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Aus: Ausgabe vom 03.09.2024, Seite 7 / Ausland
Mexiko

Front gegen Justizreform

Mexiko: Rechte Opposition, Bundesrichter und USA gegen Vorschlag von Nochpräsident López Obrador
Von Volker Hermsdorf
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Farbenrevolution im Kommen: Kaum soll die Justiz demokratisiert werden, schickt die Reaktion ihr Fußvolk auf die Straße (Mexiko-Stadt, 1.9.2024)

Mit Spannung werden in Mexiko die parlamentarischen Beratungen am Dienstag und Mittwoch erwartet. In dem nach den Wahlen vom 2. Juni neu zusammengesetzten Abgeordnetenhaus soll dann nämlich über eine im In- und Ausland kritisierte Justizreform diskutiert werden. Das von Präsident Andrés Manuel López Obrador Anfang des Jahres vorgestellte Paket wird von der rechten Opposition und Teilen des Justizapparates abgelehnt. Unter anderem sollen Richter und Staatsanwälte des Obersten Gerichtshofs und Bezirksrichter ab kommendem Jahr durch die Bevölkerung gewählt werden. Außerdem können Kammervorsitzende, die Urteile gegen Mitglieder des organisierten Verbrechens fällen, zu ihrem Schutz anonymisiert werden. Konservative Kritiker bezeichnen die Pläne als Angriff auf die Gewaltenteilung. US-Botschafter Kenneth Salazar warnte in einem Brief sogar vor einem »Risiko für die Demokratie«. Die US-Regierung betrachtet die Reformpläne nach Aussagen des Diplomaten als »Bedrohung für die Handelsbeziehungen« und des mit den USA und Kanada vereinbarten Handelspaktes T-Mec. López Obrador verbat sich gegenüber Washington die »Einmischung in innere Angelegenheiten« seines Landes und legte die Beziehungen zur Botschaft Washingtons vorerst auf Eis.

Für eine weitere Kontroverse sorgte am Wochenende der Versuch von zwei Bundesrichtern, die Parlamentsdebatte mit einer als »Amparo« bezeichneten Klage von Bezirksgerichten in Morelos und Chiapas aussetzen zu lassen. Vertreter der aus der sozialdemokratischen Morena-Partei, der sozialistischen Arbeiterpartei PT und der mexikanischen Grünen Partei gebildeten Regierung wiesen das als »Versuche einiger Richter zurück, die demokratische Ordnung zu untergraben«. Auch die Tageszeitung La Jornada kommentierte am Sonntag: Die Klage zeige, »dass viele, vielleicht fast alle Mitglieder der Justiz Vetternwirtschaft, Korruption, Willkür und Machtausübung jenseits jeglicher demokratischer Kontrolle als ihre Rechte verstehen, die sie verteidigen, selbst, wenn dies bedeutet, die Einmischung ausländischer Kräfte zu fördern«. Genau deshalb sei die geplante Reform notwendig, »um die Willkür der Richter einzudämmen, zu gewährleisten, dass ihre Entscheidungen mit dem Gesetz und der Demokratie in Einklang stehen, und um die Korruption auszumerzen«. Die Zeitung brachte damit den Kern der Kontroverse auf den Punkt. Doch obwohl die angestrebten Maßnahmen keine Auswirkungen auf Gehälter und Leistungen derjenigen haben, die keine hochrangigen Beamten sind, beteiligten sich auch Beschäftigte der Verwaltung am 21. August an einem Proteststreik gegen die Reform.

Die Kampfansage an den Justizapparat mit seinen wie heilige Kühe gehüteten Privilegien ist die erste von mehreren Verfassungsänderungen, die López Obrador noch vor Amtsantritt seiner Nachfolgerin Claudia Sheinbaum am 1. Oktober auf den Weg gebracht hat. Eine von ihm ebenfalls als notwendig betrachtete Änderung des Wahlrechts dürfte ähnliche Diskussionen auslösen. Weitere Projekte der sogenannten Vierten Transformation sehen Veränderungen bei den Staatsanwaltschaften sowie der kommunalen und staatlichen Polizei vor. »Auch die Pflichtverteidiger müssen gestärkt werden, damit die einkommensschwache Bevölkerung auf gut ausgebildete Anwälte zählen kann, die ihre Fälle professionell bearbeiten«, forderte der PT-Abgeordnete Jaime Cárdenas Gracia. Nach den Beratungen im Abgeordnetenhaus geht das Reformprojekt in den Senat, die zweite Kammer des als »Congreso de la Unión« bezeichneten Parlaments. Zwar verfügt das Regierungsbündnis in beiden Häusern über eine Mehrheit, doch ob die Verabschiedung glatt durchgeht, ist ungewiss.

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