Kampagne gegen Koalition
Von Philip TassevIn die Debatte über eine Zusammenarbeit der CDU mit dem BSW mischt sich nun auch die liberale Galionsfigur der Merkel-CDU, Ruprecht Polenz, ein. Im Gespräch mit der Taz (Freitag) wandte er sich gegen eine mögliche Koalition mit der Partei von Sahra Wagenknecht und zog dafür die gleichen Argumente heran, wie Mitte der Woche seine Parteikollegen um Roderich Kiesewetter und Dennis Radtke. Das BSW stehe gegen alles, »was man als DNA der CDU bezeichnen kann: Westbindung, eine starke Europäische Union, Menschenrechte, soziale Marktwirtschaft«. Wie die AfD wolle auch das BSW die CDU »zerstören«. Deshalb brauche es einen Unvereinbarkeitsbeschluss. Da die CDU aber ohne das BSW möglicherweise in Sachsen oder Thüringen keine mehrheitsfähige Regierung bilden kann, sollten die Konservativen besser in die Opposition gehen, als Zugeständnisse zu machen. Die Thüringer hätten »nun mal dieses Parlament gewählt, in dem AfD und BSW die Mehrheit haben. Und wenn es keine andere Lösung gibt, müssen die eben regieren«, so Polenz. Das sei zwar »schrecklich für Thüringen«, aber besser, als »wenn sich die CDU in die Zange nehmen lässt von dem BSW in der gemeinsamen Regierung und der AfD in der Opposition«. Dass auch das BSW eine Koalition mit der AfD ausschließt, wischte er mit der Aussage weg, die beiden Parteien hätten »viele Gemeinsamkeiten, nicht nur die Russland-Politik«. Ein erstes Gespräch zwischen CDU und BSW hatte am Mittwoch in Erfurt stattgefunden. Inhalte sind bisher nicht bekannt.
Auch die Thüringer SPD hält sich den Gang in die Opposition weiterhin offen. Das sagte der Landeschef der Sozialdemokraten und bisherige Innenminister Georg Maier am Freitag, nachdem es am Mittwoch ein erstes Gespräch mit CDU-Landeschef Mario Voigt gegeben hatte. Als Grund nannte er Vorbehalte gegen eine Koalition mit dem BSW. Die SPD sei sich ihrer staatspolitischen Verantwortung für Thüringen bewusst, eine Entscheidung sei nicht gefallen.
Eine Einladung vom BSW zu einem Gespräch für nächste Woche liege ihm ebenfalls vor. Außerdem möchte Maier alle Thüringer Kreisverbände seiner Partei besuchen, um auszuloten, wie die Basis zu einer Zusammenarbeit mit dem BSW steht. Viele Sozialdemokraten seien nach wie vor empört, dass das BSW die SPD im Wahlkampf als Kriegstreiberin hingestellt habe.
Maiers Parteikollege aus Brandenburg, Ministerpräsident Dietmar Woidke, lehnte eventuelle Koalitionsverhandlungen mit Sahra Wagenknecht schon mal vorsorglich ab. Dort finden am 22. September Landtagswahlen statt. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel (Freitagsausgabe) bezeichnete er es als »unvorstellbar«, dass »es in Brandenburg so läuft, wie es jetzt in Sachsen und in Thüringen diskutiert wird, dass Frau Wagenknecht als Ich-AG vom Saarland aus die Geschicke im Lande mit lenken will«. Wagenknecht hatte am Montag gesagt: »Wer mit uns koalieren möchte, muss auch mit mir sprechen.«
Die BSW-Vorsitzende Amira Mohamed Ali sprach am Donnerstag abend in der ZDF-Sendung »Maybrit Illner« von einer »erheblichen Kampagne« gegen ihre Partei. Sie kündigte an, juristische Schritte gegen Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) einzuleiten, der dem BSW unterstelle, von Russland finanziert zu werden. Der Wirtschaftsminister hatte bei einer Wahlkampfveranstaltung in Dresden das BSW und die AfD als »komplett gekauft« bezeichnet. »Man muss nicht unsere Meinung haben und uns auch nicht gut finden. Aber sich Fakten über uns auszudenken und Lügen in die Welt zu setzen, macht den demokratischen Diskurs kaputt«, beklagte Mohamed Ali.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
Ähnliche:
- 03.09.2024
Mehrheiten beschaffen
- 03.09.2024
Erstmals?
- 31.08.2024
Nicht einmal für Geld
Regio:
Mehr aus: Inland
-
Ampel versteckt Sozialabbau
vom 07.09.2024 -
Selenskij beschwört Sponsoren
vom 07.09.2024 -
Protest gegen Kriegsindustrie
vom 07.09.2024 -
Hamburger Senat boxt Hafendeal durch
vom 07.09.2024 -
»Die Dominanz der Politiker ist gesichert«
vom 07.09.2024
Dies ist die jetzige christliche Demokratie! Das Bibelwort »Du sollst auch deine Feinde lieben« gilt nicht mehr!? Schon der Begriff »Unvereinbarkeitsbeschluss« verlangt Zeit zum Nachdenken. Aus ironischem Blickwinkel gesehen müsste es doch die CDU mit der derzeitigen Führung der Linkspartei relativ einfach haben, zu regieren. Denn in beiden Parteien gibt es Befürworter von Waffenlieferungen an die Ukraine.
Scheinbar ist die SPD »pflegeleichter«, was sie in den vergangenen Jahren ausreichend bewiesen hat.
Schwer vorstellbar ist für mich eine Zusammenarbeit zwischen den CDU-Fürsten und dem BSW. Mit diesen Christen, die schon Probleme beim Aussprechen des Wortes Sozialismus haben, kann keine tragfähige Regierung in Sachsen und in Thüringen entstehen.
Dabei ist es diesen Vertretern der CDU egal, wie es in dem jeweiligen Bundesland der Bevölkerung geht, wie die Bürger denken und fühlen.
Nach meinen Vorstellungen passt der Begriff »demokratisch« nicht in das CDU-Logo, wenn man die Äußerungen von Merz und Co. verinnerlicht.