75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Mittwoch, 18. September 2024, Nr. 218
Die junge Welt wird von 2939 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 12.09.2024, Seite 8 / Ansichten

Asylkritiker des Tages: Heinz Georg Kramm

Von Felix Bartels
8 port.jpg
Schwarzbraun ist die Haselnuss, schwarzbraun auch die Brille

Der braune Blonde kann noch sprechen. Auch wenn er selbst das Attribut »schwarzbraun« bevorzugt. Mein Anwalt hat mir bei der Formulierung dieser zwei Sätze geholfen. Denn wer Heino einen Nazi nennt – Jan Delay verzichtet klugerweise, ein Liedchen davon zu singen –, riskiert Klage. Jetzt hat Heino ein Interview gegeben, in dem er seine Tönung ein wenig nachstärkt. Muss ja sein, alle paar Jahre. Gedruckt wurde das von Bild. Unterm Titel: »Wir brauchen einen Trump in Deutschland«.

»Es kann nicht sein«, heißt es dort, »dass man sich in Deutschland nicht mehr auf die Straße traut und Angst haben muss, abgestochen zu werden. Gegen kriminelle Migranten muss hart durchgegriffen werden.« Wie kommt es bloß, dass man den Urheber solcher Äußerungen je am rechten Rand verortet hat? Vermutlich bloß ihrer Dokumentationspflicht nachkommend, ganz frei von der Absicht, Stimmung zu machen, präzisiert Bild Heinos Sicht auf die Welt: Dass »Trump alle kriminellen Migranten aus den USA ausweisen will«, sei für Heino der einzig richtige Weg. »Wir brauchen einen Trump in Deutschland, der hier aufräumt.« Aus der Ecke, Besen! Das ist, was wir lesen.

Unser Zauberlehrling hat eine Geschichte, mag er sich noch so ungerecht behandelt fühlen, wenn man sie erzählt. Ob er im geächteten Südafrika der Apartheid auf Tour ging, ob er Tonträger mit alt- und starkdeutschen Liedern rausbrachte, darunter »Der Gott, der Eisen wachsen ließ« vom scheußlichen Arndt, dem Gründer jener Nationalbewegung von 1813, aus der letztlich die faschistische Bewegung hervorging, ob er 1977 auf Anregung des Altnazis Filbinger alle drei Strophen des Deutschlandliedes einsang – ein Faden zieht sich da durchs Werk, und ganz gewiss kein roter. Es sieht aus, schwimmt und quakt wie eine Ente, doch mein Anwalt hat mir versichert: Es ist keine.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

  • Leserbrief von Rainer Belling aus Unterschleißheim (12. September 2024 um 05:38 Uhr)
    Sehr schön herumgewurstelt und trotzdem deutlich geblieben. Juristisch wird das ggf. unter einem Unrechtsregime wie dem unsrigen zwar nichts bringen, aber den:die Leser:in freut es :) Straftatbestandlich fiele eine entsprechende Anzeige ja bei uns unter die sgn. »Ehrdelikte«. Wobei sich »überpositiv« die Frage aufdrängt, welche Ehre mensch denn bei Nazis verletzen könnte, wo diese die doch selber bereits bei Annahme ihrer faschistischen Ideologie vollständig aufgegeben haben? Die Zitate aus dem mind. faschistoiden BILD-Wurstblättchen, dessen Blattlinie – wie es sich in der Kapitaldiktatur geziemt – ganz der Ideologie der Verleger, dem milliardenschweren Springer-Konzern, entspricht, zeigen schon wieder in die Propaganda-Richtung à la Migration wäre die »Mutter aller Probleme«. Wer diesen hirnerweichenden Quatsch wirklich glaubt und nicht mit voller Absicht und boshaftem Kalkül von sich gibt, sollte sich wirklich dringend psychiatrisch untersuchen lassen. Migration, in welche Richtung auch immer, ist heutzutage, d. h. seit ein paar hundert Jahren, selbstverständlich eine der logischen Folgen kapitalistisch/imperialistischer Ausbeutungsdynamik – und dort ist auch der Erzeuger (»die Mutter«) fast aller aktuellen Probleme zu verorten: im Kapitalismus. Der halt auch früher oder später – d. h. genau dann, wenn der Tendenz der fallenden Profitraten nicht mehr anders effektiv und zeitnah entgegengewirkt werden kann – immer Krieg führen muss (!) und dessen Machthaber sich daher die Faschismus-Option, mittels der diese kranke Massenmord-Scheiße besonders effizient durchgezogen werden kann, immer gerne offen halten. Z. B. auch gerne via bosdummdreister Propaganda von schwarzbraunen Schlagerfuzzis. Nur so nebenbei und gefragt für einen Freund: Vielleicht könnte Autor oder Redaktion noch verraten, wie wir die vom Artikel erzeugte, gedankliche Verbindung von süßen, unschuldigen Entchen mit widerlichen, menschen- und lebensverachtenden Scheißfaschos wieder loswerden könnten?

Mehr aus: Ansichten