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Aus: Ausgabe vom 17.09.2024, Seite 16 / Sport
Biathlon

Wo sind die Patronen?

Nicht alles lief rund beim City-Biathlon in Dresden
Von Ken Merten
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Vom Pech verfolgt und trotzdem siegreich: Lisa Vittozzi

Von außen macht das renovierte Heinz-Steyer-Stadion mit seiner Trapezblechhülle eher den Eindruck, ein Dynamo-Fan hätte sich einen architektonischen Scherz auf Kosten des Dresdner SC und dessen Heimstätte gemacht. Innen wird man auch nicht unbedingt von anderem überzeugt: Die Bestuhlung ist – nebst Weiß – in vielen verschiedenen Grüntönen gehalten. So etwas sieht man nur, etwas dunkler, auf den Turnbeuteln, mit denen die Bundeswehr mal wieder die Sportjugend zubombte. Auch was die Funktion der Arena anbelangt, stellen sich Fragen: Zwar ist das Rund mit Stahlstreben überbaut, überdacht sind jedoch nur die Geraden. Wer die preiswerteren Tickets in der Kurve erworben hatte, hatte vergangenen Sonntag beim City-Biathlon nicht nur schlechte Sicht auf den Schießstand, er wurde auch mit reichlich Niederschlag bedacht. Großes Plus des Neubaus im Ostragehege: Oberhalb so offen konnte man über die Köpfe der begossenen Pudel auf den billigen Plätzen hinweg Blicke auf die Marienbrücke und die dort verkehrenden Züge werfen.

Dresden und seine Brücken – alle Witze sind bereits ausgeteilt. Die Elbe aber war durchaus ein Thema, denn an ihr entlang sollten die Athletinnen und Athleten auf ihren Rollski insgesamt 13,8 Kilometer um die Wette fahren. Und nur einem glücklichen Zufall ist es zu verdanken, dass der Elberadweg nicht bereits abgesoffen war. Überhaupt: Das Steyer-Stadion steht mitten im Flutgebiet. Neben dem Widerstand des SGD-Anhangs war das damals der Hauptgrund dafür, dass das Rudolf-Harbig-Stadion zur modernen Fußballarena ausgebaut wurde und nicht dieses. Nun wurde die Arena, die den Namen des 1944 von den Faschisten in Griechenland hingerichteten Kickers und Kommunisten Heinz Steyer trägt, als Leichtathletikarena mit Tartanbahn und Marathontor modernisiert. Außerdem ist sie Heimspielstätte der Dresden Monarchs, des American-Football-Meisters von 2021.

Damit lockte man den alljährlich stattfindenden Sommerbiathlon weg von Wiesbaden nach Elbflorenz. Der war auch nach dem Umzug durchaus prominent besetzt: Mit der Italienerin Lisa Vittozzi (29) und Johannes Thingnes Bø (31) aus Norwegen traten die beiden Ersten der Weltcupgesamtwertungen des vergangenen Winters an. Zehn Athletinnen und neun Athleten (der 34jährige Italiener Lukas Hofer fiel kurzfristig verletzt aus, weswegen sein Startplatz nicht nachbesetzt wurde) hatten im Dresdner Dauerregen mit Aquaplaning zu kämpfen: Karoline Knotten (Norwegen, 29) kam nach einem Sturz während der Qualifikation mit Wunden an Hand und Knie ins Ziel. Aber besonders eine litt unter erschwerten Bedingungen: Vorjahressiegerin Vittozzi ließ beim ersten Liegendschießen in der Quali überraschend fünf Scheiben stehen. Warum? Ihr Gewehr war umgefallen und dadurch der Lauf verzogen. Nachdem der fürs Finale wieder gerade gebogen worden war, ging das Unglück weiter: Erst waren nicht genug Nachladepatronen für Vittozzi bereitgelegt, dann brach nach dem letzten Schießen auch noch ein Stock, wodurch ihr die 22jährige Deutsche Johanna Puff zwischenzeitlich die Führung abnehmen konnte. Tim Nechwatal (20, Deutschland), der gemeinsam mit der 19jährigen Pirnaerin Johanna Lehnung den Nachwuchsteamwettbewerb gewann, wies auf die Besonderheit des Fahrens ohne Schnee hin – es erfordert, vor allem mit Arm- und weniger mit Beinkraft zu agieren, um die Kontrolle zu behalten. Besonders im Sommerbiathlon ein echtes Handicap.

Vittozzi indes ließ sich einen zweiten Stock nachreichen und schaffte es trotz einer zehnsekündigen Strafzeit und insgesamt sieben Nachladern mit 9,6 Sekunden Vorsprung als erste ins Ziel, vor Puff und Knotten. Die Franziska-Preuß-Ultras neben mir wurden nicht bedient: Ihre »FRANZIII« wurde nur Vierte.

Bei den Männern – die Moderation nannte sie »Herren der Schöpfung« oder »Männers« – ging es knapper zu. Der fünffache olympische Goldmedaillengewinner Bø, der vergangene Saison mit einer märchenhaften Schussquote von 94 Prozent auf sich aufmerksam gemacht habende Justus Strelow (27) aus dem nahen Dippoldiswalde und der 37jährige Slowene Jakov Fak bogen zusammen ins Stadion ein. Ein rutschiger Untergrund und eine allgemein enge Streckenführung machten es Strelow unmöglich, in der letzten Kurve an Bø vorbeizukommen. Am Ende hieß es: Fak Erster, Bø Zweiter, Strelow Dritter.

Neu war, dass beim großen Biathlonevent auf Rollen auch Parasportler starteten. Sehbehinderte Athletinnen der Weltspitze traten gegeneinander an. Die 17jährige Deutsche Linn Kazmaier, Goldmedaillengewinnerin auf zehn Kilometer im Skilanglauf bei den Paralympics in Beijing 2022, holte sich Platz eins.

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