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Aus: Ausgabe vom 09.09.2024, Seite 2 / Ausland
Honduras

»Rechte hat ihre Putschambitionen immer getarnt«

Honduras: USA nicht einverstanden mit Außen- und Innenpolitik. Gefahr eines Staatsstreichs wächst. Ein Gespräch mit René Hernández
Interview: Thorben Austen, Quetzaltenango
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Die honduranische Präsidentin Xiomara Castro kämpft um ihre Reformvorhaben (Tegucigalpa, 1.9.2024)

Präsidentin Xiomara Castro hat vergangene Woche erneut vor einem Putsch in Honduras gewarnt. Für wie real schätzen Sie die Gefahr eines Militärputsches wie 2009 ein?

Ich denke, die Gefahr ist real. Hintergrund sind die Beschuldigungen gegen den Armeechef und den mittlerweile zurückgetretenen Verteidigungsminister nach einem Treffen mit dem Verteidigungsminister Venezuelas, Roosevelt Hernández, der des Drogenhandels beschuldigt wird. Die politische Rechte hat ihre Putschambitionen immer als »Verteidigung der Demokratie« getarnt, auch 2009. Klar ist, die USA und ihre Botschafterin hier in Honduras sind nicht einverstanden mit unserer Außenpolitik, der Anerkennung der Regierung von Nicolás Maduro als Präsident Venezuelas und auch nicht mit unserer Innenpolitik. Ein Indiz, dass die Regierung die Situation ernst nimmt, ist die Ernennung von Rixi Moncada zur neuen Verteidigungsministerin. Moncada soll die Regierungspartei Libre nächstes Jahr in die Präsidentschaftswahlen führen, sie ist erfahren und gut vorbereitet.

Hintergrund des Rücktritts von Verteidigungsminister José Manuel Zelaya sind Geldzahlungen, die sein Vater, Carlos Zelaya, Bruder des ehemaligen Präsidenten Manuel Zelaya, im Wahlkampf 2013 von Drogenhändlern erhalten haben soll. Sind auch die aktuelle Regierungspartei Libertad y Refundación, kurz Libre, und die Familie Zelaya in den Drogenhandel verstrickt?

Es geht um Vorfälle, die elf Jahre zurückliegen, in der Gründungsphase von Libre, als wir noch weit weg von Regierungsverantwortung waren. Carlos Zelaya soll dort eine Geldsumme erhalten haben für die Wahlkampagne der Partei Libre. Das Video soll sich elf Jahre lang in den Händen der US-Antidrogenbehörde DEA befunden haben. Warum kommen sie jetzt damit? Das zeigt doch, dass es nicht um Aufklärung geht, sondern um eine Destabilisierung der Regierung. Auch hat Carlos Zelaya gesagt, er will zur Aufklärung der Situation beitragen und die Untersuchungen unterstützen.

Es gibt aber Stimmen im Land, die sagen, gerade in bezug auf organisierte Kriminalität und Drogenhandel habe sich nichts geändert mit der neuen Regierung. Wie sehen Sie das?

Es haben sich Dinge geändert. In der Regierungszeit der Nationalen Partei waren Partei, Sicherheitskräfte und Drogenhandel ein und dasselbe, es ging nicht nur um Drogenhandel, sondern auch um die Produktion von Kokain. Nicht umsonst wurde damals der Begriff der Narcodiktatur geprägt.

Gibt es seit dem Amtsantritt Xiomara Castros Verbesserungen im sozialen Bereich?

Es gibt Sozialtarife beim Stromverbrauch, auch kostenlosen Strom für Bedürftige. Wir sind das Land mit den zweitniedrigsten Benzinpreisen in Zentralamerika. Dies konnte 2022 erreicht werden, trotz der weltweiten Preiserhöhungen im Kontext des Krieges zwischen NATO/Ukraine und Russland. Aktuell sind acht neue Krankenhäuser im Bau oder geplant, es gibt neue Straßen, gerade in ländlichen Regionen. Ein Problem ist allerdings, dass wir diese Fortschritte schlecht kommunizieren können. Die alten Regierungen haben monatlich große Summen an die Medien gezahlt für wohlwollende Berichterstattung, das macht unsere Regierung nicht. Ein anderes Problem ist der Widerstand alter Eliten gegen Reformvorhaben. Wir kämpfen seit zwei Jahren um ein Gesetz, damit Großkonzerne Steuern zahlen. Da gehen dem Staat jedes Jahr Summen etwa in der Höhe unserer jährlichen Auslandsschulden verloren.

Ihre Organisation »Los Necios« entstand in der Studentenbewegung. Wie ist es um die Studentenbewegung aktuell bestellt?

Die Studentenbewegung war eine der zentralen Bewegungen im Widerstand nach dem Putsch 2009. Heute ist sie sehr viel schwächer. Bei Studenten hat sich in den vergangenen drei Jahre eine Entpolitisierung breit gemacht, der Putsch von 2009 scheint weit weg. Das trifft auch auf andere soziale Bewegungen zu, die heute alle schwächer sind. Das liegt auch daran, dass Repräsentanten der Arbeiter-, Kleinbauern- und Studentenbewegung heute Funktionen in der Regierung haben. Man kann sagen, die Regierung heute ist eine Regierung der Volksbewegungen.

René Hernández ist Generalsekretär der kommunistischen Organisation »Los Necios« und politischer Analyst der Partei Libre

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