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Aus: Ausgabe vom 10.09.2024, Seite 1 / Inland
Postprivatisierung

141 Postfilialen zuwenig

Deutsche Post sieht Grund in Einzelhandelsstruktur von ländlichen Regionen
Von Susanne Knütter
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Endstation Sehnsucht: Hier spricht bald ein Automat zu Ihnen

Nicht die Privatisierung ist schuld an immer weniger Postfilialen, sondern der Strukturwandel auf dem Land. Das zumindest will uns die Deutsche Post weismachen. »Wenn in einem Dorf der letzte Supermarkt oder Krämerladen dichtmacht und kein anderer Einzelhändler mehr als Partner bereitsteht, bleibt der Filialstandort unbesetzt«, lautete die in allen Regionen zitierte Zeile der Deutschen Presseagentur am Montag. Deutschlandweit war das im Juli an 141 sogenannten Pflichtstandorten der Fall, wie die Bundesnetzagentur am Montag mitteilte – darunter 24 in Nordrhein-Westfalen, acht in Sachsen, fünf in Sachsen-Anhalt und drei in Thüringen.

Da die Post-Aufgaben bundesweit meistens von Kiosken und anderen Einzelhändlern mit Post-Schalter übernommen werden – bundesweit an 13.000 Standorten –, ist die Versorgung mit Post-Dienstleistungen inzwischen von der Einzelhandelsinfrastruktur abhängig. Insbesondere in ländlichen Gebieten sei das »herausfordernd«, erklärte ein Deutsche-Post-Sprecher. Es sei daher nicht ungewöhnlich, dass die Zahl der Vakanzen gestiegen sei. Insgesamt gab es 16 unbesetzte Pflichtstandorte mehr als im Februar und etwa doppelt so viele wie im Oktober vergangenen Jahres. Im Januar waren es mit 174 unbesetzten Pflichtstandorten allerdings mehr als zuletzt.

»Die Privatisierung der Post spülte auf der einen Seite Milliarden Euro in die Taschen der Aktionäre«, erklärte Sören Pellmann, Vorsitzender der Gruppe Die Linke im Bundestag. Auf der anderen Seite werde durch die jahrelangen Personalreduzierungen und die Standortschließungen zunehmend die gesetzlich verankerte Grundversorgung der Bevölkerung gefährdet. Demnach sollte es in Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern mindestens eine Filiale geben. Ab 4.000 Einwohnern sollte eine Filiale im Umkreis von maximal zwei Kilometern erreichbar sein.

Im nächsten Jahr könnte der Filialmangel offiziell entschärft werden. Denn zum Jahreswechsel greifen neue Regeln des novellierten Postgesetzes. Dann werden unter bestimmten Umständen auch automatische Post-Stationen bei der Erfüllung der Pflichtvorgabe angerechnet.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Rainer Erich K. aus Potsdam (10. September 2024 um 12:17 Uhr)
    Das passiert im Kapitalismus, wenn sich der Staat aus seinen Verpflichtungen schleicht, um den »Markt« zur vollen Entfaltung kommen zu lassen. Das ist bei der Post nicht anders, als bei der Bahn und es wird beim Gesundheitswesen ebenso passieren. Der Staat drückt sich aus seiner Verantwortung, aber das ist noch nicht alles. Er verpflichtet die neuen Eigentümer dazu, ihm Abgaben zu überweisen. Und nun passiert, was jeder weiß und wozu man keinen Abschluss in Betriebswirtschaft braucht: um die Abgaben an den deutschen Statt zu kompensieren und die Dividenden der Shareholder zu sichern, werden die Kosten minimiert, um die Gewinne zu steigern. Und das natürlich vorrangig bei den Personalkosten durch die Etablierung z. B. des Mindestlohns und durch die Streichung von ureigenen Aufgaben. Bei der Post z. B. schließt man Filialen, will man die Laufzeit der Briefpost verlängern und führt Wochentage ein, an denen überhaupt nicht zugestellt wird. So funktioniert dieses menschenfeindliche System, die Menschen, die diese Auswirkungen zu ertragen haben, sind zweitrangig.
  • Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (10. September 2024 um 12:09 Uhr)
    Alles kein Problem – dafür gibt es bereits eine Lösung (dank KI): Der fliegende Briefkasten (als gelbe Drohne); die moderne »Brieftaube«. So geht (sozialer) Fortschritt! Künftig werden Briefe so schnell und pünktlich an ihr Ziel gelangen wie heute schon der ICE. - Brave New World!