Ganz Afrika zu Besuch
Von Jörg KronauerEs ist das größte diplomatische Ereignis in China nach dem Ende der Covid-19-Pandemie: das Forum on China–Africa Cooperation (FOCAC), das zentrale Treffen zur Ausgestaltung der Beziehungen zwischen China und den Staaten des afrikanischen Kontinents, das diesen Mittwoch in Beijing beginnt. Die Zusammenkunft, die seit 2000 alle drei Jahre abgehalten wird – im Wechsel in China und in einem afrikanischen Staat –, findet zum neunten Mal insgesamt und zum vierten Mal im Gipfelformat statt. Entsprechend wird die Präsenz einer hohen Zahl afrikanischer Staats- und Regierungschefs erwartet. Angekündigt haben sich Delegationen fast sämtlicher 55 Staaten des Kontinents. Lediglich Eswatini (ehemals Swasiland) kann nicht teilnehmen, da es an diplomatischen Beziehungen zu Taiwan festhält. Zugegen sein werden auch der Kommissionsvorsitzende der Afrikanischen Union (AU), Moussa Faki Mahamat, und UN-Generalsekretär António Guterres.
Inhaltlich stehen beim diesjährigen FOCAC neben dem allgemeinen Ausbau der Kooperation zunächst ökonomische Fragen an. Berichten zufolge strebt Beijing einen starken Schwenk hin zur Energieproduktion aus erneuerbaren Ressourcen an. Dies hat – neben klimapolitischen Erwägungen – mehrere Ursachen. Lange Zeit setzte die Volksrepublik darauf, in den Ländern des globalen Südens – auch auf dem afrikanischen Kontinent – große konventionelle Kraftwerke zu errichten, die zwar dringend benötigte Energie lieferten, aber auch viel Geld kosteten. Die erforderlichen Kredite stellten meist chinesische Banken bereit. Nun hat zum einen eine Reihe afrikanischer Staaten hohe Schulden angehäuft, zum anderen sind einige chinesische Banken, die in Afrika teure Projekte finanzierten – etwa die Export-Import-Bank –, stark in China involviert, um dort die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Das Volumen der chinesischen Kredite für Vorhaben in Afrika geht schon seit Jahren deutlich zurück.
Der Schwerpunkt auf erneuerbare Energieträger soll allen Beteiligten Vorteile bieten. Zum einen sind Energiequellen wie Sonne und Wind auf dem afrikanischen Kontinent weithin verfügbar. Das treibt bekanntlich auch westliche Staaten wie Deutschland dazu, die Gewinnung von Energie aus erneuerbaren Ressourcen dort zu fördern – freilich meist, um daraus »grünen Wasserstoff« zur Versorgung in Europa zu gewinnen. Zum anderen verfügt China nicht nur über die nötigen Technologien. Es wird in Zukunft wohl auch mehr Kapazitäten freihaben als vermutet, da der Westen seine Produkte immer stärker boykottiert. Damit wächst für die Volksrepublik Afrikas Bedeutung als Absatzmarkt für »grüne« Technologien.
Überschattet und geprägt wird der China-Afrika-Gipfel zudem von den rasch zunehmenden wirtschaftlichen und politischen Attacken des Westens auf die Volksrepublik. Je mehr Beijing aus Nordamerika und Europa ausgegrenzt und angegriffen wird, desto wichtiger werden nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch seine Beziehungen zum »Rest« der Welt – zum globalen Süden. Diesem rechnet sich China als einst von den Kolonialmächten blutig ausgeplündertes und infolgedessen bitter verarmtes Land zu, das sich – wie alle ehemaligen Kolonien – einen gewissen Wohlstand erst erkämpfen muss. Mit Blick auf die Pressalien aus dem Westen gewinnt die Festigung der Süd-Süd-Kooperation nun auch strategisch hohe Bedeutung.
Mit Blick darauf hat Chinas Präsident Xi Jinping bereits seit Wochenbeginn eine ganze Reihe afrikanischer Staatschefs zu individuellen Zusammenkünften empfangen. So sprach Xi unter anderem mit den Präsidenten Nigerias, Togos, der Demokratischen Republik Kongo, Simbabwes, Kenias, der Komoren und der Seychellen. Bei einem Treffen mit seinem südafrikanischen Amtskollegen Cyril Ramaphosa werteten beide Seiten formell die bilateralen Beziehungen zwischen ihren Ländern weiter auf. Xi empfing zudem Malis Präsidenten Assimi Goïta sowie die Ministerpräsidenten Burkina Fasos und Nigers, Apollinaire Kyélem de Tambèla und Ali Lamine Zeine. Der burkinische Staatschef Ibrahim Traoré sagte seine Anreise wegen des Terrorangriffs in Barsalogho gut 150 Kilometer nördlich der Hauptstadt Ouagadougou kurzfristig ab. Bei dem Anschlag waren am 24. August mehr als 200, womöglich sogar mehr als 400 Menschen getötet worden.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (4. September 2024 um 10:42 Uhr)Afrika erhält von westlichen Institutionen statt praktischer Unterstützung oft Belehrungen über westliche Konzepte wie Rechte und Demokratie. China hingegen erweist sich als verlässlicher Partner, der praktische Hilfe leistet. Warum erleben die afrikanischen Länder einen so deutlichen Unterschied? Der Grund liegt darin, dass China und Afrika als Entwicklungsländer eine tiefere Empathie für nationale Würde, Unabhängigkeit und den Wunsch nach Fortschritt teilen. China erhebt sich nicht über afrikanische Länder, um ihnen vorzuschreiben, was sie benötigen. Stattdessen konzentriert sich die chinesische Zusammenarbeit auf die aktuellen praktischen Bedürfnisse des Kontinents und berücksichtigt zugleich dessen langfristige Entwicklungsziele. Ein Beispiel dafür ist Afrikas »Great Green Wall«-Initiative, die 2007 von der Afrikanischen Union ins Leben gerufen wurde und von Chinas »Drei-Nord-Schutzwaldprogramm« inspiriert ist. China hat zahlreiche Projekte für saubere Energie und nachhaltige Entwicklung in Afrika realisiert. Seit 2021 war China am Bau von über 120 afrikanischen Klimaprojekten beteiligt. Diese Maßnahmen zur Bekämpfung und Anpassung an den Klimawandel, die gemeinsam errichteten kohlenstoffarmen Demonstrationszonen sowie die entstehenden Windparks, Wasserkraftwerke und Photovoltaikanlagen sind allesamt leuchtende Beispiele für die grüne Zusammenarbeit zwischen China und Afrika. Diese dynamische Partnerschaft ist nicht über Nacht entstanden, sondern hat sich organisch entwickelt. Afrikas Enthusiasmus für die Zusammenarbeit im Bereich der erneuerbaren Energien ist Ausdruck seines aktiven Strebens nach Fortschritt. Die Kooperation zwischen China und Afrika ist ein Weg, der zur gemeinsamen Modernisierung führt und zugleich der richtige Kurs ist.
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