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Aus: Ausgabe vom 12.09.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Gewerkschaften

Ringen um Haltung zu Labour

Bericht vom Jahreskongress des britischen Gewerkschaftsverbands TUC
Von Dieter Reinisch
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Liegen ihm »Interessen der Arbeiter am Herzen«? Premier Keir Starmer am Dienstag auf dem TUC-Kongress

Der britische Gewerkschaftsverband TUC rang auf seinem Jahreskongress, der am Mittwoch in Brighton endete, um eine Haltung zur neuen Labour-Regierung. Diese hat wichtige Zugeständnisse gemacht, etwa bei der Entlohnung für Nachwuchsärzte. Sie hat auch die Wiederverstaatlichung der britischen Bahn in Angriff genommen. Andererseits gibt es auch unter Labour weitere soziale Einschnitte. Vor allem die gerade durchgesetzte Kürzung des Heizkostenzuschusses für Rentner stößt bei Gewerkschaftern auf Widerstand. Aber noch wollen die meisten dem neuen Premierminister Keir Starmer wohl eine Schonzeit einräumen.

Zur Eröffnung des Kongresses versprach TUC-Generalsekretär Paul Nowak am Montag, mit der Labour-Regierung zusammenzuarbeiten: Es gelte, die Krise im öffentlichen Dienst zu bewältigen, eine kohärente Industriestrategie zu entwickeln und der extremen Rechten entgegenzutreten. »Wir wissen, dass Keir Starmer und seiner Regierung die Interessen der Arbeiter am Herzen liegen, was bei den Konservativen nie der Fall war und nie der Fall sein wird«, erklärte der Generalsekretär. Am Tag darauf beschloss die Labour-Regierung im Parlament die Rentenkürzung.

Keine Regierung könne »14 Jahre Tory-Chaos über Nacht in Ordnung bringen« oder den Wiederaufbau des Landes im Alleingang bewältigen, hatte Nowak mit vorauseilendem Verständnis erklärt. »Wir müssen die Ärmel hochkrempeln und uns einbringen«, forderte er vor allem von den kämpferischen Gewerkschaften der Eisenbahner und Feuerwehren. Auch die Kollegen von Unite sollten Konflikte zurückstellen: »Lasst uns heute versprechen: Wir werden mit der neuen Regierung zusammenarbeiten, um unsere öffentlichen Dienste wieder aufzubauen.«

Nowak hob die historische Rolle der Gewerkschaften bei der Verbesserung der Lebensbedingungen hervor: »Wir haben geholfen, das Land nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufzubauen, das Gesundheitswesen NHS zu schaffen. Und wir haben den Arbeitern geholfen, Mutterschaftsgeld und Schutz vor Diskriminierung zu erkämpfen.«

Schließlich könnten Gewerkschaften eine Schlüsselrolle dabei spielen, die Bevölkerung zusammenzubringen, erklärte Nowak mit Bezug auf die ausländerfeindliche Randale im Sommer. »Wir sollten nie vergessen, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen in diesem Land anständig, freundlich und großzügig ist.« Die Verbandsmitglieder hielten zu denen, »die nach den Unruhen die Trümmer weggefegt und eine Mauer vor einer Moschee wieder aufgebaut haben«. Sie stünden an der Seite all derer, »die sich versammelt haben, nicht um zu hassen, sondern um ihre Liebe und ihre Trauer für die Opfer zu zeigen«.

Im Verlauf des Kongresses forderten kämpferische Gewerkschafter Labour auf, mit der konservativen Sparpolitik zu brechen und merklich »andere Entscheidungen« als die Vorgängerregierung zu treffen. Die Vorsitzenden von Unite, RMT und Equity forderten auf dem Kongress unisono einen radikalen Umbau der Wirtschaft im Sinne der Arbeiter und kritisierten die Kürzung der Winterhilfen für Millionen Rentner scharf.

Mehrheitlich unterstützten die Delegierten einen Antrag, der den TUC auffordert, sich dafür einzusetzen, dass die Regierung ihre »restriktiven und willkürlichen Haushaltsregeln« aufgibt. Das reichste Prozent der Bevölkerung müsse durch eine wirksame Vermögenssteuer dazu gebracht werden, seinen Anteil zum Allgemeinwohl beizutragen, die Kapitalertragssteuer an die Einkommenssteuer angepasst werden. »Der ökonomische Weg, den Labour eingeschlagen hat, ist einfach falsch«, hieß es in dem angenommenen Antrag.

Kritisiert wurden auch Pläne der Regierung, die Industrie radikal umzubauen, was zum Verlust von Arbeitsplätzen führen würde. Zudem unterstützten nahezu alle Gewerkschaften die Forderung der Lehrergewerkschaft, sämtliche Waffenlieferung nach Israel sofort zu beenden.

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