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Aus: Ausgabe vom 09.09.2024, Seite 1 / Titel
Frankreich

Volksfront marschiert

Frankreich: Massenproteste gegen Premier Barnier. Dessen ultrarechte Helfer fordern »Taten« gegen Migranten
Von Hansgeorg Hermann
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Demonstration gegen Macrons Willkürherrschaft am Sonnabend auf der Place de la Bastille in Paris

Auf mehr als 150 Kundgebungen haben am Sonnabend Hunderttausende in ganz Frankreich gegen die Ernennung des neuen Premierministers Michel Barnier protestiert. Staatschef Emmanuel Macron hatte den rechtslastigen 73 Jahre alten Politiker am vergangenen Freitag zum Regierungschef gemacht und damit das Ergebnis der Parlamentswahlen vom 7. Juli völlig auf den Kopf gestellt. Aus den Wahlen vor zwei Monaten war das linke Bündnis Nouveau Front Populaire (NFP, Neue Volksfront) als klarer Wahlsieger hervorgegangen. Barniers Partei Les Républicains (LR, Die Republikaner) gehörte mit lediglich 46 errungenen Sitzen in der 577 Köpfe zählenden Nationalversammlung zu den Verlierern. Organisiert hatte den Protest La France insoumise (LFI, Unbeugsames Frankreich), eine der vier den NFP tragenden politischen Formationen. Die 143 Mandate starke Parlamentsfraktion des ultrarechten Rassemblement National (RN, Nationale Sammelbewegung) und ihrer Anführerin Marine Le Pen hatten Macron vor dessen Entscheidung die Duldung einer Regierung Barniers zugesagt.

Im Wirtschaftsblatt Tribune Dimanche verlangte Le Pen allerdings bereits am Sonntag »Taten« von dem neuen Mann im Pariser Regierungssitz Hôtel Matignon. Barnier stehe »unstreitbar auf demselben Standpunkt wie der RN, was die Immigration anbetrifft«, erklärte sie in der Sonntagszeitung, die dem rechten französisch-libanesischen Milliardär und Medienmogul Rodolphe Saadé gehört. Le Pens Kronprinz Jordan Bardella, der als Kandidat für den Posten des Ministerpräsidenten im Juli die angestrebte absolute Mehrheit überraschend verfehlt hatte, stellte am Sonnabend mit Hinweis auf die Mehrheitsverhältnisse im Parlament klar: »Ohne das Rassemblement geht nichts mehr.« Seine Partei werde sich aber nicht an der angeblich von der Linken gewollten »institutionellen Unordnung und dem demokratischen Chaos« beteiligten. Der RN werde vorerst »keinen Misstrauensantrag« gegen Barnier unterstützen.

Während in Paris und anderen Städten des Landes – nach Angaben der Veranstalter – bis zu 300.000 Menschen ihren Zorn gegen den »Diktator Macron« und seine Helfer in den Reihen der bürgerlichen und der extremen Rechten auf die Straßen des Landes trugen, erklärte sich Barnier in der Pariser Wochenzeitung Journal du Dimanche zum »Hoffungsträger« der Franzosen. Das Blatt gehört seit 2020 (im Juni 2023 von der EU abgesegnet) zum Medienimperium des bretonischen Milliardärs und Faschistenfreunds Vincent Bolloré; es veröffentlichte Barniers weitgehend das neoliberale Politikmodell Macrons repetierenden Erklärungen am Sonntag als »exklusive erste vertrauliche Geständnisse« des Ministerpräsidenten. Die zuvor als weitgehend neutral geltende Redaktion war von Bolloré im vergangenen Jahr zum großen Teil ausgewechselt und in der Chefetage durch linientreue rechte Schreiber ersetzt worden.

Nicht zum Protest aufgrufen hatten diesmal die großen Gewerkschaften, die sich während des Wahlkampfs klar auf die Seite der Volksfront gestellt hatten. Sophie Binet, seit Frühjahr 2023 neue Chefin der linken CGT (Confédération générale du travail) verteidigte die Zurückhaltung mit dem Hinweis, der Kampf gegen Macron und seine rechten Helfer sei zunächst Sache der politischen Partner. Die Gewerkschaften könnten »nicht ununterbrochen die Rolle politischer Parteien übernehmen«, hätten aber klargestellt, dass sie dem Widerstand gegen Macron und Barnier »Erfolg wünschen«.

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