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Aus: Ausgabe vom 14.09.2024, Seite 8 / Ansichten

Achtzigjähriger des Tages: Günter Netzer

Von Felix Bartels
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Hatte stets ein paar Vaganzen extra

Und wieder sprach Frank-Walter wie in Stein gemeiert. Anlass war des Netzer Günters Achtzigster, der an diesem Samstag ansteht. »Sie haben«, sprach der BuPrä also, »das Ansehen unseres Landes in der Welt vermehrt.« Was sollte das denn nun wieder heißen? Meinte er Aussehen? Das Aussehen des Landes nämlich, das hat Günter Netzer definitiv vermehrt.

In einer Zeit, da der Fußball roch wie Walter Frosch nach dem Aufstehen und stiernackige Wadenbeißer manndeckungsbeauftragt dem Gegenspieler noch in der Halbzeitpause bis ans Pissbecken folgten, wirkte Netzer wie ein rarer Adonis, ein schöner Schandfleck im Tiegel des Hässlichen. Wehenden Haupthaars schwob er übers Grün, eine sichere 8,9 auf der damals noch nicht etablierten Zidane-Skala. Look, Betragen, Spiel, das alles passte, ein Sendbote der Zukunft, wo dereinst auch in Deutschland Fußball gespielt werden würde.

Die Selbsteinwechslung im Pokalfinale 73 gegen den 1. FC Köln ist mehr als eine Anekdote. Exemplarisch steht sie für das Verhältnis von Konvergenz und Divergenz, die ein jedes System praktisch leisten muss. Im Fußball gibt es drei Typen: die, die Teil des Ganzen sind, die, die dabei zugleich das Ganze überblicken, und schließlich die, die systembedingt verbleibende Leerstellen mit schwer auszurechnender Individualität füllen. Netzer war vom dritten Schlag, einer, den man machen lassen muss, damit er dem Ganzen dienen kann. Schlechte Chefs beißen Anarchos unter sich weg, gute Chefs nutzen sie als Ressource. Weisweiler war ein guter.

Was bleibt von Netzer, ist neben dem Zulassen des Sparwasser-Tors, wofür ihm ein Denkmal in Wandlitz errichtet werden sollte, Anlass einer Wutrede gewesen zu sein, die der notorische Choleriker Völler zwischen Waldis drittem und viertem Weizenbier aus sich abließ. Da auch für, Günter.

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