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Aus: Ausgabe vom 13.09.2024, Seite 6 / Ausland
Nordirlandkonflikt

Finucanes Mord aufgerollt

Nordirland-Staatssekretär kündigt Untersuchung an. Verwicklung britischer Dienste und Paramilitärs bei Überfall auf Anwalt im Fokus
Von Dieter Reinisch
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Gedenken an den Kämpfer für Menschenrechte, Pat Finucane, in Westbelfast (12.12.2012)

Nach 35 Jahren soll endlich der Mord an dem prominenten irischen Anwalt Pat Finucane untersucht werden. Eine unabhängige, öffentliche Aufklärung des gewaltsamen Todes des Belfaster Anwalts im Jahr 1989 wurde am Mittwoch von der britischen Regierung angeordnet. Der 39jährige war damals in seinem Haus im nordirischen Belfast von probritischen Paramilitärs der Ulster Defence Association (UDA) vor den Augen seiner Frau und Kinder aus kürzester Distanz erschossen worden. Mehrere Untersuchungen des Falles erbrachten Beweise für eine staatliche Mitwirkung durch die britischen Sicherheitskräfte und Geheimdienste. Bisher verweigerten alle britischen Regierungen eine Untersuchung des Falls.

Der seit Juli als Nordirland-Staatssekretär amtierende Sozialdemokrat Hilary Benn gab die Entscheidung am Mittwoch vor dem Unterhaus bekannt. Er erinnerte an die Verpflichtung, die Vorgängerregierungen eingegangen waren, aber nicht erfüllt hätten: »Tatsache ist, dass die von der Regierung eingegangene Verpflichtung – zunächst im Abkommen mit der irischen Regierung, dann in diesem Haus –, eine Untersuchung des Todes von Herrn Finucane einzuleiten, auch nach zwei Jahrzehnten nicht erfüllt wurde«, so Benn. »Aus diesem außergewöhnlichen Grund habe ich beschlossen, eine unabhängige Ermittlung gemäß dem Untersuchungsgesetz von 2005 einzuleiten.« So bald wie möglich werde dazu ein Vorsitzender ernannt und die Aufgabenbereiche festgelegt. »Diese Regierung nimmt ihre Menschenrechtsverpflichtungen und ihre Verantwortung gegenüber den Opfern und Überlebenden des Nordirlandkonflikts äußerst ernst«, erklärte der Staatssekretär. Zuvor hatte sich Benn am Dienstag mit Mitgliedern der Familie Finucane getroffen, wohl um ihnen persönlich die Entscheidung mitzuteilen.

Die Anwaltskanzlei Madden & Finucane, die noch von Pat Finucane gegründet wurde, veröffentlichte eine schriftliche Erklärung seiner Witwe Geraldine: »Ich begrüße die Ankündigung des Staatssekretärs im Unterhaus, dass eine Untersuchung zum Mord an meinem Mann Patrick eingeleitet wird.« Nach 35 Jahren des Einsatzes »glaube ich, dass diese Ankündigung einen bedeutenden Fortschritt für meine Familie in unserem Kampf darstellt, alle Umstände hinter Pats Mord aufzudecken«. Dies sei schon immer das Ziel ihrer Familie gewesen: »Wir glauben nicht, dass sein Mord einfach das Werk der Schützen war, die ihn getötet haben. Wir hatten kein Vertrauen, dass polizeiliche Ermittlungen die wirklich Verantwortlichen jemals vor Gericht bringen würden.« Geraldine Finucane hofft nun, die Verstrickung des britischen Staats in den Mord an ihrem Mann öffentlich zu machen. Ähnlich äußerte sich ihr Sohn, John Finucane, Abgeordneter im britischen Unterhaus für Nord-Belfast von der republikanischen Partei Sinn Féin: Das sei ein bedeutender Meilenstein, auch er hoffe, »endlich die ganze Wahrheit darüber aufdecken können, was mit meinem Vater passiert ist«.

Die Erste Ministerin Nordirlands, Michelle O’Neill, begrüßte die Ankündigung ebenfalls. Die britische Regierung müsse eng mit der Familie zusammenarbeiten, »um sicherzustellen, dass die öffentliche Untersuchung ihren Bedürfnissen entspricht und die ganze Wahrheit über diesen schändlichen Mord aufdeckt«, forderte die Sinn-Féin-Politikerin. Der Kampf der Finucanes sei »eine Inspiration für alle Familien, die für Wahrheit und Gerechtigkeit kämpfen«.

Konservative fordern demgegenüber, sich auch Pat Finucanes mutmaßliche Beziehungen zur republikanischen Bewegung anzuschauen. Schon damals hatten ihm – drei Wochen vor dem Mord – der ehemalige britische Innenminister Douglas Hogg und andere irisch-katholische Anwälte »übermäßige Sympathien« zur Guerillaorganisation IRA vorgeworfen. Es wird vermutet, dass die Force Research Unit der britischen Armee ihren Agenten Brian Nelson angewiesen hatte, den Mord mit Hilfe anderer Agenten eines paramilitärischen Todeskommandos der loyalistischen UDA auszuführen.

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