Pewas, Freier, Rasche
Von Jegor JublimovAls Roberto Rosselini, der Wegbereiter des italienischen Neorealismus, bei der Defa 1947 seinen Film »Deutschland im Jahre Null« überwiegend mit Laien drehte, bot er dem Grafiker und Filmemacher Peter Pewas die Rolle des Lehrers an. Doch der wollte bald seinen zweiten Spielfilm »Straßenbekanntschaft« drehen und lehnte bedauernd ab. Der in der Berliner Agitpropszene vor 1933 engagierte kurzzeitige Bauhaus-Schüler wurde 1934 mit 30 Jahren von den Nazis wegen eines sozialkritischen Kurzfilms über den Alexanderplatz drangsaliert. Nach Arbeiten als Werbegrafiker für aktuelle Filme konnte er sich in Babelsberg weiterbilden und knüpfte 1943 mit seinem ersten Spielfilm »Der verzauberte Tag« an den poetischen Realismus der Franzosen an. Der Film wurde verboten und erst 1947 in der Schweiz uraufgeführt. Pewas, der ab 1949 in der BRD vorrangig an Kurzfilmen arbeitete, war ein Unangepasster, dem der Startrubel fremd blieb. Zu Beginn der siebziger Jahre – inzwischen Rentner – wandte er sich wieder stärker Malerei und Grafik zu. Er starb am 13. September 1984 in Hamburg.
Pewas’ junge Hauptdarstellerin im Defa-Film »Straßenbekanntschaft«, die links engagierte Schauspielerin Gisela Trowe, kam vor etlichen Jahren zu einer Aufführung ins Neubrandenburger Medienhaus »Latücht« und erzählte begeistert von der Zusammenarbeit mit Pewas – bis in die Nacht hinein. Es war eine von vielen beeindruckenden Begegnungen für Holm Henning Freier, der seit langem Chef des Betreibervereins ist. Der gebürtige Thüringer lebt seit seiner Kindheit in Potsdam, studierte in Berlin Schauspiel und wirkte in einem Dutzend Fernseh- und Kinofilmen mit. Doch der vielseitig interessierte Künstler wurde nach einem Zusatzstudium auch Dokumentarfilmer, inszenierte zusammen mit Peter Waschinsky Puppenfilme, war letzter Intendant des DDR-Fernsehens, kandidierte für die SPD als Politiker und war in Neubrandenburg und Chemnitz Chef der Stasi-Unterlagenbehörde. Am Sonntag feiert er seinen 75. Geburtstag, den er am folgenden Mittwoch im »Latücht« nachfeiert, wo man ihn als Filmsohn von Helga Göring in »Die große Reise der Agathe Schweigert« (1972) nach Anna Seghers wiedersehen kann. Zu seinen verschlungenen Wegen stellt ihm dort jW-Autor F.-B. Habel die vermutlich richtigen Fragen.
»Radikal-provokativ« nannte Marion Rasche die Filme von Waschinsky und Freier, die in den achtziger Jahren entstanden. Damals setzte sich Rasche als künstlerische Leiterin des Defa-Trickfilmstudios mit Hang zur Malerei für neue Formen und Bildsprachen ein. Schon am Donnerstag kann die als Marion Schmidt in Spremberg geborene Rasche ihren 80. Geburtstag feiern. Sie studierte Philosophie und Theater, arbeitete zunächst als Filmklubleiterin, wo sie bei einem Programm mit Werken vom Trickfilmer Otto Sacher Feuer fing und sich erfolgreich in Dresden bewarb. Nach der Dramaturgiearbeit konnte sie sich ab 1988 auch als Regisseurin beweisen, drehte zum Beispiel einige Dokumentarfilme als Schaffensresümee bildender Künstler.
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