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Aus: Ausgabe vom 02.09.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Wirtschat in Venezuela

Zweites Quartal der Erholung

Die venezolanische Zentralbank hat im ersten Halbjahr ein deutliches Wirtschaftswachstum verzeichnet. Finanzinstitut OVF widerspricht
Von Volker Hermsdorf
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Am Freitag war die Stromversorgung in Venezuela zeitweise landesweit ausgefallen

In Venezuela hält der Streit um das Wahlergebnis weiter an. Doch nicht nur das: Auch die ökonomische Entwicklung des Landes ist umstritten. Nach Angaben der Zentralbank (Banco Central de Venezuela, BCV) verzeichnete die Wirtschaft trotz Sanktionen der USA und der EU auch im zweiten Quartal ein Wachstum von mehr als acht Prozent. Der rechten Opposition nahestehende Institute bestreiten die offiziellen Daten allerdings. Sie verweisen auf eigene, deutlich schlechtere Umfrageergebnisse und Prognosen. Ungeachtet derartiger Differenzen mussten Betriebe und Privathaushalte am Freitag eine Unterbrechung der Stromversorgung in weiten Teilen des Landes hinnehmen. Die Regierung führte dies auf einen Anschlag militanter rechter Gruppen zurück.

Präsident Nicolás Maduro sieht das Land mit Blick auf die Angaben der Zentralbank auf einem »echten Erholungspfad«. Anlass für den Optimismus war unter anderem die von der BCV am Donnerstag veröffentlichte Mitteilung, der zufolge das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 8,78 Prozent gestiegen ist. Für die ersten drei Monaten hatte die Zentralbank zuvor ebenfalls einen Anstieg um 8,4 Prozent gemeldet. Die Inflation sei im Juli mit 0,7 Prozent auf den niedrigsten Stand seit Jahren gefallen, erklärte Maduro. »Im Jahr 2024 können wir sagen, dass wir die Hyperinflation besiegt haben«, erklärte er bei einem Treffen mit Vertretern des Banken-, Versicherungs- und Wertpapiersektors, das vom staatlichen Sender VTV übertragen wurde.

Die der Opposition nahestehende Finanzbeobachtungsstelle »Observatorio Venezolano de Finanzas« (OVF) bestreitet die Angaben der Zentralbank allerdings. Die von westlichen Medien oft zitierte Einrichtung hatte am 14. August eine »Umfrage zu den Wirtschaftserwartungen« veröffentlicht, die sich nach eigenen Angaben »auf die Meinungen von Wirtschafts- und Finanzexperten stützt«. Diese namentlich nicht benannten Fachleute rechnen demnach mit »einem starken Rückgang der Wirtschaftswachstumsprognose« um Minus zwei Prozent. Die kumulierte Inflation habe zudem im ersten Halbjahr 2024 bei 18,1 Prozent gelegen, nachdem sie im Juni einen durchschnittlichen Preisanstieg von 2,4 Prozent verzeichnet hatte, so die Stelle. Die von Präsident Maduro beschriebene Erholung führte die deutsche Zeitschrift Capital am Sonntag auf einen höheren Absatz der wichtigen Ölindustrie des Landes zurück.

Das OVF hatte im September 2020, kurz nachdem sich Rechtspolitiker Juan Guaidó zum Interimspräsidenten ernannt hatte, das Forum »Ein Blick in die Zukunft für Venezuela« veranstaltet. Dort forderten »Experten« der von der Organisation Amerikanischer Staaten gegründeten Interamerikanischen Entwicklungsbank mehr »Engagement zur Rettung der Demokratie und zum Wiederaufbau Venezuelas«. Konkret plädierte das OVF-Forum für eine »Öffnung« der Wirtschaftspolitik, »damit Unternehmen investieren und den Erdölsektor nutzen können«.

Maduro setzt auf eine Integration in die BRICS-Staaten. Beim Treffen mit den Wirtschaftsvertretern hatte er am Donnerstag den »Übergang« zu »einem neuen geopolitischen und wirtschaftlichen Modell« angekündigt. »Heute sind die wirtschaftlichen Machtblöcke nicht mehr da, wo sie früher waren, und das ist ein unumkehrbarer Trend in der Wirtschaftsgeschichte im 21. Jahrhundert«, sagte er. Weil eine multipolare Welt entstehe, entwickle sich eine neue »Weltgeoökonomie«, in der Blöcke wie die BRICS-Länder stärker an Bedeutung gewännen.

In den 24 Bundesstaaten des Landes kam es tags darauf zum längsten Stromausfall seit den Anschlägen auf den Guri-Staudamm im Jahr 2019. In ersten Erklärungen machten die Behörden die faktische Oppositionsführerin María Corina Machado und Anhänger des Präsidentschaftskandidaten Edmundo González für den »kriminellen Angriff« verantwortlich. Die Minister für Kommunikation und Inneres, Freddy Ñáñez und Diosdado Cabello, erklärten, der dadurch verursachte Stromausfall sei Teil eines Putschplans der Rechten. Oppositionspolitiker wiesen das erwartbar zurück.

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