Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2024
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Aus: Ausgabe vom 07.09.2024, Seite 5 / Inland
Maritime Wirtschaft

Hamburger Senat boxt Hafendeal durch

Übernahme von Terminalbetreiber HHLA durch MSC beschlossen, EU-Kommission muss zustimmen
Von Burkhard Ilschner
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Die Entscheidung zum Verkauf der HHLA an MSC wurde als »schwarzer Tag für Hamburg« bezeichnet

»Apontes MSC erobert den Hamburger Hafen«, titelte der römische Nachrichtenkanal Agenzia Nova am Donnerstag, einen Tag nach der Zustimmung der Hamburgischen Bürgerschaft zum sogenannten HHLA-MSC-Deal. Die Gewerkschaft Verdi war etwas schneller – noch am Mittwoch abend kommentierte Hamburgs Bezirksleiterin Sandra Goldschmidt das parlamentarische Ja zum Einstieg der Reederei MSC beim lokalen Terminalbetreiber HHLA deutlich: »Das ist ein schwarzer Tag für Hamburg.«

Eigentlich wäre dem nichts hinzuzufügen – stünde da nicht die Entscheidung der EU-Kommission aus, ob dem 49,9-Prozent-Anteil von MSC an der HHLA-Holding unter Wettbewerbs- und Subventionsaspekten zugestimmt werden kann. Verkauf unter Wert, 40-Jahres-Laufzeit, Erfahrung mit Ver- und Rückkäufen öffentlichen Eigentums – all diese und viele andere Aspekte lassen Gegner des Deals trotz Skepsis gegenüber Brüssel ein bisschen hoffen. Zumal nicht einer der vielen angehörten Hafenexperten diesen Schritt so uneingeschränkt begrüßt hat, wie es sich der Hamburger Senat als Betreiber der Fusion gewünscht hätte. Was, wenn Brüssel derartige Kritik ernst nimmt?

Experten wie Gewerkschaft sind sich, wenngleich teils unterschiedlich akzentuiert, einig, dass Hamburgs Hafen vor erheblichen Herausforderungen steht und einer Neubestimmung seiner Aufgaben und Möglichkeiten bedarf. Aber die jetzige Lösung gilt nicht nur bei Verdi, sondern weit verbreitet als kurzsichtig und rückwärtsgewandt. Die zitierte römische Reaktion ist da nur ein Beispiel: MSC gehört der italienischen Milliardärsfamilie Aponte, hat ihren Firmensitz in der Schweiz und kämpft um eine globale Vormachtstellung.

Gerade mit Blick auf oft brachialen Praktiken von MSC in anderen Teilen der Welt bestehen in Hamburg erhebliche Zweifel, dass diese Fusion zukunftsträchtige Antworten und Konzepte hervorbringen kann. Der Senat leiste »Beihilfe zur Monopolbildung« einer Reederei, »die durch die Missachtung von Beschäftigten- und Umweltrechten auffällt«, konstatierte Goldschmidt; und er gebe »die politische Kontrolle über öffentliches Eigentum und zugleich kritische Infrastruktur« ab.

Zugegeben, das alles sind keine neuen Argumente. Am Mittwoch haben Vertreter von SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Bürgerschaft der Opposition vorgeworfen, sie wiederhole hier nur vielfach vorgebrachte Kritikpunkte. Ja, aber nötig war das, weil SPD und Grüne monatelang alles, teils überheblich, beiseite gewischt hatten, was ihre Pläne hätte stören können. Und so gab es statt einer parlamentarischen Debatte nur einen Schlagabtausch. Ein Volksentscheid über die Zukunft des Hamburger Hafens – die Forderung unter anderem der Partei Die Linke blieb leider vergeblich – wäre ehrlicher gewesen.

Die Hafenbeschäftigten und ihre Gewerkschaft sind, wie die Vergangenheit es mehrfach gezeigt hat, bereit, sich dringenden Zukunftsfragen in Zeiten »sozial-ökologischer Transformation unter den Vorzeichen von Globalisierung und Klimakrise« (O-Ton Verdi) zu stellen. Was sie aber dafür erwarten, ist die Absicherung der eigenen Zukunft als Beschäftigte. Das jedoch droht, mit Zustimmung des Senats, durch den Einstieg von MSC ins Wasser zu fallen. Verdi wies exemplarisch darauf hin, die US-Schiffahrtsbehörde habe erst im Frühjahr gegen MSC eine Forderung von 63,3 Millionen US-Dollar unter anderem wegen Verletzung des US-Schiffahrtsgesetzes erhoben. Goldschmidt am Mittwoch abend: »Morgen ist ›Tag eins‹ der MSC-Zeitrechnung und selbstverständlich werden wir (…) weiter für jeden Arbeitsplatz in den Ring steigen!«

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