Mit Kind und Kegel an die Front
Von Kristian StemmlerRund 80 Jahre ist es her, dass deutsche Truppen zuletzt im Baltikum stationiert waren. Damals waren es die der faschistischen Wehrmacht. Bald sollen wieder deutsche Soldaten dort aufmarschieren. Diesmal, um »die Ostflanke der NATO zu sichern«: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und sein litauischer Amtskollege Laurynas Kasčiūnas haben am Freitag in Berlin ein Regierungsabkommen unterzeichnet, das Details zur dauerhaften Stationierung einer Brigade der Bundeswehr in dem Land regelt. Ein Vorauskommando ist seit April in Litauen, 2025 sollen weitere Kräfte dazukommen und 2027 soll die Brigade mit rund 5.000 Soldaten gefechtsbereit sein.
Pistorius sprach von einem »Meilenstein auf dem Weg zur dauerhaften Stationierung der Brigade«. Das gemeinsame Ziel, an dem »mit Hochdruck« gearbeitet werde: »die Stationierung einer einsatzbereiten deutschen Brigade in Litauen bis zum Ende des Jahres 2027«. In den kommenden Jahren sollten jeweils Anteile an der Stabs- und Unterstützungskompanie, der Fernmeldekompanie und der Logistik- und Sanitätskräfte in das Land verlegt werden, kündigte der Minister an.
Bis zur endgültigen Fertigstellung der geplanten Infrastruktur sei vorgesehen, diese Einheiten an litauischen Standorten in Nemenčinė und Rokantiškės – beide nahe der Hauptstadt Vilnius gelegen – zu stationieren. Weitere Kräfte sollten dann schrittweise verlegt werden, auch abhängig vom Aufbau der nötigen Infrastruktur für die Unterbringung. Am Ende sollen rund 4.800 Soldaten sowie 200 zivile Mitarbeitende dauerhaft in Litauen stationiert sein. Deren feste Standorte sollen die Ortschaft Rūdninkai und die Stadt Rukla sein.
Mit Blick auf die Entsendung der Teilkräfte sprachen beide Minister von einer »Interimslösung« bei der Unterbringung. Das heiße aber nicht, »dass wir in ein Provisorium ziehen«, sagte Pistorius. Genutzt würden Einrichtungen, die für litauische Streitkräfte vorgesehen waren. Sie gewährleisteten eine vernünftige Unterbringung auch des Geräts und der Fahrzeuge der Brigade wie dem Schützenpanzer Puma. »Niemand wird ernsthaft erwarten, dass wir die Pumas unter Zeltplanen im Wald parken«, scherzte Pistorius.
Das jetzt unterzeichnete Abkommen regelt den Status der Brigade und die Rechtsstellung der in dem NATO-Land eingesetzten deutschen Soldaten. Es ergänzt das NATO-Truppenstatut für den Aufenthalt und präzisiert damit die Rechtsstellung deutscher Soldaten und Zivilbeschäftigter in Litauen. Damit solle Rechtssicherheit hergestellt werden. Geregelt würden das Aufenthaltsrecht, Steuerrecht, das Schulsystem, öffentliche Gesundheitsaufsicht, Straßenverkehr und öffentliche Sicherheit, hieß es weiter.
Die Bundeswehr will mit den Regelungen des Abkommens auch den Alltag für ihr Personal erleichtern. So soll eine Bescheinigung über die Rechtsstellung (»Status Certificate«) das Eröffnen eines Bankkontos oder das Mieten von Wohnraum in Litauen für die Mitarbeiter der Brigade vereinfachen. Die Eingliederung von Familienangehörigen ins Arbeitsleben in Litauen soll durch die Anerkennung von beruflichen Qualifikationen erleichtert werden. Weiter werden die rechtlichen Grundlagen für die Einrichtung deutscher Schulen und Kitas in Litauen geschaffen.
Pistorius bezeichnete die Rahmenbedingungen für die Stationierung als »sehr gut«. Bundeswehr-Angehörige könnten sich »mit ihren Familien vor Ort wohlfühlen«. Dass diese im Ernstfall buchstäblich an vorderster Front möglichen Kriegshandlungen ausgesetzt sind, soll offenbar ausgeblendet werden. Schon jetzt gebe es Bewerbungen von 30 bis 50 Bundeswehr-Angehörigen, »die überlegen, mit Familien zu kommen«. Damit laufe es »ausgezeichnet an«.
Kasčiūnas sprach mit Blick auf das Abkommen von einem »Attraktivitätspaket« für die deutschen Streitkräfte und ihre Angehörigen, das in den kommenden Wochen durch das litauische Parlament verabschiedet werde. Er würdigte die Stationierung der Brigade als »ein Leuchtturmprojekt bei der Umsetzung der Zeitenwende«. Am 26. September will Pistorius nach Litauen reisen.
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