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Aus: Ausgabe vom 07.09.2024, Seite 7 / Ausland
US-Wahlkampf

Neuer alter Vorwurf

USA: Russland soll eine Kampagne gestartet haben, um den Wahlkampf zu beeinflussen. »Aggressive« Gegenmaßnahmen angekündigt
Von Alex Favalli
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Die russische Regierung wolle einen Präsidenten namens Trump, da zeigt sich die derzeitige US-Administration einig (Wisconsin, 18.7.2024)

Die Vereinigten Staaten werfen der Russischen Föderation vor, sich in den US-Wahlkampf einzumischen. Moskau habe demnach eine breit angelegte Kampagne gestartet, um ein »bevorzugtes Ergebnis« im Rennen zwischen Kamala Harris und Donald Trump zu sichern. Am Mittwoch kündigten das Justiz-, das Außen- und das Finanzministerium koordinierte Maßnahmen an, um »aggressiv« gegen die angeblichen Operationen vorzugehen.

Dazu gehören das Stellen von Strafanzeigen gegen zwei russische Staatsangehörige, die Verhängung von Sanktionen gegen zehn Personen sowie die Beschlagnahme von 32 Internetdomains. Schon im vergangenen Monat hatten die USA den Iran beschuldigt, versucht zu haben, sowohl den Trump- als auch den Biden-Harris-Wahlkampf zu hacken. Auch gegen zwei Mitarbeiter von RT (ehemals Russia Today) ist am Mittwoch vor einem US-Gericht Anklage erhoben worden. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie angeblich Teil eines Plans gewesen sein sollen, bei dem fast zehn Millionen US-Dollar in die Gründung und Leitung eines in Tennessee ansässigen Medienunternehmens geflossen seien, um Onlineinhalte zu produzieren, die darauf abzielten, Zwietracht unter den US-Amerikanern zu säen, so das Justizministerium. Der Plan zielte demnach auf Millionen von Nachrichtenkonsumenten ab und wird als »versteckte russische Propaganda« bezeichnet. Die Maßnahmen sind die bisher heftigste Reaktion der Biden-Regierung auf angebliche russische Beeinflussungsversuche.

In der am Mittwoch eingereichten Anklageschrift wird behauptet, dass sechs konservative Influencer – darunter die bekannten Persönlichkeiten Timothy Pool, David Rubin und Benny Johnson – heimlich von Mitarbeitern russischer staatlicher Medien finanziert wurden. Ziel sei gewesen, dass sie englischsprachige Videos produzierten, die »oft im Einklang« mit dem »Interesse des Kremls an der Verstärkung der innenpolitischen Spaltung der USA stehen, um den Widerstand der USA gegen russische Interessen, wie den Krieg in der Ukraine, zu schwächen«. Laut FBI sollten US-Amerikaner so dazu gebracht werden, die Idee zu unterstützen, dass die Vereinigten Staaten sich auf »die Lösung ihrer innenpolitischen Probleme konzentrieren sollten, anstatt Geld in der Ukraine zu verschwenden«.

Obwohl von Russland im US-Wahlkampf bevorzugte Kandidaten nicht namentlich genannt wurden, erklärte das Justizministerium: Es sei für Russland sinnvoll, »maximale Anstrengungen« zu unternehmen, um sicherzustellen, »dass die Ansichten der Republikanischen Partei und insbesondere die Meinungen der Anhänger von Herrn Trump die öffentliche Meinung in den USA beeinflussen«.

Die betroffenen Youtuber erklärten daraufhin auf ihren Onlinekanälen, dass sie selbst Leidtragende der Geschehnisse seien und nichts falsch gemacht hätten. »Wir wissen immer noch nicht, was wahr ist, da es sich nur um Anschuldigungen handelt«, schrieb Pool. Und weiter: »Putin ist ein Drecksack.« Johnson schrieb hingegen, er sei vor einem Jahr gebeten worden, einem »Medienstartup« Inhalte zur Verfügung zu stellen. Er sagte, seine Anwälte hätten einen »Standardvertrag ausgehandelt, der später gekündigt wurde«.

Die Regierung in Moskau drohte wegen des Vorgehens gegen RT am Donnerstag mit Vergeltungsmaßnahmen. Und der russische Präsident Wladimir Putin deutete am Donnerstag auf einem Forum scherzend an, dass er Vizepräsidentin Kamala Harris bei den bevorstehenden US-Wahlen unterstützen würde. Doch für die Geheimdienstmitarbeiter der USA ist klar: Moskau hat eine Vorliebe für Trump.

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  • Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (7. September 2024 um 04:50 Uhr)
    »Laut FBI sollten US-Amerikaner so dazu gebracht werden, die Idee zu unterstützen, dass die Vereinigten Staaten sich auf ›die Lösung ihrer innenpolitischen Probleme konzentrieren sollten, anstatt Geld in der Ukraine zu verschwenden‹.« Das ist ja wirklich unerhört vorzuschlagen, seine Nase nicht in fremde Angelegenheiten zu stecken, und dann auch noch einer für die Führung der Welt auserwählten Nation (…). Das innenpolitische Problem der USA ist ja wie in Deutschland, dass sie mehr konsumieren und für Rüstung ausgeben, als an Wertschöpfung im Land generiert wird. Die Elite will sich maßlos bereichern und gibt nichts ab. Eine Revolution möchte man auch vermeiden. Wie könnte man denn nun die Restbevölkerung ruhig stellen? Beide Länder sind hoch verschuldete Staaten, die sich das dann wenigstens teilweise auf der Welt wieder reinholen wollen, sei es durch Staatsanleihen, die Dominanz des Dollars, unfaire völkerrechtswidrige Sanktionen, Absaugen von Personal, welches man nicht selbst ausgebildet hat. Doch ohne die 1000 Stützpunkte in aller Welt, ohne Regimechanges und Kriege, ohne Erpressung aller Art können die USA bzw. kann der Westen seine Vorherrschaft über aufstrebende andere Länder nicht aufrechterhalten, nicht seinen auf Verschuldung basierenden Lebensstil. Ich halte es gar nicht für möglich, dass sich die USA friedlich auf innenpolitische Fragen konzentrieren können, da ohne Unterdrückung und Sanktionierung anderer Staaten die Vorherrschaft des Dollars und ihr Schuldenstaat zusammenklappt. China und Russland sind für ihr parasitäres System geliehenen Reichtums eine existentielle Gefahr.

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