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Aus: Ausgabe vom 03.09.2024, Seite 4 / Inland
Gedenken an »Trostfrauen«

»Friedensstatue« soll weg

Denkmal für »Trostfrauen« von Abriss bedroht
Von Minkyung Seo
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Zu »einseitig«: Denkmal für Zwangsprostitutierte im Pazifikkrieg in Berlin (7.10.2022)

Am Freitag besuchte eine Gruppe südkoreanischer Parlamentarier die deutsche Botschaft in Seoul, um ein Protestschreiben gegen die Entfernung der Berliner »Friedensstatue Ari« zu überreichen. Die südkoreanischen Parlamentarier reagierten damit auf die Entscheidung des Berliner Bürgermeisters Kai Wegner (CDU), die Bronzestatue zu entfernen. Während eines Besuchs in Japan im Mai anlässlich des 30jährigen Bestehens der Städtepartnerschaft Berlin-Tokio war Wegner mit der japanischen Außenministerin Yōko Kamikawa zusammengetroffen und hatte erklärt, zukünftig dürfe keine »einseitige Darstellung« mehr stattfinden.

Die Statue zeigt ein sitzendes Mädchen und ist ein Denkmal für die sogenannten Trostfrauen – Zehntausende Mädchen und Frauen, die während des Pazifikkriegs im Zweiten Weltkrieg vom japanischen Militär sexuell ausgebeutet wurden. Viele der Opfer wurden in den von der japanischen Armee eroberten Gebieten, vor allem Korea, zwangsrekrutiert oder in betrügerischer Weise angeworben. Ihre Geschichte blieb in der Nachkriegszeit lange verborgen und wurde erst in den 90er Jahren öffentlich diskutiert.

Koreanische Betroffene und zivilgesellschaftliche Organisationen begannen am 8. Januar 1992 einmal die Woche vor der japanischen Botschaft in Seoul zu protestieren, was als »Mittwochsprotest« bekannt wurde. Am 14. Dezember 2011, dem tausendsten Tag des Protests, wurde die erste Statue zum Gedenken an die Opfer vor der japanischen Botschaft in Seoul aufgestellt. Derzeit gibt es 148 solcher Statuen in Korea und 31 in Übersee. Die japanische Regierung hat sich im Laufe der Jahre mehrfach offiziell bei der südkoreanischen Regierung entschuldigt.

Die Statue »Ari« in Berlin-Moabit wurde 2020 eingeweiht. Unmittelbar nach der Aufstellung im September protestierte die japanische Regierung. Statuen wie diese zielten darauf ab, den Ruf des japanischen Volkes zu schädigen, bemängeln regelmäßig Kritiker aus Japan. Bereits im Oktober 2020 ordnete der Bezirk Berlin-Mitte schließlich die Entfernung der »Friedensstatue« an, die derzeit aufgrund einer einstweiligen Verfügung vom Korea-Verband e. V. aufgeschoben ist. Am 28. September soll »Ari« endgültig entfernt werden.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Thomas M. aus Rudolstadt (2. September 2024 um 20:31 Uhr)
    Wer solche Politiker hat, der braucht keine Feinde mehr. Thomas
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (2. September 2024 um 20:02 Uhr)
    Es gibt vieles, wofür sich deutsche Politik abgrundtief schämen müsste. Eine Statue, die an die koreanischen »Trostfrauen« der japanischen Militärkamarilla im Zweiten Weltkrieg erinnert: Dafür braucht sich Berlin nie und nimmer zu entschuldigen. Unser Regierender Bürgermeister trauert regelmäßig und öffentlich um die »Opfer von Mauer und Stacheldraht«. Und verweigert Zehntausenden Opfern der japanischen Militärs seine Achtung. Das ist einfach nur perfide!