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Aus: Ausgabe vom 31.08.2024, Seite 8 / Inland
Friedensbewegung

»Die Loyalität zur Kriegspolitik bekommt Risse«

Friedensbewegung mobilisiert bundesweit zur Demonstration am 3. Oktober in Berlin. Ein Gespräch mit Willi van Ooyen
Interview: Milan Nowak
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Gegen Krieg und Aufrüstung: Demonstration in München (24.4.2024)

Sie organisieren am 3. Oktober in Berlin die bundesweite Friedensdemonstration »Nie wieder Krieg!«. Wieso gerade am »Tag der Deutschen Einheit«?

Die Initiative »Die Waffen nieder!« hat sich nach den Demonstrationen am 15. Februar 2023 und 25. November 2023 gebildet. Nach den Ostermärschen hatten wir uns darauf verständigt, die Haushaltsberatungen für das kommende Jahr zum Anlass zu nehmen, unseren Protest gegen »Kriegstüchtigkeit« und Aufrüstung bei gleichzeitigem Sozialabbau wieder auf der Straße sichtbar zu machen. Wir wollen am 3. Oktober nicht das »kriegstüchtige« Deutschland feiern, sondern uns für eine friedliche Innen- und Außenpolitik einsetzen.

An wen richtet sich Ihr Protest?

Wir wollen diese Demonstration so offen, kreativ und partizipativ wie möglich gestalten. Wir haben einen sehr weit gefassten Aufruf zur Demonstration veröffentlicht. Wir fordern ein Ende der Waffenlieferungen, den Abzug von Atomwaffen und Mittelstreckenraketen. Die Bundesregierung muss militärisch abrüsten und statt dessen in Bildung, Gesundheit, Klimaschutz, Infrastruktur und den Sozialstaat investieren!

Wir möchten die Friedensbewegung stärken und viele unterschiedliche Kräfte zum gemeinsamen Handeln ermutigen. Deshalb haben wir vorgeschlagen, eigenständige Aufrufe aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen und Aufrufe von Organisationen und Initiativen zu machen – ohne uns inhaltlich zu verengen.

Jüngst lehnte die SPD-Parteiströmung Demokratische Linke, DL, die Stationierung der Mittelstreckenraketen ab. Wie sehen Sie die Chancen auf ein Umdenken in der Bundespolitik?

Die breite Unterstützung für die Demonstration zeigt sich sicher auch im Aufruf der DL in der SPD. Aber auch aktuelle Umfragen bestätigen eine beginnende Abwendung von der unerträglichen täglichen Kriegspropaganda. Die Loyalität zur offiziellen Kriegspolitik bekommt Risse. Mit der Zustimmung von Kanzler Scholz zur Stationierung neuer Mittelstreckenwaffen hat unser Protest noch mehr Resonanz gefunden.

Sie waren schon in den 1980er Jahren in der Friedensbewegung aktiv. Könnte es noch einmal zu Großdemonstrationen wie 1981 bis 1983 im Bonner Hofgarten kommen?

Die Situation ist nicht vergleichbar. In den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es ein Klima, das von einer Entspannungspolitik, den Ideen der gemeinsamen Sicherheit, der Helsinki-Konferenz und einer massenhaften Kriegsdienstverweigerung im Land geprägt wurde. Die Durchsetzung des »NATO-Doppelbeschlusses« durch Helmut Schmidt war gesellschaftlich nur schwer möglich. Trotz Diffamierungen der Friedensbewegung, der Berufsverbote und dem anhaltenden Antikommunismus – übri­gens auch in der Friedensbewegung – gelang es, vier Millionen Unterschriften unter dem Krefelder Appell zu sammeln. Wir werden länger brauchen, um ein solches politisches Klima zu erreichen.

Wer unterstützt die Demonstration?

Neben vielen traditionellen Organisationen der Friedensbewegung wie Pax Christi, der IPPNW, dem Bundesausschuss Friedensratschlag, unterschiedlichen Friedensinitiativen und -organisationen im ganzen Land rufen auch Gruppen aus den Parteien SPD, Die Linke und BSW zur Demonstration auf. Viele Persönlichkeiten haben sich als Unterstützer gemeldet. Der Aufruf kann auf unserer Homepage unterschrieben werden.

Wie läuft die Mobilisierung?

Wir bitten alle, als Multiplikatoren aktiv mitzuwirken, diese Demonstration anzukündigen und für möglichst viele Teilnehmer zu sorgen. Neue Aktive sollen gewonnen werden und im Zusammenhang mit dem Antikriegstag neue Friedensinitiativen gegründet werden. Vor Ort sollen Veranstaltungen und Aufklärung organisiert werden. Die Fahrt nach Berlin soll überall zu einem gemeinsamen Friedensereignis gemacht werden. Wir bitten alle Möglichkeiten der sozialen Medien zu nutzen und Plakate oder auch die Zeitung gegen den Krieg zu bestellen.

Willi van Ooyen ist Kosprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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