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Aus: Ausgabe vom 17.09.2024, Seite 4 / Inland
Eskalationspolitik

Vermittler nicht erwünscht

Ukrainischer Botschafter ruft SPD-Fraktionschef zur Ordnung. Kritik an geplantem Auftritt Stegners bei Friedensdemo
Von Kristian Stemmler
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Alles abgestimmt? Fraktionschef Mützenich und Kanzler Scholz (Berlin, 12.9.2024)

Einmal mehr werden aus der ukrainischen Botschaft heraus die zaghaften Überlegungen einzelner deutscher Politiker kritisiert, Wege zu einem Waffenstillstand in der Ukraine zu finden. Besonders ein Vorstoß von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat für Verärgerung beim ukrainischen Botschafter in Deutschland, Olexij Makejew, gesorgt. Mützenich hatte sich am Wochenende gegenüber der Rheinischen Post dafür ausgesprochen, eine internationale Kontaktgruppe ins Leben zu rufen, um eine Friedensinitiative im Ukraine-Krieg anzustoßen. »Um einem echten Frieden näher zu kommen, brauchen wir keine ›Kontaktgruppen‹, sondern die nächste Friedenskonferenz, die alle Länder der Welt einlädt, um an einem gerechten Frieden zu arbeiten«, sagte Makejew dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montagausgaben). »Um Frieden zurück zu erkämpfen und Russland diplomatisch zum Frieden zu zwingen, brauchen wir keine Vermittler, sondern Verbündete«, so Makejew weiter.

Der einzige Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden sei der Zehnpunkteplan, den der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij vorgelegt hat. Dieser »Friedensplan« setzt aber faktisch eine vollständige militärische Niederlage Russlands voraus: Er sieht unter anderem den Rückzug russischer Truppen auch von der 2014 annektierten Krim und russische Reparationszahlungen vor.

Mützenich hatte sich mit seinem Vorstoß auch auf Selenskij bezogen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der ukrainische Präsident stimmten darin überein, erklärte er, »dass jetzt ein guter Zeitpunkt ist, um die Bemühungen für Friedensgespräche zu intensivieren, und dass bei einem nächsten Friedensgipfel auch Russland dabei sein sollte«. Dies eröffne auch anderen Ländern die Gelegenheit, sich stärker für die Beendigung der Kampfhandlungen zu engagieren. »Aus meiner Sicht wäre es nun an der Zeit, dass die westlichen Verbündeten eine Kontaktgruppe initiieren, um einen Prozess zu starten«, so der SPD-Politiker.

Nach möglichen Mitgliedern einer solchen Kontaktgruppe gefragt, sagte Mützenich, er sehe Länder wie China, Indien, die Türkei und Brasilien in der Verantwortung. In diesen Staaten wachse die Überzeugung, »dass der russische Angriffskrieg zu einer Belastung werden kann«. Daher könne die Arbeit einer Kontaktgruppe »durchaus vielversprechend sein«, und diese könne eine wichtige Vermittlerrolle spielen.

Scholz hatte sich tatsächlich zuletzt für stärkere diplomatische Bemühungen um ein Ende des Ukraine-Kriegs ausgesprochen. In einer Fragerunde mit Bürgern im brandenburgischen Prenzlau bekräftigte er den Vorstoß. »Jetzt ist auch der Zeitpunkt, wo man ausloten muss, was da geht«, sagte er. Die Grundlage für eine Friedenslösung sei, fügte der Kanzler hinzu, »dass Putin einsieht, dass er nicht die ganze Ukraine fressen kann«. Scholz setzt sich für eine Nachfolgekonferenz der »Friedenskonferenz« in der Schweiz im Juni ein, an der dann auch Russland teilnimmt. Zu der Konferenz bei Luzern war Russland nicht eingeladen worden, China als wichtigster Verbündeter Moskaus sagte ab.

Allerdings zog sich nicht nur Mützenich den Unmut des ukrainischen Botschafters zu, auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner und BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht bekamen ihr Fett weg. Makejew kritisierte Stegner dafür, dass er auf der für den 3. Oktober in Berlin geplanten Friedensdemonstration sprechen will. Auf der von verschiedenen Akteuren der Friedensbewegung organisierten Kundgebung wird auch Wagenknecht auf der Bühne stehen.

»Dass sich ein Demokrat nach einem Besuch in der Ukraine Wagenknechts Gruselkabinett anschließt, erfordert wohl besondere Geistesgymnastik«, ätzte Makejew. Es gebe in der deutschen Debatte »jene selbsternannten Friedensstifter, die vom russischen Angriffskrieg in der Ukraine keinen blassen Schimmer haben«, so der Diplomat. Dazu zähle Wagenknecht. Sie fordere seit 2022 »unter dem Deckmantel des ›Friedens‹ nichts anderes als die Legitimierung der russischen Besatzung«, behauptete der Diplomat. Doch Besatzung sei kein Frieden.

Wagenknecht wolle die Ukraine sowie deren Bewohner ausliefern, wolle »ein Haus verkaufen, das ihr nicht gehört, und seine Bewohner der Gewalt ausliefern«. Mit ihrer »Maklertätigkeit für Moskau« schade sie letztlich dem gesamten Haus Europa. Die BSW-Chefin wolle die europäische Sicherheitsarchitektur »nach Kreml-Vorgaben zerreißen«. Es sei beschämend, dass Wagenknechts Rhetorik nun auch bei anderen Parteien Widerhall finde, so der Botschafter mit Blick auf Stegner.

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  • Leserbrief von Raimon Brete aus Chemnitz (17. September 2024 um 20:38 Uhr)
    Die ukrainischen Machthaber setzen ihre äußerst aggressiven und unverschämten verbalen Angriffe auf deutsche Politiker fort. Sie maßen sich an, und das entgegen allen diplomatischen Gepflogenheiten, souveränen Ländern und politischen Parteien vorschreiben zu wollen, wie diese auf kriegerische Konflikte zu reagieren haben. Selbstüberschätzung gepaart mit schierer Verzweiflung scheinen dem ukrainischen Botschafter bei seinen völlig unrealistischen Forderungen an Deutschland Pate gestanden zu haben. Dennoch sollte man diese diplomatische Entgleisung nicht leichtfertig abtun. Die aktuelle kriegerische Politik Kiews wird von den USA im Verbund mit den westlichen Verbündeten aktiv personell, wirtschaftlich und finanziell bestimmt und dient dem Überleben des bankrotten Systems des ukrainischen Präsidenten. Menschenleben werden geopfert und Milliarden an Steuergeldern fließen in ein korruptes und faschistisches System. Ein System, das einen demokratisch gewählten Präsidenten stürzen ließ und mittels Kriegsrecht die Opposition ausgeschaltet und Wahlen ausgesetzt hat. Unverständlich und beschämend, dass vom Bundeskanzler bis zu den Spitzen der etablierten Parteien dem höchst fordernden und anmaßenden Auftreten der Bandera-Verehrer und »Asow«-Unterstützer aus Kiew keine selbstbewusste Friedenspolitik entgegengesetzt wird. Rühmliche Ausnahme: SPD-Politiker Ralf Stegner. Mehr solche Männer braucht das Land!
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (17. September 2024 um 06:33 Uhr)
    Gemeinhin ist es nur in Bananenrepubliken üblich, dass der Botschafter eines fremden Landes anordnet, welche Politik im Lande zu machen ist. Wie tief doch die Auto- und Kartoffelrepublik BRD inzwischen gefallen ist!
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (16. September 2024 um 22:46 Uhr)
    Was soll der Satz überhaupt bedeuten: »Ukrainischer Botschafter ruft SPD-Fraktionschef zur Ordnung«? Hat ein ausländischer Botschafter – egal aus welchem Land – das Recht, einen deutschen Parlamentsvertreter zur Ordnung zu rufen? Wohl kaum! Was maßt sich die Ukraine, ein erst spät entstandenes Land, eigentlich an? Es ist höchste Zeit, dass die Ukraine ihre geschichtliche Dimension begreift. Und eine deutsche Politik, die sie nach wie vor unterstützt, zeigt sich hier erstaunlich naiv, obwohl dies nicht das erste Mal ist, dass sich ukrainische Diplomaten in dieser Weise äußern. Die Ukraine muss endlich erkennen, dass sie ohne die Hilfe Deutschlands längst nicht mehr existenzfähig wäre.

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