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Aus: Ausgabe vom 07.09.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
FOCAC

Kenianischer Kurswechsel?

Kenia auf FOCAC: Wichtigster Nicht-NATO-Verbündeter der USA südlich der Sahara lobt China öffentlich
Von Jörg Kronauer
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Sowohl Senegal als auch Kenia waren bisher eher mit dem Westen verbündet (Beijing, 5.9.2024)

Ein wichtiges Element jedes Gipfeltreffens steht zwar gewöhnlich in den Terminplänen der Teilnehmer, nicht aber auf der offiziellen Tagesordnung: die bilateralen Zusammenkünfte am Rande des offiziellen Gipfelgeschehens. Das war auch beim neunten Forum on China-Africa Cooperation (FOCAC) in Beijing nicht anders. Recht aufmerksam beobachtet wurden zum Beispiel die Aktivitäten des kenianischen Präsidenten William Ruto.

Ruto hatte Kenia, als er im September 2022 sein Amt antrat, eine außenpolitische Wende verpasst – einen Schwenk an die Seite der Vereinigten Staaten. Die Vorgängerregierungen in Nairobi unter Mwai Kibaki (2002 bis 2013) und Uhuru Kenyatta (2013 bis 2022) hatten wirtschaftlich relativ intensiv mit China kooperiert, das diverse große Infrastrukturprojekte realisierte. Ruto dagegen hatte sich gegenüber China eher kühl gegeben und die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten gestärkt. Dies führte dazu, dass sich Kenia als einer von nur sehr wenigen nichtwestlichen Staaten in die Ukraine Defense Contact Group (UDCG), besser bekannt als »Ramstein-Format«, einbinden ließ, die Waffenlieferungen an die Ukraine steuert. Zudem entsandte Nairobi, um Washington einen Gefallen zu tun, rund 1.000 Polizisten nach Haiti, die dort – gedeckt durch ein UN-Mandat – den Bandenkrieg unter Kontrolle bringen sollen. Zum Dank wurde Ruto im Mai als erster afrikanischer Staatschef seit 15 Jahren zum Staatsbesuch ins Weiße Haus eingeladen. Kenia wurde als erster Staat Afrikas südlich der Sahara zum wichtigen Nicht-NATO-Verbündeten der Vereinigten Staaten ernannt.

Innenpolitisch geriet Ruto allerdings in Schwierigkeiten. Angetreten als Politiker, der damit geworben hatte, die Lebensbedingungen armer Kenianer verbessern zu wollen, kürzte er Beihilfen und erhöhte Steuern. Als er auch noch eine Brotsteuer erheben wollte – und herauskam, dass er für seinen Staatsbesuch in den USA für 1,5 Millionen US-Dollar einen Luxusjet aus Dubai angemietet hatte –, brachen im Juni Massenproteste gegen ihn los. Dabei waren die Sparmaßnahmen, die die Proteste auslösten, auch das Ergebnis von Kürzungen, wie sie der Internationale Währungsfonds (IWF) verlangt hatte. Kenia steht bei der Weltbank mit 13,8 Milliarden US-Dollar in der Kreide, erheblich stärker als bei China, dem es gut sieben Milliarden US-Dollar schuldet. Vor Beginn des FOCAC urteilte Wanjala Nasong'o, Professor am Rhodes College (Memphis, Tennessee), der kenianische Präsident werde neue Kredite beschaffen müssen – entweder beim IWF, dies verbunden mit den bekannten Kürzungsauflagen, oder bei China, das dafür keinen Sozialkahlschlag verlangt.

In Beijing hat Ruto Gespräche nicht nur mit Präsident Xi Jinping und mit Vertretern von Politik und Wirtschaft der Volksrepublik geführt. Kenia ist zudem der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) mit Sitz in Beijing beigetreten, in der China eine steuernde Rolle innehat. Darüber hinaus lobte der kenianische Präsident öffentlich die chinesische Politik und insbesondere die Neue Seidenstraße. Ob sich dahinter ein erneuter Kurswechsel verbirgt – auch mit Blick auf einen denkbaren US-Wahlsieg von Donald Trump, der afrikanische Staaten einst als »Shithole countries« beschimpfte –, muss sich zeigen.

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