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Aus: Ausgabe vom 11.09.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Handelskrieg

Sánchez kämpft für Schweineexporte

Spanischer Ministerpräsident kämpft in China gegen Importbeschränkungen
Von Camela Negrete
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»Wirtschaftsbeziehungen intensivieren«: Pedro Sánchez am Montag in Beijing mit Xi Jinping

Spanien möchte konstruktiv daran arbeiten, dass die Beziehungen zwischen beiden Regionen enger, reicher und ausgewogener werden, erklärte der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez am Montag bei der Eröffnung des IX. Spanisch-chinesischen Wirtschaftsforums in Beijing. »Dies wird zum Nutzen und Wohlstand unserer Gesellschaften beitragen.«

In der Volksrepublik will der Sozialdemokrat vom PSOE auch wirtschaftspolitische Spannungen abbauen. Das chinesische Handelsministerium hat eine Untersuchung wegen möglichen unfairen Wettbewerbs gegen europäische Schweinefleischimporte eingeleitet. Auf die Prüfung könnten Handelsbeschränkungen folgen, so die chinesischen Behörden im Juni. Die Ankündigung wurde als Reaktion auf geplante EU-Zölle für chinesische E-Autos verstanden.

In China wird sich Sánchez in den kommenden Tagen mit Präsident Xi Jinping, Premierminister Li Qiang und Zhao Leji, dem Vorsitzenden des Nationalen Volkskongresses, treffen. Eine Gruppe spanischer Unternehmer sowie die spanische Handelskammer und der Unternehmerverband CEOE gehören zur Delegation.

Derzeit ist Spanien der größte europäische Exporteur von Schweinefleisch nach China. Die Ausfuhren beliefen sich im vergangenen Jahr auf mehr als 560.000 Tonnen. Der damit erzielte Umsatz lag bei rund einer Milliarde Euro. Selbstverständlich ist auch dieser Goldesel ein Klimakiller. So beschreibt ein Bericht von Greenpeace vom Mai detailliert Umweltverschmutzungen im großen Stil. Die Zahl der großen Mastanlagen hat sich demnach in den vergangenen zehn Jahren um 135 Prozent erhöht, mit erwartbaren Folgen für die Umwelt. Die Luftqualität habe abgenommen, Trinkwasser sei durch Nitrat verseucht worden. Während es 2013 erst rund 1.569 solcher Anlagen gegeben habe, in denen Schweine, aber auch Hühner und andere Nutztiere gezüchtet wurden, sei die Zahl bis 2022 auf 3.618 gestiegen. Laut Angaben des Ministeriums für Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung wurden im vergangenen Jahr rund 910 Millionen Tiere geschlachtet.

Es war ein Politiker der Vereinigten Linken, Verbraucherschutzminister Alberto Garzón, der in der vorigen Legislaturperiode öffentlich für Empörung sorgte, als er mit der Kampagne »Weniger Fleisch. Mehr Leben« das System der Massentierhaltung und den hohen Fleischkonsum der Bevölkerung kritisierte. Wochenlang war Garzón Ziel von Hasskampagnen. Die Sozialdemokraten des PSOE brachte das nicht dazu, das Geschäftsmodell der Fleischindustrie in Frage zu stellen. Statt sich mit seinem Minister solidarisch zu zeigen, erklärte Sánchez damals höhnisch: »Für mich geht nichts über ein perfekt gebratenes Steak.«

Die voranschreitende Industrialisierung der Viehzucht, insbesondere der Schweinezucht, hat zu zahlreichen Protesten in kleinen Orten geführt. Der genannte Greenpeace-Bericht betont, dass sich mittlerweile etwa 170 Gemeinden mit insgesamt annähernd 250.000 Einwohnern regelmäßig mit Wasser aus Tankwagen versorgen lassen müssten – das kontaminierte Grundwasser sei gesundheitsschädlich.

Die EU hat Spanien deshalb schon gerügt. Besonders stark betroffen sind Regionen wie Kastilien, León, Aragón oder Andalusien. Dort werden Intensivlandwirtschaft und Viehzucht betrieben. Die besten Wasserwerte gibt es dagegen in Asturien und Kantabrien. Da diese beiden Regionen sehr bergig sind, können dort schlicht nicht viele Anlagen gebaut werden. Die Intensivlandwirtschaft, von deren Erträgen andere europäische Länder profitieren, verschmutzt die spanischen Gewässer in besonderer Weise. Laut Umweltorganisation Ecologistas en Acción sind rund elf Prozent der Grundwasservorräte durch Düngemittel verseucht.

Am kommenden Sonnabend wollen Betroffene von Umweltschäden durch Mast- und Biogasanlagen mittags in der Hauptstadt Madrid demonstrieren, um eine neue Gesetzgebung zu fordern. Konkret soll es darum gehen, »die Gesundheit und das Wohl unserer Gemeinschaften nicht privaten Interessen zu überlassen«.

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