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Aus: Ausgabe vom 12.09.2024, Seite 6 / Ausland
Nicaragua

UNO kritisiert Nicaragua

Bericht sieht problematische Menschenrechtslage. Managua lässt 135 »politische Gefangene« frei
Von Thorben Austen, Quetzaltenango
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Ankunft der freigelassenen Gefangenen in Guatemala-Stadt (5.9.2024)

Die Lage der Menschenrechte in Nicaragua ist kritisch. Zu diesem Schluss kommt ein in der vergangenen Woche veröffentlichter Bericht der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen. Das Papier spricht von einer »erheblichen Verschlechterung« der Menschenrechtslage, so habe die Zahl der »willkürlichen Inhaftierungen, der Einschüchterung von Gegnern, der Misshandlung in der Haft und der Angriffe auf indigene Völker zugenommen«. Die Untersuchung der UNO beleuchtet einen einjährigen Zeitraum ab Juni 2023, sie basiert auf 120 Interviews, hauptsächlich mit Opfern und Zeugen von Menschenrechtsverletzungen, Treffen mit Vertretern der Zivilgesellschaft und der internationalen Gemeinschaft sowie der Analyse von Dokumenten von Regierung und Nichtregierungsorganisationen.

Allein im Mai dieses Jahres soll es zu 131 »willkürlichen Festnahmen« gekommen sein, im Juni und Juli zu weiteren zehn. Volker Türk, UN-Menschenrechtsbeauftragter, betonte, dass »die vielschichtige Krise, die Nicaragua seit 2018 heimgesucht hat, einen dringenden Kurswechsel der Regierung erfordert«. Und weiter: »Die Wahlen 2026 bieten eine Chance. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass das Recht auf politische Beteiligung vollständig respektiert wird, damit die Nicaraguaner sicher und frei über die Zukunft ihres Landes entscheiden können.«

Bisher wurde noch keine offizielle Stellungnahme der seit 2007 wieder regierenden ehemaligen Befreiungsbewegung FSLN zu dem Bericht bekannt. Im April des vergangenen Jahres hatte der Vertreter Nicaraguas bei der UNO die seiner Meinung nach schon damals »ungerechte und irrationale Kritik« an der Menschenrechtslage zurückgewiesen. In einer im März 2023 veröffentlichten Erklärung einer Solidaritätskoalition mit Nicaragua äußerten die Unterzeichner die Sorge, das entsprechende Veröffentlichungen von »Experten« zur Rechtfertigung weiterer Sanktionen genutzt werden könnten. Die Erklärung wurde von 54 Organisationen und 307 Persönlichkeiten weltweit unterschrieben. Das Land leidet seit Jahren unter Sanktionen, die von seiten der USA, Kanadas und der EU verhängt wurden. Wie Fausto Torres von der Kleinbauernvereinigung ATC schon in einem vorherigen Interview mit jW erklärte, erschweren diese eine Verbesserung der sozialen Lage im Land.

Am vergangenen Dienstag hat die Nicaraguanische Nationalversammlung eine Gesetzesreform verabschiedet. Darin werden Handlungen, die gegen die »öffentliche Verwaltung, den Staat oder seine Institutionen« gerichtet sind, unter Strafe gestellt, auch wenn sie im Ausland begangen werden. Miteinbezogen wurde auch das »Fördern von Sanktionen«. Außerparlamentarische Oppositionelle sprachen anschließend von »transnationaler Repression«. Im August berichteten verschiedene Medien von erneuten »Verboten« Hunderter Nichtregierungsorganisationen. Tatsächlich wurde die staatliche Kontrolle über NGOs deutlich verschärft. Den neuen Regelungen zufolge müssen diese ihre Arbeitsvorschläge künftig dem Innenministerium vorlegen, ausländische NGOs hingegen dem Außenministerium. »Die Regierung und die staatlichen Stellen können die Vorschläge annehmen oder auch nicht und garantieren, dass alle in den Gesetzen der Republik enthaltenen Anweisungen, Richtlinien und Bestimmungen eingehalten werden«, hieß es dazu auf dem dem FSLN nahestehenden Webportal El19Digital. FSLN-nahe Medien hatten insbesondere den USA wiederholt vorgeworfen, über NGOs Einfluss in Nicaragua zu nehmen und regierungskritische Proteste zu fördern.

Für Aufsehen in Mittelamerika sorgte die vergangene Woche erfolgte Freilassung von 135 »politischen Gefangenen« in Nicaragua. Aufgenommen wurden sie von der Regierung des sozialdemokratisch orientierten Präsidenten Bernardo Arévalo in Guatemala. In einer Erklärung der US-Botschaft heißt es: »Die USA erreichten die Freilassung der politischen Gefangenen aus humanitären Gründen.« Man bedanke sich bei der Regierung Guatemalas für die sichere Aufnahme der Freigelassenen. Der seit Januar regierende Arévalo orientiert sich außenpolitisch an den USA, mehrmals hatte er seit Amtsantritt die Regierungen in Venezuela und Nicaragua scharf kritisiert.

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