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Aus: Ausgabe vom 09.09.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Madrid Forum in Buenos Aires

Freunde falscher Freiheit

Ultrarechtes Forum Madrid trifft sich in Buenos Aires. Themen: Kampf gegen links und »die Feinde des Westens«
Von Frederic Schnatterer, Buenos Aires
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Zusammenschluss über den Atlantik: Vox-Chef Santiago Abascal und Javier Milei (Madrid, 19.5.2024)

Es waren beileibe keine Massen, die zum internationalen Schaulaufen der nicht mehr ganz so neuen Rechten in Buenos Aires kamen. Am Donnerstag und Freitag hatte das sogenannte Madrid Forum in der argentinischen Hauptstadt zum Klassentreffen eingeladen. Ein Großteil der Sitze im Auditorium des Kulturzentrum Kirchner, das bald in »Palast der Freiheit« umbenannt werden soll, blieb allerdings leer – und das bereits bevor der Star der Konferenz, Argentiniens Präsident Javier Milei, ans Rednerpult trat. Nach dessen Worten und damit noch am Donnerstag vormittag waren es höchstens noch wenige hundert Fanatiker, die das »Regionaltreffen Río del Plata 2024« verfolgten. Zuvor hatten die Veranstalter mit 1.000 unter die Leute gebrachten Tickets geprahlt, die gratis zu bekommen waren.

Bereits zum dritten Mal ist das Foro Madrid in Südamerika zusammengekommen. Eine Premiere hingegen war, dass mit Milei ein amtierender Staatschef als Gastgeber fungierte. Entsprechend präsent war der selbsternannte »Anarchokapitalist« in vielen der Beiträge. So fabulierte der Vorsitzende der spanischen Partei Vox, Santiago Abascal, in seiner Begrüßung davon, dass Milei »heute den Rückhalt der Argentinier« spüre und »in ganz Europa und in der ganzen Welt gehört« werde. Bei dessen Ankunft im Auditorium erhob sich das Publikum, applaudierte, machte Fotos. Die Obdachlosen, die nebenan im Zentrum von Buenos Aires auf der Straße leben müssen, schliefen zu dem Zeitpunkt noch.

Es überrascht nicht, dass sich der argentinische Präsident in der Rolle des Messias gefällt. In seiner Rede, die immer wieder von Anfeuerungsrufen aus dem Publikum unterbrochen wurde, bezeichnete er sich als »bekanntesten Politiker der Welt neben Donald Trump«. Derlei Selbstlob verband er mit Beleidigungen: »Als Führer dieser Bewegung sitze ich in der ersten Reihe und habe ein hohes Maß an Öffentlichkeit. Und das stört die dreckigen, gescheiterten und domestizierten Ratten natürlich sehr.« Nahezu unmöglich, all die Berufsgruppen aufzuzählen, denen Milei in seiner Rede drohte, und die er mit dem Ausruf »Es lebe die Freiheit, verdammt!« schloss.

Das Forum Madrid, das wurde in Buenos Aires erneut sichtbar, lebt in erster Linie von einem einfachen Freund-Feind-Schema. So erklärte Vox-Führer Abascal in seiner Begrüßungsrede: »Die Bösen sind vereint, und wir, die Guten, waren uneinig und unorganisiert.« Daher sei es sehr bedeutsam, dass »wir, die Guten«, damit begonnen hätten, sich zusammenzuschließen, »über alle ideologischen Differenzen hinweg«. Das Böse, also der Feind, steht dabei links, auch wenn seine Definition maximal schwammig blieb. Während Abascal »den Sozialismus« kurzerhand zum »organisierten Verbrechen« erklärte, wärmte Milei die Legende auf, »der Kommunismus« habe 150 Millionen Menschen ermordet, und der frühere Präsidentschaftskandidat aus Chile, José Antonio Kast, verortete »die Wurzel allen Übels« in Kuba.

Besonders die Situation der Präsidentenwahl in Venezuela, die vom Vorwurf der Unregelmäßigkeit überschattet ist, hat es den Ultrarechten angetan. Bereits vorab galt als eines der formulierten »Ziele« des Treffens, »die Unterstützung des venezolanischen Volkes und die Anprangerung der lauwarmen Reaktion der internationalen Gemeinschaft«. Exilierte Venezolaner, die sich ebenso wie Anhänger des brasilianischen Expräsidenten Jair Bolsonaro bei der Konferenz eingefunden hatten, bedachten jeden Vergleich von Staatschef Nicolás Maduro mit dem Teufel mit Jubel.

Konkrete Vorschläge oder Ideen blieben indes Mangelware – auch wenn mit mehreren Panelveranstaltungen versucht wurde, den Anschein zu erwecken, man habe Gehaltvolles beizutragen. Themen waren dabei neben der Situation in Venezuela die ersten Monate der Regierung Milei, sicherheits- und verteidigungspolitische Fragen, die Linke in der Region sowie »die gemeinsamen Feinde Israels und der Iberosphäre: Feinde des Westens«.

Wie auf der gesamten Konferenz nahm die Außenpolitik auch im Abschlussdokument, dem am Freitag nachmittag vorgestellten »Manifest vom Río de la Plata«, einen gewichtigen Platz ein. Darin heißt es, man lehne »das Vordringen totalitärer Mächte, die Feinde des Westens sind«, ab. Genannt werden der Iran, China und Russland. Israel wird alle Solidarität und Unterstützung zugesagt, ebenso wie dem Präsidentschaftskandidaten der US-Republikaner, Donald Trump.

Hintergrund: Das Forum Madrid

Der 26. Oktober 2020 gilt als Gründungsdatum des Foro Madrid, das ultrarechte Parteien und Organisationen aus Lateinamerika und Spanien verbindet. An dem Tag wurde die »Charta von Madrid: in Verteidigung der Freiheit und der Iberosphäre« unterzeichnet, das Gründungsdokument der Allianz. Ins Leben gerufen wurde es von der Stiftung Disenso (Dissens), die zur spanischen Vox gehört.

Auf der Webseite heißt es, das Forum sei ins Leben gerufen worden, um »ein internationales Bündnis« zu schaffen, in dem alle »unabhängig von ihrer Ideologie, die Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verteidigen, ihren Platz haben«. Ziel sei es, »das internationale Bewusstsein für die Folgen des Vormarschs der extremen Linken, ihrer ideologischen Agenda und ihres gescheiterten Regierungssystems zu schärfen und den geopolitischen Einflussstrategien des Forums von São Paulo und der Puebla-Gruppe entgegenzuwirken, indem ein Netzwerk von Verbündeten zugunsten der Freiheit in allen Ländern der Iberosphäre aufgebaut wird«. Im Forum von São Paulo und der Puebla-Gruppe haben sich linksgerichtete und progressive Parteien und Organisationen aus Lateinamerika und der Karibik zusammengeschlossen.

Seit seiner Gründung organisiert das Forum Madrid Treffen und Konferenzen, die der Vernetzung der lateinamerikanischen und spanischen Ultrarechten dienen. Der Zusammenkunft in Buenos Aires gingen ein Treffen im kolumbianischen Bogotá und im peruanischen Lima voraus, bei denen jeweils auch innenpolitische Aspekte des Gastgeberlandes thematisiert wurden. So warnten die Teilnehmer 2022 in Bogotá vor einem Wahlsieg des heutigen linken Präsidenten Gustavo Petro. In Lima hetzten sie gegen den gestürzten Staatschef Pedro Castillo. (fres)

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