Sie sind die Roboter
Von Thomas BehlertJetzt also Dresden: Nachdem Kraftwerk-Fans ihre Helden in der Walt Disney Concert Hall in Los Angeles, beim Jazzfest in Montreux, beim »Pori Jazz« in Finnland, beim »Fuji Rock Festival« im japanischen Niigata und vor dem Schloss Schönbrunn in Wien bewundern konnten, sollte das einstmals in Düsseldorf gegründete Quartett nun also auf dem Theaterplatz, vor der Semperoper, audiovisuell neue Maßstäbe setzen. Bevor es aber am Sonnabend pünktlich um 20 Uhr losging, wurden dem Publikum ein paar Steine in den Weg geschmissen: Über die Carola-Brücke konnte man nicht mehr zur Freiluftveranstaltung fahren. Und die Elbe begann über die Ufer zu treten.
Wo montags gerne mal bekloppte Sachsen demonstrieren, inszenierte der Bandgründer und einzig verbliebenes Urmitglied Ralf Hütter mit den Menschmaschinendarstellern Henning Schmitz, Falk Grieffenhagen und Georg Bongartz die hohe Kraftwerk-Kunst. Denn selbstverständlich stehen die Technokraten nicht einfach vor der Semperoper, sondern auf dem Balkon über dem Haupteingang, auf einer extra angefertigten Bühne.
Ein paar Minuten zu früh begann das Gesamtkunstwerk zu klingen und zu leuchten, die Musiker mit ihren Neonanzügen, in denen LED-Lampen eingearbeitet waren, wurden in die Lichtshow eingebaut, leuchteten an bestimmten Stellen – nahezu unbewegliche Technohelden. Man erinnerte sich kurz an die Anfänge im Krautrock, als die Düsseldorfer begannen, elektronische Wege zu beschreiten, statt progressive Rockmusik zu spielen. Damals wurde das Samenkorn für Detroit Techno gepflanzt.
Nicht wenige Elektromusiker standen in Dresden zwischen all den Handy schwenkenden Zuschauern und bewunderten die Projektionen über die ganze Fassade der Semperoper. Den Anfang machte das Stück »Nummern«. Grüne Morsezeichen (Punkte und Streifen) liefen über den Sandstein, zuckten; das berühmte »1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8« (Anzahl der offiziellen Kraftwerk-Alben) wiederholte sich in Varianten. Der »Trans-Europ-Express« raste aufs Publikum zu und verschwand im kosmischen Klängebad. Bei »Autobahn« fuhren der bestens bekannte Käfer und ein älteres Mercedes-Model die herrliche Semperoper-Front ab, die »Mensch-Maschine« wurde Wirklichkeit. Besonders mit »Radioactivity« spielten sich der Exzentriker Hütter und seine Technogang in die Seelen des Publikums, denn noch nie war die Zerstörung der Welt durch eine Kernspaltung so nah. Man wollte sich wegducken, als der »Sänger« zerstörte Städte aufrief und das Zeichen für Radioaktivität aufflackerte.
Dresden muss Kraftwerk beeindruckt haben, zunächst läuft »Tour de France«, danach im Technogewand »Das Model«. »Spacelab« wird gespielt, schließlich die funky Stücke »Boing Boom Tschak« und »Musique Non Stop«, die nach Deep House klingen. Dann kommt, bei 3D-Multimediashows eher selten, eine Zugabe, für die die Semperoper in rotes Licht getaucht wird. Es ist das immer noch sehr futuristisch anmutende »Die Roboter«, das die Zuschauer ahnen lässt, dass bei der »Mensch-Maschine« doch Emotionen im Spiel sind.
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