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Aus: Ausgabe vom 12.09.2024, Seite 16 / Sport
Sportpolitik

Sinner als Sinnbild

Von Andreas Müller
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Positives Beispiel: Jannik Sinner nach dem Sieg bei den US Open (New York, 8.9.2024)

Tennisprofi Jannik Sinner durfte bei den US Open, die er gerade als Sieger beendete, anstandslos aufschlagen, als habe es seine zwei positiven Dopingproben im März nie gegeben. Der Italiener wurde zweimal hintereinander am 10. März und acht Tage später positiv auf das verbotene Steroid Clostebol getestet. Für Dopinganalytiker im Grunde genommen ein Fest. Statt einmaliger Stichprobe, wie normal, gab es zwei Positivtests binnen einer Woche – was das Ergebnis um so stichhaltiger macht.

Nicht so bei einem Weltranglistenersten! Während Norwegens Skilangläuferin Therese Johaug wegen eines Vergehens mit demselben Wirkstoff ab Oktober 2016 für anderthalb Jahre gesperrt wurde, blieb es für das Tenniszugpferd bei wenigen »spielfreien Tagen« und der Aberkennung der Weltranglistenpunkte für den Halbfinaleinzug beim Masters-1000-Turnier in Indian Wells– nach – nach außen hin verbrämt mit der Nachricht von einer Hüftverletzung.

Die dezente Behandlung nimmt nicht Wunder. Überließ doch die International Tennis Integrity Agency (ITIA), verantwortlich für Integrität und Einhaltung der Antidopingregeln im Tennissport, das Verfahrensmanagement einer Art privatwirtschaftlicher Institution namens »Sport Resolutions«. Des Ertappten Darstellung, das Mittel sei unbeabsichtigt durch seinen Masseur über die Haut übertragen worden, überzeugte diese Pseudoinstanz. Aha, daher gleich doppelt positiv binnen acht Tagen!

Was für eine Verhöhnung der üblichen Verfahrenswege. Demnach hätten umgehend die italienische Antidopingagentur NADO und die Internationale Antidopingagentur WADA mit Sitz in Montreal eingeschaltet werden müssen. Statt dessen wurden sie übergangen, worüber sich die WADA nicht beschwerte.

Bis heute hat die Weltantidopingagentur von der ITIA nicht energisch und ultimativ eingefordert, sich ab sofort an die internationalen Spielregeln zu halten. Diese Gleichgültigkeit ist verheerender für den weltweiten Antidopingkampf als zwei nicht geahndete Positivtests eines Tennismillionärs. Dieses Verhalten ist der eigentliche Skandal. So werden internationale Sportverbände geradezu eingeladen, ihre Positivfälle intern und nach Belieben zu regeln in einer Sonderwelt ohne Sanktionen.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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