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Aus: Ausgabe vom 06.09.2024, Seite 8 / Ansichten
Bandenverbrechen

Malocher des Tages: Organisierte Kriminalität

Von Arnold Schölzel
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Vorstellung des »Bundeslagebilds« zur Organisierten Kriminalität in Berlin

Die Mitglieder der Organisierten Kriminalität (OK) sind nicht »hyggelig« wie die Olsen-Bande, weil Mord zu ihrem Geschäft gehört, und sie haben die »Lupara«, die abgesägte Schrotflinte der alten italienischen Mafia, durch Maschinenpistolen ersetzt. 40 Prozent ihres Gewerbes entfallen auf Drogenschmuggel. In den Niederlanden und Belgien wurden 2023 zum Beispiel rund 180 Tonnen Kokain gefunden, in der Bundesrepublik vergleichsweise lächerliche 43 Tonnen – ein Bruchteil von dem, was ins Land gelangt. Außerdem befasst sich die OK mit Geldwäsche und Cyberkriminalität, sie erpresst, foltert und sprengt Konkurrenten in die Luft.

Einiges davon steht im »Bundeslagebild Organisierte Kriminalität 2023«, das Bundesinnenministerin Nancy Faeser und der Chef des Bundeskriminalamtes Holger Münch am Donnerstag in Berlin vorstellten. Eine Ziffer springt ins Auge: Die OK hat im vergangenen Jahr Schaden in Höhe von 2,7 Milliarden Euro angerichtet, mehr als das Doppelte von 2022: 1,3 Milliarden Euro. Wenigstens eine Wirtschaftsbranche wächst also. Faeser war von sich gewohnt begeistert und triumphierte: »Unsere harte Gangart hat Erfolg, und sie ist auch absolut notwendig.« Die OK gehe mit »drastischer Gewalt« vor und bedrohe die Gesellschaft. Dann fiel ihr automatisch Abschiebung ein: 41 Prozent der rund 7.700 Tatverdächtigen seien Migranten, 26 Prozent Syrer.

2,7 Milliarden Euro? Gemessen an der geschätzten Steuerhinterziehung von etwa 100 Milliarden Euro jährlich durch deutsche Superreiche sind die OKler eine Sorte Malocher, die für wenig Asche ihre Köpfe hinhalten und jahrelangen Knastaufenthalt riskieren. Alles eine Frage der Größenordnung: Wer Steuern in Milliardenhöhe vermeidet – siehe Cum-ex – kann schon mal als Stütze der Gesellschaft aus dem Gerichtssaal gehen. Deren Bedroher bleiben die anderen.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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