VVN-BdA: Antifaschistische Organisation und Politik sind nötiger denn je
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) kommentierte am Montag die Wahlerfolge der AfD in Sachsen und Thüringen:
Erstmals seit 1945 ist es einer im Kern faschistischen Kraft in Deutschland gelungen, in zwei Bundesländern einen Großteil der Stimmen auf sich zu vereinigen. (…) Die Auswirkungen auf die demokratische Zivilgesellschaft und emanzipatorische Projekte werden zweifellos verheerend sein. Der AfD gelingt unter Führung des Nationalsozialisten Björn Höcke ein entscheidender Schritt zur Macht. (…)
Dieser Wahlsieg der AfD kommt nicht überraschend, sondern hat sich über Jahre abgezeichnet. Eine wesentliche Ursache dafür ist, dass es der AfD gelungen ist, den rechten Mythos von der Migration als »Mutter aller Probleme« ins Zentrum der politischen Debatte zu bringen und sämtliche Themen jenseits der Faktenlage auf den Aspekt der Migration zuzuspitzen. Dies war und ist nur möglich, weil alle relevanten Parteien der Schwerpunktsetzung der AfD folgten. Inhaltlich entsteht in der politischen Arena so ein politischer und rhetorischer Überbietungswettkampf nach rechts. Dieser ist gegen nazistische Parteien logischerweise nicht zu gewinnen.
In den Wahlkämpfen der vergangenen Monate überwogen eindeutig bundespolitische Themen und die dazugehörigen Forderungen. Lösungsorientierte Ansätze für die sozial- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen kamen in der öffentlichen Debatte nicht zum Tragen. Die ungehemmte Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben geht weiter: Immer mehr Reiche werden von Millionären zu Milliardären, während immer mehr Menschen kaum noch ihre Miete bezahlen können und Soziales, Gesundheit, Bildung und Infrastruktur chronisch unterfinanziert sind. Das sichtbare Elend in den Städten wächst. Klimaschutz und Verkehrswende bleiben auf der Strecke.
Statt hier tragfähige Konzepte zu entwickeln, werden seit Jahren rassistische und sozialdarwinistische Ressentiments bedient und dabei bis tief in die Gesellschaft legitimiert. Die weitere Abschottung Europas (der EU, jW) gegen Menschen auf der Flucht, der schändliche Umgang mit den afghanischen »Ortskräften«, Einführung von Chipkarten statt Bargeld für Geflüchtete oder das Ansinnen von FDP und Union, das sogenannte Bürgergeld (aka Hartz IV) unter das bestehende Existenzminimum zu streichen, sind Ausdruck dessen. Das politische Programm der AfD führt so schon jetzt zur wachsenden Verarmung breiter Bevölkerungsschichten, paradoxerweise insbesondere unter ihren Wählerinnen und Wählern.
Spätestens die Resultate in Thüringen und Sachsen zeigen: Es lohnt sich für die anderen Parteien nicht, die Menschenfeindlichkeit der AfD zu übernehmen. Diese Strategie kann und wird keine Erfolge liefern. Statt auf Ausgrenzung gegenüber Geflüchteten und Armen zu setzen, müssen alle demokratischen und emanzipatorischen Kräfte Werte der Solidarität und des Humanismus in den Vordergrund stellen. Dem Aufstieg der AfD als parlamentarischer Ausdruck des Faschismus in der BRD muss eine Politik der sozialen Gerechtigkeit und der Verteidigung der Menschenrechte für alle entgegengesetzt werden.
Die AfD muss auf allen Ebenen bekämpft werden, persönlich, gesellschaftlich, politisch, juristisch! (…)
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz S. (3. September 2024 um 09:17 Uhr)Der letzte Abschnitt dieser Pressemitteilung lautet: »Die AfD muss auf allen Ebenen bekämpft werden, persönlich, gesellschaftlich, politisch, juristisch! (…)«. Was wurde da raus gekürzt? Auf der Webseite der VVN-BdA wurde ich fündig: »Macht mit bei Aufstehen gegen Rassismus, unterstützt die Kampagne ›AfD-Verbot jetzt!‹ und werdet zum nächsten Parteitag der AfD Teil von Widersetzen!«. Da hat man leider keinen Platz mehr gefunden für diesen einen Satz.
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Leserbrief von Harald Möller aus Velbert (2. September 2024 um 21:02 Uhr)Alles schön und gut, aber wen sollte man, speziell in Thüringen, denn wählen? Die DKP und die KPD sind, mangels Masse, gar nicht erst angetreten. Was das Mangels Masse betrifft im übrigen für das gesamte Ostdeutschland so gilt. Die MLPD kann man unter ferner liefen verbuchen. Da gab es keine Alternative, die eine reelle Chance gehabt hätte, etwas zu bewegen. Anstatt sich immer mit der Linkspartei zu beschäftigen, sollte man sich fragen, warum es keine nennenswerte linke Partei in Ostdeutschland gibt. Was läuft da schief?
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