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Aus: Ausgabe vom 16.09.2024, Seite 12 / Thema
Profiboxen

Schlagkräftiges Duo

Brüderpaar Maher und Ibrahim Ayada will wieder durchstarten – ein Trainingsbesuch bei den Berliner Halbschwergewichtlern
Von Oliver Rast
Doppelter Punch: Maher Ayada (l.) und Ibrahim Ayada suchen den Clinch, suchen den Triumph
Mit »Wumms« in beiden Fäusten: Ibrahim Ayada mit satten Links-rechts-Kombinationen
Imaginierter Kontrahent im Visier: Maher Ayada powert im Gym – alles für die nächste Ringschlacht
Breites Kreuz: Vollblutathlet Ibrahim Ayada bringt sich auf Temperatur
Keine Luftlöcher: Maher und Ibrahim Ayada beim Schattenboxen vor der Spiegelwand
Bis ins kleinste Detail: Ibrahim Ayada fokussiert sein Schlagwerkzeug

Da schimmert schon was durch. Durch die Fensterfront mit der sandfarben-hellgrauen Fassade. Je nach Sichtwinkel und Lichtverhältnis, da im ersten Stock. Ein, zwei, nein: drei, vier Ringseile mit Ringpfosten und Eckpolstern. Alles in Weiß mit schwarzer Schrift, erkennbar vom Gehweg aus. An der »Truman Plaza«, einem monotonen Gebäudekomplex mit Geschäften in der Clayallee im großbürgerlichen Zehlendorfer Ortsteil Dahlem. In Berlin ist das.

Die Gegend war zu Westberliner Zeiten Hotspot der US-Besatzungstruppen. Kaserne, Kinos, Wohnraum samt Shoppingcenter für GIs und Familien. Eine Enklave. Heute befindet sich dort noch eine konsularische Vertretung der Vereinigten Staaten. Und ein Fitnessstudio.

Unser Anlaufpunkt. Klingel drücken neben der Aufschrift »Clays Gym«, Summer abwarten, Tür öffnen, Treppe hoch; in Etage eins an einem Reklameaufsteller vorbei, rein durch die gläserne Flügeltür, noch drei, vier Meter zum Tresen. Freundlicher Empfang, Kurzvorstellung; jW-Fotografin und jW-Autor sind hier verabredet. Zum Shooting für eine illustrierte Reportage. Mit Maher Ayada (36), mit Ibrahim Ayada (30). Zum Training um elf Uhr an einem Montag vormittag Ende August. Die beiden Boxprofis sind bereits da, sitzen entspannt in rundlich-geschwungenen Designersesseln in der Gym-Lounge, mintgrüne Wasserflasche – handelsübliche anderthalb Liter – in den Händen, schneeweißes Frotteehandtuch lässig über die Schulter geworfen.

Im Doppelpack

Die Ayada Brothers pausierten jahrelang, waren raus aus dem Boxbusiness. Nun wollen die Brüder wieder angreifen, nach oben, nach ganz weit oben. An die Spitze. Das wollen viele, nur die wenigsten haben das Potential dafür. Bei den Halbschwergewichtlern (bis 80 Kilogramm) Maher Ayada und Ibrahim Ayada ist das anders, soll es jedenfalls anders werden, so Kenan Hukić, ihr Manager.

Hukić ist zugleich Geschäftsführer der Berliner Promotion »MH Boxing«. Das »MH« steht für Marco Huck. Kenan ist dessen jüngerer Bruder und hat parallel zur Laufbahn des Ex-Cruiser-Champions mit dem »eingedeutschten« Namen einen Boxstall aufgebaut. Bei den Gebrüdern Huck sind die Gebrüder Ayada unter Vertrag. Sie kennen sich seit Jahren, wissen voneinander. Wissen vor allem um die jeweiligen Qualitäten, sportlich, geschäftlich.

Es ist wie bei allen Boxpromotern auch: Sie suchen nach Topathleten, nach Faustkämpfern mit einem »Alleinstellungsmerkmal«, wie Hukić es nennt. Die Ayadas haben ein solches, denn »die zwei gibt es nur im Doppelpack«. Das stimmt. Maher sei alles in einem – »großer Bruder, bester Freund, Vater«, sagt Ibrahim. Maher ergänzt: Sie seien von klein auf familiär sehr eng aufgewachsen, »und das ist so geblieben«. Und nein, Freunde von Cliquen und Gruppen seien sie nie gewesen, betont Ibrahim. Das sei was für »schwache Leute«, die sonst keinen Halt finden. Maher: »Ibrahim ist wie 100 Mann.« Also, das Ayada-Duo braucht keine »Freundschaften«, die nur künstlich sind, Fakes. Auch das gehört für Hukić zu einer Vorbildfunktion. Ein brüderliches Vertrauen, grenzenlos. Denn: In vielen Familien fehlt Zusammenhalt, fehlt Gemeinschaft.

Credo »Kopf um Kopf«

Die Brüder sehen uns, kommen auf uns zu, wir gehen entgegen. Höfliches Shakehands. Die Halbschweren fallen niemandem sofort um den Hals, bleiben distanziert, skeptisch. Sie sondieren das Gegenüber. Konzentriert. Mimik, Gestik, vor allem Blicke. Apropos Blicke: Maher und Ibrahim schauen gestochen scharf, bohren förmlich mit ihrer Sehkraft. So wirkt es jedenfalls. Beinahe identisch auch die Frisur. Seiten und Nacken bis auf die Kopfhaut rasiert, sieben, acht Zentimeter langer Vollbart, am Kinn spitz zulaufend.

Die Garderobe der Ayadas trainings- und boxtypisch. Maher mit teerschwarzem Muskelshirt einer bekannten Sportmarke, kirschroten Shorts bis knapp über die Kniescheiben und schwarz-silbernen Boxschuhen mit verstärkendem Klettverschluss oberhalb des Spanns. Bruder Ibrahim gleichfalls leger. Rabenschwarzes Shirt, samtschwarze Shorts, graphitschwarze Sneaker mit mattweißer Sohle. Eines fällt auf, die Botschaft auf dem Oberteil: »Kopf um Kopf, Auge um Auge, Zahn um Zahn« steht da in großen Lettern, dreizeilig von Brust bis Bauch. Ein Credo der Brüder, gleichsam eine Rechtsformel, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Übersetzt: Jeden Angriff im Ring kontern, zurückschlagen, sprichwörtlich. Und noch eine optische Botschaft: die Fahne Palästinas, schwarz-weiß-grün mit rotem Dreieck, aufgedruckt zwischen Schlüsselbein und Brustansatz. Ferner eine Ansage, das Motiv auf der Rückseite von Ibrahims Textil. Ein stilisierter, brachialer Oberkörper, die Fäuste umschließen fest eine gebogene Stange, jede Faser des Thorax scheint aktiviert, der Latissimus voll durchblutet, aufgepumpt. Darüber: »Team Ayada«.

Die zehn Geschwister der Familie Ayada sind im Westberliner Außenbezirk Spandau aufgewachsen. In einer Hochhaussiedlung. Sie haben palästinensische Wurzeln, ihre Eltern verschlug es von Haifa über den Libanon in den Westteil der deutschen Hauptstadt. Maher und Ibrahim leben nun schon seit Jahren in Wilmersdorf. Dort ist vieles etwas schicker.

Routine am Montag

Zurück zur Übungseinheit. Die Ayadas ackern sechsmal die Woche, außer sonntags. Einmal täglich, erzählt Maher, während wir an Dutzenden Ergometern und Kraftstationen vorbeigehen, rechts abbiegen zu einer kleinen Stufenfolge, fünf, sechs Absätze vor uns haben – nun sind wir da: im Gym des Fitnessstudios. Ibrahim ergänzt: »In der Kampfvorbereitung trainieren wir aber zweimal pro Tag.« Der Sonntag bleibt indes frei, ein Ruhetag müsse sein.

Das »Clays Gym« ist eine komfortable, eine noble Schwitzbude mit allerlei Equipment samt Hochring. Das Seilquadrat ist von den Maßen her kleiner als bei Wettkämpfen, für Trainingszwecke aber ausreichend, weiß Ibrahim. Steht ein Fight unmittelbar an, würde das Brüderpaar in ein anderes Gym wechseln, mit Seilgeviert in Originalgröße.

Viel Absprache braucht es nicht. Die Ayadas absolvieren ein Routinetraining am Montag. »Kurz, aber hart und intensiv«, sagt Maher. Und nein, stören lassen sie sich nicht durch uns, Fotografin und Autor. Wir, die wir die Übungen dezent dokumentieren, von der Seite, aus dem Hintergrund, mit Objektiv und Linse, mit Block und Kuli.

Alsdann stellen Maher und Ibrahim ihre Plastikflaschen vor die vier stählernen, ummantelten Kabel des kleinen Hochrings, die Handtücher hängen zwischen den Seilen. Warm-up, um langsam in Tritt zu kommen. Leichtes Traben, Arme kreisen, Schultern auch. Ein paar Minuten auf und ab, quer durch das Gym, am Metallgestell für Klimmzüge vorbei, gleichfalls geeignet für Akrobatik am Reck, für Felgaufschwung, Kippe oder Kontergrätsche.

Ein Dutzend schwerer, pechschwarzer Boxsäcke hängt vor der etwa vier, fünf Meter breiten und drei Meter hohen Spiegelwand, verdeckt die Sicht auf das Selbstbild. Maher schafft etwas Platz, für Sichtachsen. Mittels Handkurbel positioniert er zwei der zylindrischen Sportgeräte, ein schmaleres langes und ein dickliches kurzes, über eine an der Decke befestigte Schiene längs zur Fensterfront ins Rauminnere.

Maher holt sich zwei metallene Zwei-Kilogramm-Kurzhanteln, kehrt vor die Spiegelwand zurück und kreuzt das Hantelpaar auf dem Boden. Dann ein Griff zum I-Phone, er wischt über das Display, tippt – und lehnt das mobile Kommunikationsmittel an den unteren Spiegelrand.

Solide Amateurlaufbahn

Was zeichnet beide boxerisch aus? Zunächst eine solide Amateurlaufbahn. Was man von zahlreichen professionellen Boxern nicht sagen kann. Maher Ayada hat 55, Ibrahim Ayada 78 Fights im olympischen Boxen absolviert. Beispielsweise in der Boxbundesliga für Boxring Hertha BSC bzw. in der Kampfgemeinschaft der Berliner mit dem Boxclub Cottbus. Ibrahim galt schon als Junge als Toptalent, war auf der Berliner Sportschule, streifte ein-, zweimal das deutsche Nationaldress über. Aber: Berlin ist ein schwieriges Pflaster für Amateurboxer, bereits seit Jahren bekommt der Verband keine bundesligataugliche Boxstaffel mehr hin. Ein Problem, nicht nur für den Nachwuchs.

Und ein Impuls, ins Profilager zu wechseln. Die Ayadas haben den Schritt 2015 vollzogen. Ihre Kampfbilanz ist jeweils makellos. Im August 2020 war aber nach dem neunten Profifight Schluss. Unfreiwillig. Es war die schwere Phase der Coronakrise, die alles durcheinander gebracht hat. Kampfabende wurden abgesagt, mitunter kurzfristig. Gegner, die fest zugesagt hatten, erschienen nicht. Nichts war mehr planbar, für die Athleten nicht, für die Promoter nicht, für niemanden. Dennoch: Trainiert haben Maher und Ibrahim weiter, sie haben sich fit gehalten, denn aufgeben, die Boxhandschuhe an den Nagel hängen, ist nicht ihre Sache. Gewiss nicht.

Einen schweren Rückschlag gab es aber noch: einen Mordanschlag im vergangenen Dezember auf Ibrahim Ayada. Zwei Kugeln trafen ihn in den frühen Morgenstunden vor der eigenen Haustür. Ibrahim musste notoperiert werden, überlebte das bisher nicht aufgeklärte Attentat knapp. Eine tragische Erfahrung, die den 30jährigen Modellathleten nicht kleingekriegt hat, sagt er. Im Gegenteil: »Ich werde stärker zurückkommen als jemals zuvor.«

Kürzlich erst war Maher Ayada dran, beim Kampfabend mit dem Hauptact des Comebacks von Marco Huck Ende Juni. Im Estrel Convention Center in Neukölln. Rappelvoll, ausverkauft, 4.000 Zuschauer. Ergebnis: Maher hat einen weiteren Sieg auf seinem Konto. Ergebnis des Ergebnisses: ein Sprung nach vorne in der Weltrangliste. Klar, bis unter die Top 15 international ist es noch ein langer Weg, uneben und steinig.

Schattenwurf und Spiegelbild

Ein Gong ertönt, der weniger gongt als klingt. Der Startschuss aus dem I-Phone, Runde eins des Trainings. Schattenboxen. Maher und Ibrahim im Duett, drei, vier Meter seitlich voneinander entfernt. Zwischendrin geht Maher in die Hocke, Liegestütze, schulterbreit. Ibrahim bearbeitet währenddessen einen fiktiven Gegner, mit smarten Links-rechts-Kombinationen; Führhand, Schlaghand, Führhand, Schlaghand. Der klingende Gong ertönt. Pausensignal, eine Minute verschnaufen. Nach drei Minuten Action, der Zeitlänge einer Ringrunde. Das geht zwei, drei Trainingsrunden so.

Maher bleibt bei der Trockenübung mit den Kurzhanteln, macht drei, vier koordinierte Steps nach links, spiegelt sich in der seitlichen, sonnendurchfluteten Fensterfront, lässt seinen Schatten nicht aus dem Visier, begleitet jeden Luftschlag lautmalend: »Uff«, »Uff«, »Uff-Uff«. Übrigens, Schläge werden mit Ausstoß von Lauten härter, nachweislich. Mehr Power, bis zu zehn Prozent bei Einzelaktionen. Aus den Boxen an der Wand braust derweil der HipHop-Schlager »O. P. P.« (Other People’s Property) von Naughty by Nature. »You down with O. P. P.? Yeah, you know me. Break it down.«

Der Gong klingt abermals. Ibrahim macht sich am langen, schwarzen Sandsack zu schaffen. Zuvor hat er sich Boxhandschuhe mit Gewichtsmanschetten übergestreift. Er neigt seinen Kopf leicht nach vorne, das Augenpaar fixiert einen Punkt, vielleicht ein Stück Naht des Boxsacks. Seine Stirn touchiert das Leder, mit dem linken Unterarm drückt er den 50-Kilo-Sack mittels Impuls etwas weg – und feuert mehrere Schlagsalven ab. Linke Haken auf Kopfhöhe, auf die imaginierte Ohrmuschel, auf das imaginierte Kinn; linke Haken zum Körper, auf die imaginierte Leber, auf die imaginierte Milz. Wuchtig, jeder Schlag ein Treffer. »Ich schlage gerne mit links.« Ibrahims athletischer Vorteil, in beiden Fäusten steckt viel Wumms, weiß auch Bruder Maher. Gong! Pause.

In den einminütigen Auszeiten schreiten die Ayadas gemächlich zum Hochring, setzen sich an den Rand der schaumstoffbeschichteten, rutschfesten Matte mit dem Rücken zu den Seilen, die Fäuste liegen im Schoß. Sie reden nicht, sie ruhen. Schweißperlen rinnen über Schläfen und Wangen. Beide tupfen mit Handtuchspitzen Augenbrauen und -höhlen ab, nehmen ein, zwei Schluck Wasser aus der Flasche. Gong, weiter geht’s.

Sie ziehen das Tempo nochmals an, spürbar. Maher ist dabei ins Seilgeviert geklettert, bewegt den Oberkörper halbkreisförmig nach links, nach rechts. Meidbewegungen, um gegnerischen Angriffen auszuweichen, Treffer zu vermeiden – und zum Konter anzusetzen. Mahers Silhouette tänzelt dabei im Sonnenschatten auf der Ringmatte mit den zarten Wasser- und Schweißrändern. Ibrahim malträtiert indessen weiter den Boxsack mit flinken Händen, geht anderthalb Schritte zurück, sucht Distanz; so, also ob er sich seinen Kontrahenten zurechtlegt. Dann: Trommelfeuer, selbst der Boden unter seinen Füßen scheint zu vibrieren. Gong! Das lederne Gerät schwingt, schaukelt, baumelt langsam aus. Ein letztes Päuschen. Luft holen, durchatmen. Ausboxen. Ein Zehnrunder als Übungseinheit, Wettkampfstress simuliert, konditionell zumindest. Schicht. Für heute, nur für heute.

Medizinball und Sixpack

Nicht ganz. Eine noch, eine Abschlussübung. Ibrahim steuert einen Satz Medizinbälle an, gegenüber der Spiegelwand. Vor einem Regal mit allerlei Trainingszeugs – Gymnastikbändern, Nackenpolstern etwa – liegen jene Vollbälle, die nicht extra aufgepumpt werden müssen. Praktisch. Keine bräunlich ledernen wie früher, welche aus Gummi, elastischem Kunststoff. Ibrahim schnappt sich einen erdfarbenen in der Größe einer prallen Melone. Vier Kilogramm; ein Gewicht, das reicht.

Apropos Gewicht, besser Ballast. Der Autor betrachtet sein Zerrbild im spiegelnden Selbstbild. Wie ist das mit dem »Abkochen«, will ich wissen? Ibrahim Ayada ist ja aufgestiegen vom Supermittelgewicht ins Halbschwergewicht. »Ich muss jetzt nicht mehr so stark auf mein Gewicht achten«, sagt er und schmunzelt. Denn er verrät: Von Süßigkeiten kann er nicht immer die Finger lassen. Aber: »Geht es in die direkte Kampfvorbereitung, dann lass’ ich das natürlich.« Anders ausgedrückt: Selbstbeherrschung triumphiert über Nascherei.

Zwischen Spiegeln und Stufenabsatz ist eine Gymnastikwand mit Längsstrichen in Halbmeterabständen, von 0,5 bis 3,50 Meter Höhe. Ibrahim steht davor, vielleicht eine halbe Körperlänge entfernt, umfasst den Medizinball, visiert die Ein-Meter-Fünfzig-Marke an, hält den Ball brusthoch vor dem Leib – und stößt. Achtmal mit linkem Arm, achtmal mit rechtem. Das jeweils dreimal. Bei jedem Stoß folgt synchron ein mächtiger Ausstoß aus der Kehle, wie beim Schattenboxen. Beim Werfen und Fangen wird das Gros der Muskulatur gestärkt. Perfekt für die Power, für die Schlagkraft. Und bei jedem Aufprall scheppert es, platscht es – und schallt es durch den Raum. Scheppern, platschen, schallen, drei Töne, die zu einem Geräusch verschmelzen.

Derweil macht Maher abseits an der Fensterfront Situps, Rumpfbeugen, mit nach vorne gestreckten Beinen im 45-Grand-Winkel. Das zieht schön in der Muskulatur, lässt Muskelfasern an Volumen gewinnen, Hypertrophie heißt das. Wichtig, damit Körperhaken am Sixpack abprallen, schmerzlos, wirkungslos. Außerdem sieht so ein muskuläres Relief gut aus.

Selbstbewusst und »kein Ratzfatz«

Jetzt aber: Schicht. Für heute. Nur für heute. Autor und Brüder machen es sich am Ring bequem, fachsimpeln. Etwa über Kuba. Dort, wo Boxen neben Baseball Nationalsport ist. Der sozialistische Inselstaat ist beides, Talentschuppen und Meisterschmiede. Seit Jahrzehnten. Eine Topadresse für ambitionierte Faustkämpfer aus aller Welt, die sich mit kubanischen Ringassen messen wollen. Zumal seit zweieinhalb Jahren Profiboxen dort erlaubt ist. Eine Ringschlacht in Havanna? Maher kann sich das gut vorstellen – auch wenn es aktuell fern ist, nicht nur geographisch.

Nur, wie geht es mit den Ayadas weiter? Mit Kämpfen, versichert Manager Hukić. »Wir machen aber kein Ratzfatz, wir arbeiten systematisch.« Dabei orientiert sich »MH Boxing« auf die vier großen Weltverbände WBC, WBA, WBO, IBF. Hukić: »Nur und ausschließlich.« Kooperationspartner hierzulande ist der Bund Deutscher Berufsboxer (BDB), gleichfalls nur und ausschließlich.

Ibrahim soll bis Jahresfrist mittels Aufbaukämpfen wieder in den professionellen Wettkampf finden. Das sei das oberste Gebot, so sein Manager. Mit seinem Bruder Maher peilt Hukić den ersten Titelkampf an. So langsam, aber sicher. »Wir sind intensiv dabei.« Vielleicht im November, deutet Maher an.

Eins noch. Welche Konkurrenten im Limit der Halbschweren könnten gefährlich werden, sportlich im Ring? Ibrahim blickt auf, schüttelt leicht den Kopf: »Ich sehe deutschlandweit niemanden, niemanden.« Maher nickt. Und eh, im deutschen Profiboxen tauchen irgendwelche Leute von irgendwoher im Ring auf mit zweit-, drittklassigen Meistergürteln um die Hüften, wundern sich die Ayadas.

Wie dem auch sei, fest steht: Maher und Ibrahim sind zurück im Boxbusiness, wollen mitmischen, werden mitmischen. Schon jetzt schimmern Schlagsalven des Duos durch die Fensterfront der sandfarben-hellgrauen Fassade, da im ersten Stock des Gyms in Dahlem, zwischen Ringseilen, Ringecke und Eckpolstern.

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