofs hat die Regierung in eine sehr schlechte Lage gebracht, da die meisten Länder es nicht anerkennen«, so Machado auf einer überschaubar besuchten Veranstaltung. Gemeint war das Urteil der Wahlkammer des Obersten Gerichtshofs (TSJ), das nach Prüfung des Wahlmaterials Ende vergangener Woche die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl bestätigt hatte.

Im bisher letzten offiziellen Statement nahm der CNE am Montag das Urteil des TSJ an. Für einige Stunden war auch das Webportal des CNE wieder aktiv, das seit den Wahlen nicht aufrufbar gewesen war. Danach jedoch nicht mehr, was vom staatlichen Fernsehsender VTV mit einer weiteren Cyberattacke begründet wurde. Seit den Wahlen prangert die Regierung zahlreiche und intensive Attacken gegen Websites und Onlinekommunikationskanäle vieler Institutionen Venezuelas an.

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